Beruf und Pflege

Immer mehr Beschäftigte müssen Beruf und Pflege kranker Angehöriger miteinander vereinbaren. Was können Unternehmen tun, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin unterstützen wollen?

Welche ersten Schritte sind notwendig, wenn ein Pflegefall eintritt?

Im Gegensatz zur Kinderbetreuung tritt der Pflegefall oft unerwartet ein und belastet damit das familiäre und berufliche Leben. In vielen Unternehmen ist das Thema Pflege allerdings trotz der zunehmenden Bedeutung nach wie vor ein Tabuthema. Noch scheuen sich zahlreiche Beschäftigte und Vorgesetzte davor, darüber zu sprechen. Die demografische Entwicklung führt aber dazu, dass der Anteil pflegebedürftiger (älterer) Menschen schnell steigt. Deshalb werden immer mehr Beschäftigte vor der Herausforderung stehen, ihre Berufstätigkeit mit der Pflege Angehöriger zu verbinden.
Der Begriff „Pflege“ umfasst nicht nur die Betreuung von Eltern oder Großeltern, die mindestens in Pflegestufe 1 eingestuft sind. Er kann sich auch auf gleichaltrige oder jüngere Angehörige, Partner oder Kinder beziehen, die aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit pflegebedürftig geworden sind. Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die die vorhandenen öffentlichen Angebote kennen, können auch die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf meistern.
Welche Schritte sind als erstes notwendig, wenn bei einem Beschäftigten ein Pflegefall eintritt?
Bitte prüfen Sie zunächst:
  • Welche Maßnahmen wurden bereits eingeleitet?
  • Welche Herausforderungen entstehen für den Beschäftigten?
  • Wie sieht die zeitliche Belastung aus?
  • Soll und ggf. inwieweit muss die Arbeitszeit reduziert werden?
  • Welche Auswirkungen sind auf das Team zu erwarten?
  • Können die Arbeitsprozesse im Team entsprechend geändert/umverteilt werden?
Sind diese ersten Fragen geklärt, geht es daran, die für den Betroffenen individuell passenden Maßnahmen festzulegen.

Was sagen das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz aus?

Um die Vereinbarung von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern, wurden vom Gesetzgeber zwei Regelungen geschaffen.
Mit dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) will der Gesetzgeber die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, um Beschäftigten die Pflege naher Angehöriger in häuslicher Umgebung zu ermöglichen. Neben der Pflegezeit bis zu sechs Monaten sind auch die kurzzeitige Arbeitsverhinderung bis zu zehn Tage sowie die bis zu dreimonatige Freistellung für die Begleitung schwerstkranker Angehöriger in der letzten Lebensphase geregelt.

Ergänzt werden diese Regelungen durch das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG). Seit dem 1. Januar 2012 macht es das Familienpflegezeitgesetz möglich, nahe Angehörige zu pflegen und weiterhin erwerbstätig zu sein.
Das Modell gibt den Menschen Zeit für die Übernahme von Verantwortung im Pflegefall - ohne, dass sie ihre Erwerbstätigkeit aufgeben müssen. In der Familienpflegezeit können Beschäftigte, die nahe Angehörige pflegen, ihre Arbeitszeit über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren auf bis zu 15 Stunden Wochenarbeitszeit reduzieren.  Es handelt es sich um einen förderfähigen Anspruch auf teilweise Freistellung, wenn Arbeitnehmer einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Die Regelung gilt nicht für Betriebe mit in der Regel 25 oder weniger Beschäftigten.

Welche Vorteile bietet eine pflegesensible Unternehmenskultur?

