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1. Platz - Roaring Twenties

Von außen ist das „Roaring Twenties“ kaum zu erkennen. Eine unscheinbare Tür in der halleschen August-Bebel-Straße ohne Leuchtreklame. Nur ein schlichtes Klingelschild. Doch wer klingelt, dem wird aufgetan. Eintritt in eine andere Zeit. Eine elegante Cocktailbar im Stil der 1920er Jahre und an der Bar: Alec-Dominic Loße, 28 Jahre alt. An seiner Seite ein kleines Team aus drei weiteren Enthusiasten der gepflegten Gastlichkeit.
Eine eigene Bar! Die Idee entstand nicht über Nacht. Schon als Schüler arbeitete Alec-Dominic Loße in der Gastronomie, um sich etwas dazuzuverdienen. Irgendwann stand er hinter der Bar – und blieb. Loße absolvierte in Rostock den „Master of Bartending, Wine and Spirits“, durchlief Schulungen, bildete sich weiter, nahm an Workshops teil. In seiner Heimatstadt fehlte dem Hallenser die Möglichkeit, sein Wissen nach seinen persönlichen Vorstellungen zu vertiefen. Die fand er dann in der Wittenberger „Charles Bar“. Doch der Traum, etwas Eigenes aufzubauen, ließ ihn nicht los. Er besuchte Bars auf der ganzen Welt. Immer auf der Suche nach einem Konzept, das zu ihm passt. Schwierig, musste sich der Bartender eingestehen. Entweder war die Bar zu groß oder es mangelte an der von ihm angestrebten Qualität.

Warum die „Goldenen Zwanziger“?

Loße nahm es also selbst in die Hand und gründete die erste Speakeasy Bar in Halle. Eine Hommage an die 1920er. Damals waren Bars mit verstecktem Eingang, geheimer Atmosphäre und speziellen Getränken gang und gäbe. Die Wahl der 20er Jahre als thematischen Rahmen ist für den leidenschaftlichen Bartender kein Zufall: „Ich bin selbst in meinen 20ern, Speakeasy Bars wurden in den 20ern gegründet, wir leben gerade wieder in den 20ern.“ Inspiriert von Bars wie dem „Gin House“ in Dresden, entwarf er einen Ort, der versteckt liegt – und trotzdem gefunden wird. „Mir wurde vorher oft gesagt, dass so eine Bar in Halle nicht funktionieren kann“, erzählt er. Doch die Reaktionen beweisen das Gegenteil: Lob für die Drinks, die Einrichtung und den Service. Schon nach kurzer Zeit kamen die Stammgäste. Manche lassen hier mehrmals in der Woche die Seele baumeln, einige verabschieden sich bei ihm vor dem Urlaub persönlich. Auch abseits der regulären Öffnungszeiten ist im „Roaring Twenties“ viel los: Cocktail- und Spirituosentastings, Caterings und individuelle Anfragen, die Loße mit einer Frage prüft: „Passt es zum Konzept?“

Was geht über den Tresen?

Und was mag der Hallenser? Hat er Favoriten? Ja, sagt Loße: „Besonders gerne werden der LeBasil und der Flamingo bestellt.“ Beim LeBasil kommt eine moderne Interpretation des Gin Basil Smash mit intensiver Kräuternote und erfrischendem Charakter ins Glas. Himbeere, Gin und Kefir vereint der Flamingo zu einem fruchtig-süßen Cocktail. Doch überzeugt ist Loße natürlich von jedem Getränk auf der Karte. Inspiration für neue Drinks holt er sich beim Austausch mit anderen Bartendern, aus Fachbüchern oder beim Reisen. Auch bekannte Rezepturen denkt er neu. Privat ist er ein glühender Fan der halleschen Saale Bulls. Doch selbst da bleibt er seiner Passion treu: Wenn er die Wahl hätte, würde er den Spielern lieber einen Cocktail kreieren, als mit ihnen zu trinken.
Loßes Gründermut wird belohnt: Wer das „Roaring Twenties“ besucht, kommt bewusst hierher – nicht zufällig. Hinter einer schlichten Tür wartet ein Ort voller Leidenschaft, Atmosphäre und Gastfreundschaft. Wer einmal geklingelt hat, kommt oft wieder.
Kontakt:
Roaring Twenties
August-Bebel-Straße 54
06108 Halle (Saale)
Website: https://roaring-twenties.de
Instagram: @roaringtwenties.bar
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag ab 19.00 Uhr

2. Platz - Hallunken Kaffee & Spezialitäten GmbH

Wolfgang Schlegel und Christian Thiede gründeten im April 2024 die Hallunken Kaffee und Spezialitäten GmbH. Die Kaffeerösterei mit ihrem Werksverkauf in der Großen Nikolaistraße in Halle verschreibt sich der speziellen Kunst des guten Kaffees. Als studierter Diplomkaufmann arbeitete Christian Thiede als Vertriebsmitarbeiter, Vertriebsleiter und zuletzt im Bereich eCommerce bei Dell Technologies, einem US IT-Konzern. Hier begegnete er auch Wolfgang Schlegel, seinerseits Diplom-Ingenieur mit Berufserfahrung in den Bereichen Kundenservice, Einzelhandelsmanagement und eCommerce. Schnell stellte sich für die beiden heraus, dass sie nicht nur von Quartal zu Quartal denken wollen, um die Zahlen stimmen zu lassen.

