Neue Fasern für die Welt

Mit Basaltfasern zum Erfolg: Mit einem in der Sowjetunion entwickelten Verfahren hat die als deutsch-georgisches Joint-Venture gegründete Deutsche Basalt Faser GmbH den Weltmarkt erobert. Jetzt zündet die Firma aus Sangerhausen in Kooperation mit der Aachener FibreCoat GmbH eine neue Innovationsstufe.
Ein gemeinsam entwickeltes Produkt, die mit Aluminium beschichtete Basaltfaser, ist frisch auf den Markt gekommen und hat direkt den IQ Innovationspreis Mitteldeutschland gewonnen. Dass Sangerhausen sich zum Zentrum der Basaltfaserproduktion in Westeuropa entwickelt hat, ist einem Zufall geschuldet. Die Geschichte ist verbunden mit der Familienhistorie von Georgi Gogoladze, seit 2016 Geschäftsführer der Deutschen Basalt Faser GmbH: 1998 gründete sein Großvater im georgischen Rustawi die Basalt Fibers LLC – basierend auf einer Technologie, die vormals in der Sowjetunion jahrzehntelang beispielsweise für die Raumfahrt verwendet wurde. Als Gogoladzes Vater übernahm, ging der Ableger in Sachsen-Anhalt als deutsch-georgisches Joint-Venture an den Start.

Strategisch gut gelegen

„Sangerhausen wurde eher zufällig gewählt, weil unser Geschäftspartner hier saß. Doch der Standort erwies sich als sehr günstig gelegen, logistisch gut an die Autobahn angebunden, mit passender Infrastruktur und sehr attraktiven Investitionsbedingungen“, berichtet der 33-jährige Gogoladze, der an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule RWTH Aachen Brennstoffingenieurwesen studiert hatte. In den Schmelzöfen seines Unternehmens Deutsche Basalt Faser werden bei einer Temperatur von 1.450°C aus Basaltgestein hauchdünne Fäden (Filamente, dünner als ein Haar) gezogen – für nicht brennbare Isoliermaterialien bzw. Zusätze für Beton oder Bremsbeläge.

Auf zu neuen Ufern

Gemeinsam mit seinem Studien- und Rugby- Kumpel Dr. Robert Brüll, CEO des Aachener Start-ups FibreCoat GmbH, entwickelte Gogoladze das Verfahren weiter. Sie nutzten das Corona-Jahr 2020, um aus einer Idee ein marktfähiges Produkt zu schmieden: Im Januar 2021 wurde ALUCOAT – eine mit Aluminium ummantelte Basaltfaser – offiziell vorgestellt und gewann nur kurze Zeit später den IQ Innovationspreis Mitteldeutschland.
„Unsere einzigartigen Fasern sind bis zu 20-Mal günstiger als bisherige Metall - fasern, umweltfreundlicher in der Herstellung und daher geeignet für den Massenmarkt. Sie werden zurzeit in der Elektromobilität und für die elektromagnetische Abschirmung von Gebäuden wie Krankenhäusern oder Regierungsbauten eingesetzt. Weitere Anwendungsgebiete sind smarte Sensoren und Textilien, Filter sowie die Abschirmung von Stromkabeln“, erläutert Dr. Brüll. „Die Nachfrage war sofort enorm“, ergänzt Gogoladze. Dazu komme ein positiver „Corona-Effekt“: „Viele Unternehmen erweitern inzwischen ihre internationalen Lieferketten mit Alternativen aus Deutschland oder entscheiden sich gezielt für in Europa hergestellte Produkte.“

