Finanzielles Polster anlegen

Noch geht es vielen kleinen und mittelständischen Firmen wirtschaftlich gut. Doch wie lange kann ein Unternehmen überleben, wenn ab sofort keine Aufträge mehr eingehen? Und wie lange lassen sich Verpflichtungen bedienen, ohne ins Trudeln zu geraten? Wer sich ein finanzielles Polster angelegt hat, ist hier klar im Vorteil. Deshalb rät IHK-Dienstleistungsexperte Clemens Winkel, frühestmöglich damit anzufangen, um einer möglichen Auftragsflaute zu trotzen.

Polster vor Investitionen

Zugegeben: Eine größere Auftragsflaute verläuft oft schleichend. Es gehen zunächst immer weniger Aufträge ein, bis teilweise fast gar nichts mehr läuft. Bevor sich das Geschäft wieder erholt und auf normalem Auftragsniveau einpegelt, können rasch mehrere Monate vergehen. Unternehmer, die schon lange am Markt sind, kennen die wirtschaftliche Berg- und Talfahrt von Aufträgen und füllen deshalb in guten Zeiten zuerst ihr finanzielles Polster auf, bevor sie notwendige Investitionen tätigen. Nur so sind sie auf die nächste Flaute vorbereitet. Ökonomen bezeichnen dies als „finanzielle Reichweite“ eines Unternehmens. Diese beeinflusst auch das Kreditrating der Bank. Je höher die finanzielle Reichweite, desto besser das Rating und die damit verbundenen Zinsen.

Monatscheck für Überlebenskosten

Doch wie viel Geld ist wirklich nötig? Zunächst sollten alle monatlichen betrieblichen Ausgaben ermittelt werden (zum Beispiel Mitarbeiter, Mieten etc.). Dabei hilft auch die monatliche betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) bzw. Gewinn- und Verlustrechnung. Nichtkaufleute (Einzelunternehmen und BGB-Gesellschaften) ermitteln anschließend noch alle privaten Kosten, einschließlich Sozialversicherungsbeiträge und steuerliche Rücklagen. Bei Kaufleuten (Handelsregisterunternehmen) sind die privaten Kosten bereits in den betrieblichen enthalten. Die Summe aus den monatlich notwenigen betrieblichen als auch gegebenenfalls privaten Ausgaben ergeben die „monatlichen Überlebenskosten“.

Drei Stufen sinnvoll

Um diese im Falle einer Flaute zu decken bzw. sich ein finanzielles Polster zu schaffen, haben sich drei Stufen bewährt, die jeder Unternehmer Schritt für Schritt beschreiten kann. Die erste Stufe ist für den Notfall gedacht und sollte für drei Monate alle Kosten abdecken. Als zweite Stufe bezeichnet man den Standard, um bis zu sechs Monate zu überbrücken. In der dritten „Premiumstufe“ lassen sich Auftragsflauten von bis zu einem Jahr überbrücken. 
Auch wer sich bisher nur ein kleines oder gar kein finanzielles Polster zugelegt hat, kann jederzeit mit dem Aufbau beginnen oder das Polster sukzessive auf 12 Monate erweitern – etwa per monatlich festgelegtem Betrag oder einmalig größeren Beträgen auf ein Tagesgeldkonto.

Chance nutzen

Angestellte erwerben nach zwei Jahren Anspruch auf ein Jahr Arbeitslosengeld. Stehen sie dann ohne Job da, können sie sich in dieser Zeit neu orientieren und sich fortbilden, um neue Wege zu gehen oder attraktiver für potenzielle Arbeitgeber zu werden. Eine solche „Flaute“ sollten Unternehmer ebenso nutzen, um ihre Ziele und die Strategie zu hinterfragen und um neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Dies ist jedoch nur möglich und von Erfolg gekrönt, wenn sie keinen existenziellen Druck haben und über ein finanzielles Polster verfügen. Rechtzeitig damit anzufangen, lohnt sich.

Polster für Auftragsflaute

Finanzielle Reichweite des Unternehmens erhöhen – und alle betrieblichen sowie privaten Kosten in diesen drei Phasen abdecken:
  1. Notfallphase: Bis 3 Monate
  2. Standardphase: Bis 6 Monate
  3. Premiumphase: Bis 12 Monate