Weniger Zahlen, mehr Passion

„2013 bin ich ins Giebichensteinviertel gezogen. Direkt gegenüber vom Café Ludwig. Ab Tag eins war ich Stammgast dort und der Inhaber konnte mich schnell mit seinem Faible für Spezialkaffee begeistern. Aus einem Hobby mit Siebträger und Co. wurde schnell eine eigene Geschäftsidee“, berichtet Christian Thiede. Umstrukturierungen seines Arbeitgebers bewegten Christian schließlich dazu, seinen Traum eher als geplant zu verwirklichen und alles auf die Karte Kaffee zu setzen. Vorerst als Selbstständiger im Nebenerwerb. Er ließ sich zum Barista aus- und danach viel weiterbilden. Dabei tauschte er sich immer wieder mit Wolfgang Schlegel aus. Der lebte vor seinem berufsbedingten Umzug nach Halle 15 Jahre in Glasgow, ist leidenschaftlicher Whisky-Sammler und braute hobbymäßig Craft Beer. Auch er spielte mit dem Gedanken der Selbstständigkeit. Nach der gemeinsamen Röstausbildung an der renommierten Berliner School of Coffee fiel die Entscheidung: „Wir wollten etwas tun, was wir in einem großen Unternehmen nicht konnten. Unsere eigenen Herren sein und Einfluss auf unsere Produkte nehmen. Schnell, flexibel. Wenn bei uns heute ein Kunde anmerken würde, der Kaffee sei zu flach, dann wäre ich spätestens Montagmorgen in der Rösterei und könnte etwas daran ändern. Es geht nicht mehr um Zahlen, sondern um eine Passion“, sagt Christian Thiede.

Tapfer durch den Bürokratiedschungel

Der erste Schritt war getan. Am 22. April 2024 wurde die Hallunken Kaffee & Spezialitäten GmbH notariell gegründet. Am 3. November 2024 öffneten sich die Türen. In der Zwischenzeit wurde der Businessplan ausgearbeitet und das Geschäft als Einzelhandel zugelassen. Christian Thiede erinnert sich: „Behördliche Themen sind mitunter komplex. Wir haben für unseren Werksverkauf auch eine gastronomische Nutzung beantragt. Wenn man Kaffee verkauft, möchte man ihn schließlich auch ausschenken können. Bürokratische Hürden verlangen uns jedoch einen langen Atem ab und sind mit erheblichen Kosten verbunden. Wir waren durch unseren vorherigen Beruf zwar erfahren in Sachen Wirtschaft und sicher im Umgang mit Zahlen und Businessplänen. Aber manche Dinge lernt man nicht in der Anstellung.“ In Sachen Vertragswesen, rechtlichen und steuerlichen Belangen suchten sich die Geschäftspartner Hilfe. Die fanden sie bei einem Steuerberater ebenso wie bei der IHK. In Zukunft freuen sie sich auf die Treffen an der „GründerTheke“ der IHK Halle-Dessau.
Kontakt:
Hallunken Kaffee & Spezialitäten GmbH
Kleine Klausstraße 14
Eingang Ladengeschäft: Große Nikolaistraße
06108 Halle (Saale)

3. Platz - Café Wettiner Hof

Im April 2022 kam das Ehepaar Serhii Lapa und Sunita Lapa aus der Ukraine nach Deutschland. Serhii Lapa studierte in seiner Heimat Wirtschaftswissenschaften und Jura, Sunita Lapa Informatik. Eine Arbeit zu finden, gelang beiden mit und trotz dieser hohen Bildungsabschlüsse in der neuen Wahlheimat nicht. Die größte Hürde: die Sprache. Eine Selbstständigkeit schien ihnen der Ausweg. Dann der Zufall, der alles änderte. Bei einem Ausflug fiel Serhii Lapa der Wettiner Hof an der Saale ins Auge. Es war ein bisschen wie Liebe auf den ersten Blick. Gastronomische Erfahrungen hatten freilich beide nicht. Aber in ihrer Heimat empfingen sie regelmäßig viele Gäste. Sunita liebt es, zu kochen und zu backen. „Es war damals immer ein Witz, dass wir doch ein Café aufmachen sollten. Hier dachten wir uns, warum sollten wir es nicht einfach probieren? Ich habe einen Back-Kurs gemacht, mein Mann hat ein Faible für Qualitätskaffee. Mit dem Wettiner Hof hatten wir zu unserem Wunsch nach Selbstständigkeit auch die passende Idee“, erzählt die 46-Jährige.

