Preisgekrönte Innovation

Die Waben-Revolution kommt aus Halle (Saale). Seit über zehn Jahren produziert die ThermHex Waben GmbH mit einem patentierten Verfahren Leichtbau- Wabenkerne aus Polypropylen – unter anderem für die Automobilindustrie. Jetzt wurde die Firma als eines der innovativsten Unternehmen Deutschlands geehrt.
Flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege, regelmäßige Teammeetings, eine Politik der „offenen Tür“ sowie technisch hoch ausgebildete Fachleute in Schlüsselpositionen: Mit einem firmeninternen Klima, das den Blick über den Tellerrand fördert, schnelle Beschlüsse forciert und damit Innovationen vorantreibt, hat der Leichtbauspezialist ThermHex aus Halle (Saale) die Fachjury des nationalen Innovationswettbewerbs „TOP 100“ überzeugt. Der bundesweite Contest kürt seit knapp 30 Jahren die Top 100 der innovativsten Unternehmen im deutschen Mittelstand, die Preisverleihung findet im Juni in Frankfurt am Main statt.

Am laufenden Band

Doch nicht nur in Deutschland ist ThermHex führend: „Wir haben uns als Hersteller von thermoplastischen Waben in der Faserverbundbranche international eine Spitzenposition erarbeitet und erzielen 95 Prozent des Umsatzes im Ausland“, betont Geschäftsführer Dr.-Ing. Jochen Pflug. Auf seine Idee geht das Produktionsverfahren des Unternehmens zurück, das thermoplastische Wabenkerne für Sandwichpaneele und Leichtbauelemente in einem patentierten Endlos-Prozess fertigt. „Herkömmliche Wabenkerne dagegen werden in aufwändigen Einzelschritten produziert und die separaten Lagen dabei vom Block zu Platten geschnitten. Wir stellen sie in unserer durchgehenden Fertigungslinie viel wirtschaftlicher in einem Schritt her – also am laufenden Band. So sind hohe Stückzahlen möglich und der Einsatz lohnt sich auch dort, wo Wabenkerne bisher zu teuer waren“, erklärt der Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik. Die mit verschiedenen Deckmaterialien versehenen Leichtbauplatten werden unter anderem für LKW-Seitenwände, Automobilinterieur, Wohnwagen, für den Innenausbau von Schiffen sowie moderne Schwimmbecken genutzt. „Unsere 3,5 mm dünnen Wabenkerne zum Beispiel reduzieren das Gewicht gegenüber homogenen konventionellen Faserverbundplatten um bis zu 50 Prozent, bei gleicher Steifig- und Belastbarkeit.“ Zudem sind thermoplastische Wabenkerne aus Hochleistungspolymeren in der Entwicklung, die feuerresistenter als phenolharzbasierte Alternativen, weniger toxisch und recyclebar sind.

Standort mit Geschichte

Pflug entwickelte seine Innovation während des Masterstudiums in Belgien, gründete dort mithilfe von Venture Capital seine erste Firma. Dass er als Produktionsstandort Halle wählte, sei kein Zufall gewesen: „Ein Grund war das in Halle ansässige Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, mit dem wir immer noch eng zusammenarbeiten und dieses Jahr
Hauptprodukt: Sandwich-Platten
Hauptprodukt des Wabenherstellers: gut recyclebare Sandwich-Platten © Andreas Stedtler/Thermhex
gemeinsam die 2. Faserverbund-Sandwich-Konferenz veranstalten. Der zweite waren die 50-prozentige Förderung der Anlageninvestition sowie die Unterstützung durch das Hochschulgründernetzwerk UNIVATIONS Sachsen-Anhalt. Der dritte Grund liegt in der Geschichte, denn der Ursprungsort der Wabentechnologie ist Halle.“ Hier habe der jüdische Fabrikant Hans Heilbrun 1901 ein Papiernetz in Wabenform und 1903 den Herstellungsprozess erfunden, berichtet Pflug. „Die Erfindung hat die Hallenser Luxuspapierfabrik Heilbrun & Pinner für dekorative Produkte genutzt.“ Heilbrun musste 1938 aus Deutschland flüchten. Die Fabrik befand sich in der Geiststraße 21. „Meine Investmentgesellschaft EconHP sitzt in dem Gebäude. Dort findet regelmäßig unsere Innovation Sommer School Geist 21 für Studierende aus der ganzen Welt statt“, sagt Pflug und betont: „Wir wollen auch die nächsten 100 Jahre in Halle produzieren.“
ThermHex Waben GmbH
Merseburger Straße 235, 06130 Halle (Saale)
Tel. 0345 1316270
www.ThermHex.com

Der Fragebogen: ThermHex Waben GmbH

Am Markt seit ...? 

2010 startete die Produktion von Polypropylen (PP) Wabenkernen in Halle (Saale). Die Muttergesellschaft EconCore NV in Leuven (Belgien) begann 2005 als Spin-Off aus einem Forschungsprojekt der Universität K.U. Leuven mit der Herstellung von thermoplastischen Wabenkernen.

Zahl der Beschäftigten? 

16.

Wird ausgebildet? 

Der Einstieg in die Ausbildung im Bereich Kunststoffverarbeitung ist geplant. In Kooperation mit der Hochschule Merseburg und der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig werden Diplom- und Masterarbeiten betreut. Jährlich wird ein Praxisevent für internationale Business-Economics-Studierende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführt, das während der Corona- Pandemie online stattfand.

Das Unternehmen hat sich entwickelt zum ...? 

weltweiten Marktführer für thermoplastische Wabenkerne, Technologieführer für Sandwichmaterialien und zum TOP 100-Innovator 2022. In ihrem Produktbereich hat die Firma global weniger als 20 Konkurrenten. Allein 2021 wurden etwa 500.000 Euro in den Standort Halle investiert und die Kapazitäten ausgebaut.

Umsatz? 

Fünf Millionen Euro im gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr.

Prognose? 

Geplant ist ein Standort in den USA. Kürzlich wurde ein Büro in Chicago eröffnet. Zudem soll das Anwendungsspektrum um Wabenkerne aus Hochtemparaturpolymeren erweitert werden. So gibt es derzeit Konzepte, die recyclebaren thermoplastischen Wabenkerne im Luftfahrt-Interieur zu nutzen. Die bisher dort verwendeten Materialien sind nicht recyclebar und der Bedarf an hochwertigen, wieder verwertbaren Alternativen wächst. Zudem wurde mit dem Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP eine Sandwichmaterialkombination für leichte Solarmodule entwickelt.

In der Region engagiert durch ...? 

Unterstützung von Vereinen der Region, beispielsweise T-Shirt-Sponsoring für Fußballclubs.

Was bedeutet Corporate Social Responsibility (CSR, Übernahme von ökologischer, ökonomischer, sozialer Verantwortung) für das Unternehmen? 

Ziel ist die CO2-neutrale Produktion. Die Umstellung auf Ökostrom 2020 verbesserte die CO2-Bilanz deutlich. Gerade werden Wabenkerne aus recycelten PET-Flaschen entwickelt, was zur CO2-Reduzierung beiträgt. Das Unternehmen ist zertifiziert nach der Umweltmanagementnorm ISO 14001. Es legt Wert auf kurze Lieferketten aus der heimischen Chemie-Region und ohne Abhängigkeit von politisch bedenklichen Systemen. Zur Personalpflege gehören neben Weiterbildungsangeboten ebenso Kindergartenzuschüsse und Freigetränke.
Weitere Geschichten unter www.halle.ihk.de, Nr. 5018712