Aufschwung scheint beendet

Die Stimmung der Unternehmen im Süden Sachsen-Anhalts hat sich im dritten Quartal 2014 deutlich eingetrübt. Die zuletzt nur noch schwach ausgeprägte Aufwärtsdynamik ist zum Erliegen gekommen. Der 2013 begonnene Aufschwung scheint beendet zu sein. Der Geschäftsklimaindex der Gesamtwirtschaft befindet sich mit 15,2 Punkten zwar nach wie vor auf einem hohen Niveau, die für eine Fortsetzung des Aufschwungs notwendigen zusätzlichen Impulse sind aber nicht auszumachen. Zudem wird die Aufwärtsbewegung in einigen Branchengruppen nachhaltig verlassen. Insbesondere die eher regional orientierten Bereiche wie Dienstleistungen, Handel und Verkehr melden zum Teil sehr deutliche Eintrübungen. Damit dürfte der Höhepunkt des aktuellen Konjunkturzyklus überschritten sein. Ein Einbruch ist allerdings nicht zu erwarten. Insbesondere die Industrieentwicklung ist weiterhin erfreulich robust und auch die gute Sonderkonjunktur in der Bauwirtschaft hält unvermindert an.
Negativ dürften sich politische Krisen in Osteuropa, Afrika und Asien auswirken, ebenso wie eine etwas geringere Dynamik in manchen Schwellenländern, insbesondere in China. Insgesamt scheinen diese „externen“ Risiken aber erneut nicht die Hauptursache für die aktuelle Stimmungseintrübung zu sein. Vielmehr sorgen hausgemachte wirtschaftspolitische Risiken zunehmend für Verunsicherung. Zu nennen sind hier Projekte wie die „Rente mit 63“ und zahlreiche bereits umgesetzte oder geplante staatliche Preisdiktate in den Bereichen Energie, Mieten und Arbeit. Vor allem die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes zum 1. Januar 2015 lässt viele Unternehmen steigende Arbeitskosten und konkrete negative Einflüsse auf die eigene Beschäftigtenzahl erwarten. Nur die Höhe der Energie- und Strompreise wird als noch größeres Risiko eingeschätzt.

Industrie: hält hohes Niveau 

Das Geschäftsklima in der Industrie ist mit 21,2 Prozentpunkten zum Vorquartal nahezu unverändert und liegt wieder deutlich über dem Wert des Vorjahresquartals. Auch der Saldo aus guten und schlechten Lageeinschätzungen erreicht mit 43,4 Prozentpunkten das sehr hohe Niveau des Vorquartals. Der Auslastungsgrad steigt auf 85,6 Prozent an. Die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland sind, wie schon im Vor- und Vorjahresquartal, per Saldo leicht rückläufig. Die Geschäftserwartungen dagegen verlassen das positive Niveau der letzten Quartale und liegen mit -1,1 Prozentpunkten nur noch auf einem annähernd neutralen Niveau. Gegenüber dem vorigen Quartal fallen die Absatzerwartungen pessimistischer aus. Während beim Auslandsabsatz gleichbleibende Geschäfte erwartet werden, wird im Inland mit leichten Rückgängen gerechnet. Die Planungen der Industrieunternehmen zur Beschäftigung verharren mit -2,3 Prozentpunkten nunmehr seit fünf Quartalen auf einem Niveau um die Nulllinie. Ähnliches gilt für die Investitionsabsichten in der Industrie. Mit 3,9 Prozentpunkten wird das Niveau des Vor- und Vorjahresquartals nicht verlassen. Mit 31,3 Prozent ist erneut die Rationalisierung ein wichtiges Motiv.
Innerhalb der Industrie ist im aktuellen Quartal erneut eine stärkere Spreizung zu beobachten. Bei der Gruppe der Vorleistungsgüterproduzenten ist ein zum Vorquartal leicht verschlechtertes Geschäftsklima zu vermelden, während die Investitionsgüterproduzenten dagegen nach der Eintrübung im Vorquartal eine rasante Gegenbewegung melden. Das Geschäftsklima klettert wieder auf das gute Niveau vom Jahresanfang. Bei den Produzenten von Ver- und Gebrauchsgütern geht die Klimaeinschätzung erneut zurück. Hier sind es vor allem die Geschäftserwartungen, die sich deutlich eintrüben.

Baugewerbe: gute Stimmung hält an

Das Geschäftsklima im Baugewerbe bleibt mit 15,5 Prozentpunkten, trotz Saisonschwankungen, auf einem außerordentlich hohen Niveau. Dahinter steht insbesondere eine sehr gute Einschätzung der Geschäftslage (48,6 Prozentpunkte), die im Vergleich zum Vorquartal erneut zulegen konnte. Dabei werden Gewinne, Umsätze und Auftragseingänge per Saldo als verbessert angegeben. Besonders die Auftragseingänge aus dem Wirtschaftsbau sind nochmals angestiegen. Die Geschäftserwartungen fallen auf das Niveau des Vorjahres zurück. Es wird mit leichten Umsatzrückgängen aufgrund der bevorstehenden Wintersaison gerechnet.

Dienstleistungsgewerbe: Mindestlohn drückt Beschäftigungspläne

Das Geschäftsklima im Dienstleistungsgewerbe  bleibt mit 18,5 Prozentpunkten insgesamt stabil. Ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr dokumentiert aber die generelle Eintrübung in der Branche. Dabei ist die Geschäftslage weiter auf einem sehr hohen Niveau, während die Geschäftserwartungen per Saldo leicht negativ werden. Die Beschäftigungsabsichten bleiben nach der stetigen Eintrübung im Jahresverlauf mit -18,2 Prozentpunkten weiter sehr schlecht. Mittlerweile plant fast ein Viertel der Unternehmen, die Beschäftigung zu reduzieren.

Handel: Abschwung?

Der Geschäftsklimaindikator im Handel geht nach der rasanten Aufwärtsbewegung in den vergangenen Quartalen nun wieder deutlich zurück. Mit -2,2 Prozentpunkten fällt er sogar leicht unter die Nulllinie. Die Geschäftslage stürzt dabei im Verhältnis zum Vorquartal regelrecht auf 4,7 Prozentpunkte ab. Deutlich negative Salden für Gewinn- und Umsatzlage zeigen, dass der Boom der letzten beiden Quartale beendet ist. Die Kombination der Sonderfaktoren aus guter Beschäftigungslage, steigenden Löhnen und geringem Zinsniveau hat im ersten Halbjahr zusätzlichen Umsatz in der Branche generiert. Zusammen mit einigen Vorziehkäufen muss dies aber als „Strohfeuer“ eingeschätzt werden. Die Geschäftserwartungen sind mit -9,0 Prozentpunkten zum Vorquartal kaum verändert und leicht negativ. Anders als in den Vorquartalen wird aktuell nicht mehr mit Umsatzzuwächsen gerechnet.

Verkehr: Pessimismus nimmt weiter zu 

Das Geschäftsklima im Verkehrsgewerbe geht im aktuellen Quartal leicht auf 5,0 Prozentpunkte zurück. Dabei verbessert sich die Geschäftslage aktuell sogar noch, während die Erwartungen mit -17,1 Prozentpunkten dagegen eine deutliche Steigerung des Pessimismus unter den Verkehrsunternehmen anzeigen. Es wird mehrheitlich mit sinkenden Umsätzen gerechnet. Die Beschäftigungsabsichten verharren mit -12,0 Prozentpunkten auf einem sehr negativen Niveau.