Wenn ein Zaun zur bürokratischen Hürde wird

Also meldeten sie am 12. November 2024 ihr Gewerbe an. Etwas ratlos anfangs, was die Formalitäten anging. Doch mit Rat und Tat von Freunden, der richtigen Internetrecherche und Unterstützung durch die IHK Halle-Dessau wurde aus dem Plan schnell etwas Handfestes. „Die IHK war für uns vor allem moralische Unterstützung. Ohne ihre Koordination hätten wir es vermutlich nicht geschafft“, sagt die Informatikerin. Schnell wussten sie zwar, wie ihr Weg aussieht, doch die Bürokratie legte ihnen dabei nicht nur einen Stein in den Weg. Sunita erinnert sich: „Es ging nicht nur um Genehmigungen zur Gewerbegründung. Sondern um so banale Dinge wie der Bau eines Zaunes. Wir hatten ja parallel begonnen, den Wettiner Hof zu renovieren. Wenn man mich fragt, ist die deutsche Bürokratie nicht nur ein Hemmnis für die Wirtschaft, sondern belastet die ganze Gesellschaft.“

Raus aus der Komfortzone

„Niemand außer unseren Freunden hat uns zugeraten, uns selbstständig mit einem eigenen Café zu machen. Aber man muss einfach mal raus aus seiner Komfortzone. Um etwas für sich und die Gesellschaft zu tun. Wir kommen aus einem Land, in dem Krieg herrscht. Anfangs fiel es uns enorm schwer, Fuß zu fassen. Wir mussten oft auch innere Zweifel, Unsicherheiten und Ängste überwinden. Das war alles andere als einfach. Mittlerweile haben wir ein neues Zuhause direkt über dem Café und wissen, dass wir in Sicherheit schlafen gehen können. Wir sind sehr glücklich hier und darüber, endlich unseren Weg gefunden zu haben, auch wenn noch sehr viel Arbeit vor uns liegt“, betont Sunita Lapa. Und nicht nur die Familie freut sich über ihren Wettiner Hof. Auch die Bewohner des Ortes sind froh, dass das Schmuckstück wieder zum Leben erweckt wird.
Kontakt:
Café Wettiner Hof
Marktplatz 1
06193 Wettin-Löbejün

3. Platz - Halbstern

Marcus Eiternick gründete 2024 sein Unternehmen „Halbstern“. Als Bankkaufmann arbeitete er vorher viele Jahre in einem Angestelltenverhältnis. „Ich habe jahrelang in einem Job gearbeitet, an dem ich im Laufe der Jahre immer weniger Freude und Motivation hatte. Also entschloss ich mich, das zu machen was ich schon immer wollte“, berichtet Marcus Eiternick. Schon als Kind liebte er es, zu malen und kreativ zu gestalten. Daneben gilt seine große Leidenschaft seiner Heimatstadt. Der gebürtige Hallenser hat es nie lange woanders ausgehalten. Diese beiden Vorlieben zu verbinden, war die Geburtsstunde des „Halbsterns“. Handgemachte Stadtsouvenirs bilden heute ein Standbein seines Unternehmens. Parallel dazu lässt sich der Junggründer gerade zum zertifizierten Gästeführer ausbilden.

Mit der richtigen Hilfe ans Ziel

Bevor der Halbstern im August 2024 offiziell wurde, nahm Marcus Eiternick ein Existenzgründungscoaching in Anspruch. „Vermutlich hätte ich die Gründung ohne das Coaching nicht geschafft. Allein wäre sie nie so reibungslos verlaufen. Ich würde jedem raten, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Viele Stolpersteine sieht man im Voraus nicht“, erinnert er sich. Einer dieser Stolpersteine erwartete ihn, nachdem er ein Patent auf seine Marke anmeldete. Für ein englisches Unternehmen klangen der eigene und der Markenname von Marcus Eiternick zum Verwechseln ähnlich. Mit einer Reihe von Nachweisen musste der Hallenser belegen, dass seine Profession nichts mit Veranstaltungen zu tun hat. Dank des Coachings bereitete ihm auch der Weg durch die deutsche Bürokratie wenig Probleme. Das Beantragen der Reisegewerbekarte allerdings war dann doch sehr aufwändig und zog sich über ein halbes Jahr.

Mut für Veränderungen

„Das Risiko zu scheitern ist immer da“, weiß Marcus Eiternick und fügt hinzu: „Aber mit der richtigen Hilfe tappt man in weniger Fallen. Man muss nur mutig für Veränderungen sein. Wichtig ist auch, abbiegen zu können. Starre Wege führen selten zum Erfolg. Flexibilität und Übung macht im Endeffekt den Meister.“ Für den Halbstern-Gründer ist das Wichtigste, in seinem Schaffen einen Sinn sehen zu können. „Ich denke, wenn man das gründet, was man wirklich will, dann funktioniert es auch“, resümiert der 41-Jährige.
Kontakt:
HALBSTERN
Schönitzstr. 13
06110 Halle (Saale)