Unternehmen, die sich mit dem Thema der „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege“ befasst haben, führen mehrere Vorteile an. Hierzu zählen zum Beispiel:
  • Bessere Handhabung
    Unternehmen mit einer pflegesensiblen Kultur können schneller reagieren, weil rechtliche Aspekte, Möglichkeiten und Wege vorher erläutert wurden.
  • Imagegewinn
    Unternehmen werden als attraktiver und familienfreundlicher Arbeitgeber wahrgenommen. Das ist ein bedeutender Wettbewerbsfaktor auf dem aktuellen Arbeitsmarkt.
  • Mitarbeiterbindung
    Unternehmen binden ihre Fachkräfte proaktiv ans Unternehmen und tragen zu mehr Mitarbeitermotivation bei. Gleichzeitig sichern Sie sich Know-how und Kompetenzen.
  • Gesundheitsförderung
    Unternehmen erhalten die Arbeitskraft und Gesundheit ihrer Beschäftigten mit Pflegeaufgaben.
  • Vermeidung von Folgekosten
    Unternehmen vermeiden Folgekosten, die aufgrund von mangelnden Vereinbarkeitsmöglichkeiten entstehen, wie z. B. Rückgang von Produktivität und Qualität, Fehlzeiten von Mitarbeitenden bis hin zum Verlust von Fachkräften.

Welche Maßnahmen können Arbeitgeber zur Unterstützung ergreifen?

Im Rahmen der Arbeitszeit und -organisation können folgende Bereiche durch Arbeitgeber in den Blick genommen werden:
  • Anwendung flexibler Arbeitszeitmodelle
  • Einzelmaßnahmen, z. B. individuell vereinbarter späterer Arbeitsbeginn, individuell vereinbarte Ausgestaltung der Arbeitswoche, lange Planungshorizonte bei Dienstplangestaltung
  • Kurzfristig gewährte Freistellung/Sonderurlaub (auch über den gesetzlichen Anspruch hinaus)
  • Alternierende Heimarbeit und Mobiles Arbeiten
  • Rücksichtnahme bei Urlaubsplanung, Überstunden, Geschäftsreisen
  • Teamarbeit (Arbeitsteilung im Team, Vertretungsregelungen)
Wenn Sie Ihren Beschäftigten flexible Arbeitszeitmodelle für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Pflege anbieten möchten, finden Sie hier weitere Informationen dazu.
Bei der Unternehmenskommunikation und Personalentwicklung können zum Beispiel folgende Aspekte Beachtung finden:
  • Interne Kommunikation des Themas Beruf und Pflege (Intranet, Schwarzes Brett, Gesundheitstage, Informationsmaterial)
  • Akzeptanz und Anerkennung der Pflegeleistung, Sensibilisierung der Belegschaft
  • Interner Ansprechpartner für das Thema Beruf und Pflege, Pflegelotse
  • Trainings für Führungskräfte
  • Einbinden der Führungskräfte in die Maßnahmenkonzeption
  • Mitarbeitergespräche (Fragen zur Pflegesituation verbindlich integrieren)
  • Abstimmung bei Fort- und Weiterbildungen
  • Kontakthalten und Know-how Erhalt bei Freistellungen
Auch Entgeltbestandteile oder geldwerte Leistungen können in den Fokus rücken:
  • Zuschuss für haushaltsnahe Dienstleistungen
  • Umwandlung von Sonderzahlungen (z. B. Weihnachtsgeld) in Freizeit
Zudem können ebenso Serviceangebote für die pflegenden Beschäftigten in Erwägung gezogen werden:
  • Seminare, Schulungen, psychosoziale Beratung
  • Notfallmanagement, Unterstützung bei der Organisation von Pflege wie Beratung zum Pflegearrangement, Vermittlung externer Dienstleister
  • Freiwilligen-Pool aus ehemaligen Betriebsangehörigen als Betreuungsdienst
  • Belegplätze für eine Kurzzeitpflege
Einige Beispiele für den erfolgreichen Einsatz von Arbeitszeitmodellen in der Praxis finden Sie demnächst hier auf dieser Seite.

Wo gibt es weiterführende Informationen?

Pflegeportal Land Sachsen-Anhalt:
Leitfaden und Flyer zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege