Strukturwandel meistern

Auf 100 Jahre Tradition in der stofflichen Nutzung von Braunkohle blickt ROMONTA, weltgrößter Erzeuger von Rohmontanwachs, 2022 zurück. Das fossile Wachs wird aus der bitumenreichen Braunkohle des eigenen Tagebaus in Amsdorf gewonnen. Jetzt investiert das Unternehmen 80 Millionen Euro in ein Ersatzbrennstoffkraftwerk und damit in den Ausstieg aus der Kohleverbrennung.
Im Strukturwandel sind Rena Eichhardt und Uwe Stieberitz zu Hause. Die Ökonomin und der Ingenieur führen die Geschäfte der ROMONTA Holding GmbH. Das Unternehmen hat in den letzten Jahrzehnten gewaltige Veränderungsprozesse durchlebt. Genau wie der ganze Standort Amsdorf, seit dort 1922 die erste Montanwachsfabrik die Produktion aufnahm – damals die größte und modernste ihrer Zeit. Bis heute schlägt in Amsdorf das technologische Herz der Montanwachsgewinnung. Von Schuhcremes über Lederpflege, Polituren, Schmierstoffe, Farben und Kosmetika bis zur Bau- und Asphaltindustrie, der Kunststoffproduktion oder dem Gießereiwesen – der Stoff ist ein Multitalent und wird sehr vielfältig genutzt.

Viel investiert

„Für die Wachsproduktion gibt es weltweit kein vergleichbares Unternehmen, den Rohstoff können Sie nur bei uns kaufen“, betonen die beiden Geschäftsführer stolz. Dabei sah es nach dem Ende der DDR gar nicht rosig aus für den Traditionsbetrieb. Das Unternehmen geriet zunächst in die Hände später verurteilter Betrüger. Ein Management-Buy-Out (MBO) brachte es 2001 wieder auf Erfolgsspur. 13 Führungskräfte kauften ROMONTA damals. „Seit wir seinerzeit das Ruder in die Hand genommen haben, wurden in etwa 15 Jahren mehr als 220 Millionen Euro am Standort investiert“, berichtet Stieberitz. Mit dem politisch geplanten Kohleausstieg und dem steigenden CO2-Preis, der die Kosten für das Industrieprodukt Montanwachs verteuert, stehen wieder große Herausforderungen bevor: „Hier am Standort weiter in der Montanwachsproduktion arbeiten und diese hochwertigen Arbeitsplätze sichern zu können, ist auch unter den klimapolitischen Rahmenbedingungen unser Ziel“, so Stieberitz. Vorausblickend sei die Geschäftstätigkeit des Unternehmens früh zeitig auf weitere Felder wie Abfallverwertung und erneuerbare Energien ausgeweitet worden.

Transformation geht weiter

Der Einstieg eines Konsortiums um die GETEC Energie Holding GmbH (GETEC) bei ROMONTA brachte weitere Zukunftsprojekte ins Rollen. Der Unternehmensverbund für Energiedienstleistungen aus Magdeburg/Hannover übernahm 2020 alle Aktien des Montanwachsherstellers. „Wir sind froh, dass wir mit der GETEC als neuem Gesellschafter an Bord unsere Strategie sicherstellen und vorantreiben können“, erklärt Eichhardt. Gerade im Bereich der regenerativen Energien habe die GETEC eine hohe Expertise. „Den politisch vorgegebenen Umbruch, aus der Kohle auszusteigen, hätten wir allein nur schwer umsetzen können. So plant der neue Gesellschafter in den nächsten Jahren Investitionen von 200 Millionen Euro“, ergänzt Stieberitz. Damit
Produkte der ROMONTA.
Produkte der ROMONTA. © ROMONTA Holding GmbH
sei eine klare Perspektive gesichert: „Das ist für unsere Kunden weltweit enorm wichtig.“ Im Juni 2021 fiel der Startschuss für ein neues Ersatzbrennstoffkraftwerk mit einer Jahreskapazität von 140.000 Tonnen. Das 80-Millionen-Euro- Vorhaben soll bis Mitte 2024 in Betrieb gehen. „Wir ersetzen die Kohleverbrennung und erreichen eine nahezu CO2-neutrale Montanwachsproduktion“, unterstreichen Eichhardt und Stieberitz. Auch ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien im Zuge der Nachnutzung nicht mehr durch den Bergbau beanspruchter Tagebauflächen stehe auf dem Plan. Um schnell auf Veränderungen am Markt zu reagieren, leiste man sich den Aufwand einer eigenen Produktentwicklungs- und Anwendungsabteilung, so die Geschäftsführer: „Bei uns kommen alle Ideen auf den Tisch. Wir denken mindestens zehn Jahre voraus, ruhen uns nicht nur auf unserem Hauptprodukt aus.“

