Zugticket nur bei Datenpreisgabe

Wer bei der Deutschen Bahn ein günstiges „Spar“- oder „Super-Sparpreisticket“ buchen wollte, musste zwingend eine E-Mail-Adresse oder Handynummer angeben. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat diese Praxis mit Urteil vom 10.07.2025 – Az. 6 UKl 14/24 - als Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eingestuft.

Was hat das Gericht entschieden?

Die Deutsche Bahn gab „Spar“- oder „Super-Sparpreisticket“ nur digital aus. Auch beim Kauf am Schalter oder telefonisch über den Reiseservice mussten Kunden zwingend E-Mail-Adresse oder Handynummer angeben. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich hierbei um eine Verarbeitung personenbezogener Daten, für die keine ausreichende rechtliche Grundlage bestand. Für die Einwilligung fehlte es den Richtern aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der Bahn an der Freiwilligkeit der Kundenerklärung. Auch konnte sich die Deutsche Bahn nicht auf ein „berechtigtes Interesse“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO stützen.

Die Interessenabwägung im Datenschutzrecht

Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO erlaubt die Verarbeitung personenbezogener Daten, wenn dies zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und nicht die Interessen oder Grundrechte der betroffenen Person überwiegen. Das OLG Frankfurt stellte dazu fest:
  • Zwar kann die Bahn ein berechtigtes Interesse an der Kommunikation mit Fahrgästen geltend machen, etwa zur Information über Fahrplanänderungen.
  • Jedoch wiegt das Interesse der Reisenden, ein Ticket anonym oder mit möglichst wenig Datenspuren zu erwerben, ebenfalls schwer.
Die bloße Nützlichkeit oder eine bestmögliche Effizienz genügen nicht, eine Datenverarbeitung zu begründen.

Datenminimierung als ergänzender Prüfmaßstab

Bei der Interessenabwägung spielt der Grundsatz der Datenminimierung eine zentrale Rolle. Dieser ist in Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO verankert und besagt, dass personenbezogene Daten dem Zweck angemessen, erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen. Allgemein bedeutet das:
  • Eine Datenerhebung ist nur dann zulässig, wenn die Daten zur Erfüllung des Vertrages unbedingt erforderlich sind.
  • Sind die Daten nicht zwingend erforderlich, wird eine weitere Rechtsgrundlage benötigt. Dies könnte ein berechtigtes Interesse des Unternehmens oder eine Einwilligung des Kunden sein.
Für den Ausgangsfall ergeben sich dadurch folgende Konsequenzen:
  • Wenn der Ticketkauf auch ohne personenbezogene Kontaktdaten möglich ist, ist die Erhebung von E-Mail-Adresse oder Telefonnummer nicht erforderlich.
  • Die Pflichtangabe dieser Daten steht nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Datenminimierung.
  • Auch ein berechtigtes Interesse kann eine unnötige Datenerhebung nicht rechtfertigen, wenn weniger eingriffsintensive Alternativen bestehen – etwa ein optionales Kontaktdatenfeld. Da hilft auch eine mögliche Effizienzsteigerung nicht weiter, da diese die Kundeninteressen nicht überwiegt.
Damit zeigt das Urteil nicht nur die Bedeutung der Interessenabwägung, sondern auch, dass Unternehmen das datenschutzrechtlich notwendige Maß ihrer Datenerhebungen im Auge haben müssen.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Unternehmen, die personenbezogene Daten im Rahmen von Bestell- oder Anmeldeprozessen verarbeiten, sollten prüfen, ob sie sich auf ein „berechtigtes Interesse“ stützen können. Wichtig ist dabei:
  • Die Verarbeitung muss erforderlich sein.
  • Es darf keine mildere, weniger eingriffsintensive Alternative geben.
  • Die Interessen der betroffenen Personen sind sorgfältig abzuwägen.
  • Die Erhebung darf nicht über das notwendige Maß hinausgehen (Datenminimierung).
  • Die Entscheidung muss dokumentiert und begründbar sein.


Stand: 23. Juli 2025