Mehr Mut

Die Produktionsstätte in Sangerhausen solle bis Ende 2022 auf 27 und perspektivisch auf 80 Beschäftigte wachsen, so Gogoladze. „Zurzeit suchen wir akut technisches Personal.“ Um innovativ zu bleiben, wolle man aktives Ideenmanagement betreiben. „Wir sammeln Ideen von Angestellten und Kunden in einer speziellen Datenbank“, erklärt Geschäftspartner Brüll. „Wir sind immer offen für Vorschläge. Ohne Flexibilität entsteht keine Innovation“, ergänzt Gogoladze. Mehr Flexibilität wünscht er sich auch von den Hausbanken in der Region: „Sie sollten mehr Mut für neue Wege aufbringen, um eine tragfähige regionale Wirtschaft zu sichern.“
Deutsche Basalt Faser GmbH 
Carl-Rabe-Str. 11 
06526 Sangerhausen 
Tel. 03464 276 769-0 
www.deutsche-basalt-faser.de 

Der Fragebogen: Deutsche Basalt Faser GmbH

Am Markt seit ...?

2004, damals als deutsch-georgisches Joint-Venture vom Vater des heutigen Geschäftsführers Georgi Gogoladze in Sangerhausen gegründet. Seit 2008 stellt der Betrieb Basaltfasern nach einem in der ehemaligen Sowjetunion von Gogoladzes Vorfahren weiterentwickelten Verfahren her.

Zahl der Beschäftigten?

15. In der Produktion arbeitet zum Basalt Faser Operator ausgebildetes Personal aus dem Werk in Georgien – ein in Deutschland (noch) nicht existenter Beruf. Vor allem in der Veredlung und Faserverarbeitung sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Region beschäftigt.

Wird ausgebildet?

Bislang nicht. Das in der Basaltfaserherstellung bzw. für die Bedienung der Schmelzöfen erforderliche Berufsbild gibt es in Deutschland nicht. Das Unternehmen arbeitet daran, hier Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen.

Das Unternehmen hat sich entwickelt zu ...?

... dem einzigen Hersteller in Westeuropa, der diese Art Fasern produziert. Ansonsten gibt es die Basaltfaserproduktion vor allem in Russland, Georgien, aber ebenso in den USA und China. Ursprünglich unter anderem in der Raumfahrt verwendet, kommen Basaltfasern inzwischen zum Beispiel in der Baubranche, in der Autoindustrie und im maritimen Bereich zum Einsatz. Das Sangerhäuser Unternehmen beliefert Kunden weltweit, diese sitzen vor allem in Westeuropa, aber auch im arabischen Raum und in Südafrika.

Prognose?

Gemeinsam mit der FibreCoat GmbH, einer Ausgründung der RWTH Aachen, wurde das neue Produkt ALUCOAT entwickelt. Die mit Aluminium beschichtete Basaltfaser wird unter anderem beim Bau von Elektroautos eingesetzt oder in der Baubranche zur Abschirmung elektromagnetischer Strahlung – und ist Gewinnerprojekt des IQ Innovationspreises Mitteldeutschland 2021. Mit der Neuheit wollen sie jetzt richtig durchstarten. Um die internationale Nachfrage zu bedienen, ist die Erweiterung der Sangerhäuser Produktionsstätte geplant.

In der Region engagiert durch ...?

Noch ausbaufähig, Ideen für die Zukunft reichen von der Zusammenarbeit mit Schulen vor Ort bis zur Etablierung einer Rugbymannschaft, um Jugendliche zu begeistern.

Was bedeutet Corporate Social Responsibility (CSR, Übernahme von ökologischer, ökonomischer, sozialer Verantwortung) für das Unternehmen?

Die gesamte Ausrichtung des gemeinsamen Projekts ALUCOAT orientiert laut Deutscher Basalt Faser und FibreCoat darauf, den CO2-Ausstoß zu minimieren, derartige Hochleistungswerkstoffe dem Consumer-Bereich zugänglich zu machen und somit eine umweltfreundlichere Fertigung zu erreichen. So verzeichneten die neuartigen Fasern bei der Herstellung eine bessere CO2-Bilanz als alternative Materialien wie Glas- oder Carbonfasern. Der Energieeinsatz pro Kilogramm sei geringer als bei Vollaluminium.
Mehr Informationen und weitere Geschichten unter www.halle.ihk.de, Nr. 5018712

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