Der Fragebogen: …

Am Markt seit ...?

1922, damals startete die großtechnische Produktion von Montanwachs aus Braunkohle. Der heutige Unternehmensverbund ROMONTA wurde 1994 gegründet und entstand aus einer Abspaltung der Mitteldeutschen Braunkohle AG.

Zahl der Beschäftigten?

Rund 370.

Wird ausgebildet?

Derzeit werden 21 Auszubildende beschäftigt. Das Spektrum der Ausbildungsberufe reicht von Elektronik & Automatisierungstechnik über Chemikanten & Chemielaboranten, Industriemechaniker und Kaufleute bis zu Fachlageristen. Mit der Hochschule Merseburg wird im dualen Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen zusammengearbeitet.

Das Unternehmen hat sich entwickelt zum ...?

Weltmarktführer in der Produktion von Montanwachs und damit der stofflichen Nutzung der Braunkohle. Zudem wurden die Geschäftsaktivitäten frühzeitig auf mehrere Säulen gestellt. So ist ROMONTA auch in der Abfallwirtschaft tätig – mit der Aufbereitung von Haus- und Gewerbemüll sowie thermischen Verwertung in einer eigenen Anlage. Der Tagebau wird auch wirtschaftlich genutzt, um in einem Umwelt- und Recyclingzentrum bergbaufremde Massen wie Gleisschotter der Deutschen Bahn zu recyceln. Ein drittes Geschäftsfeld ist mit dem Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) verbunden: Der erste eigene Solarpark entstand 2009.

Umsatz?

Rund 80 Millionen Euro. Prognose? Das Unternehmen will seine Führungsposition im Montanwachsgeschäft erhalten und die Wertschöpfungsketten weiterentwickeln. Um dem Standort eine sichere Zukunft zu schaffen, werden weiterhin neue Geschäftsbereiche erschlossen. Das Potenzial von 1.800 Hektar Grund und Boden soll umweltfreundlich wirtschaftlich nachgenutzt werden. Positive Möglichkeiten bieten die sehr guten Bahn- und Autobahnanbindungen.

In der Region engagiert durch ...?

Intensive Sponsoringaktivitäten in der Region, darunter im Jugendsport und Fußball. Mit dem 1. FC Romonta Amsdorf und dem SV Romonta 90 Stedten werden zwei Fußballvereine unterstützt. Ebenso engagiert sich die Firma im Bereich Motocross für den Motorsportclub Teutschenthal und in den Anliegerkommunen. Nicht zuletzt wird Wert auf regionale Lieferanten und die Förderung lokaler Geschäftspartner gelegt – auch, um Arbeitsplätze zu sichern.

Was bedeutet Corporate Social Responsibility (CSR, Übernahme von ökologischer, ökonomischer, sozialer Verantwortung) für das Unternehmen?

Mit 75 Megawatt installierter Solar- und Windkraftleistung am Standort zählt ROMONTA zu den „grünsten“ Bergbauunternehmen. Vielfältige soziale Projekte, unter anderem mit dem Kinderschutzbund, werden vorangetrieben. Mit dem Engagement für gut bezahlte Industriearbeitsplätze will das Unternehmen Perspektiven geben.
ROMONTA Holding GmbH
Chausseestraße 1
06317 Seegebiet Mansfelder Land OT Amsdorf
Tel. 034601 400, www.romonta.de
Weitere Geschichten unter www.halle.ihk.de, Nr. 5018712

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