Neue Vorgaben für Online-Veranstaltungen
Das Bundesfinanzministerium hat mit aktuellem Schreiben vom 8. August 2025 erneut zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Online-Veranstaltungen Stellung genommen und damit das bisherige Schreiben vom 29. April 2024 ersetzt.
Hintergrund war insbesondere die Kritik an der bisherigen Behandlung von Leistungskombinationen, die von der Finanzverwaltung zuvor als eigenständige Leistungen eigener Art eingestuft wurden. Diese Einordnung führte dazu, dass viele Veranstaltungen steuerpflichtig und mit dem Regelsteuersatz zu behandeln waren. Das neue Schreiben übernimmt zwar im Wesentlichen die bisherigen Grundsätze, bringt aber an entscheidenden Stellen praxisgerechtere Anpassungen und Flexibilisierung.
Unterscheidung zwischen Live-Übertragung und Aufzeichnung bleibt
Unverändert bleibt die zentrale Unterscheidung zwischen Live-Streaming und vorproduzierten Inhalten. Live-Übertragungen und hybride Formate, die in Echtzeit stattfinden und die Interaktion zwischen Veranstalter und Teilnehmer ermöglichen, können unter bestimmten Voraussetzungen steuerbefreit sein, etwa wenn es sich um Bildungs-, Kunst- oder Kulturleistungen handelt. Sofern keine Befreiung greift, kommt für digitale Eintrittsberechtigungen ein ermäßigter Steuersatz in Betracht. Vorproduzierte Inhalte wie aufgezeichnete Vorträge oder Videokurse gelten dagegen weiterhin als elektronische Dienstleistungen. Da sie individuell abrufbar sind und ausschließlich über das Internet übertragen werden, sind sie nicht steuerbefreit und auch nicht steuersatzermäßigt. Ebenso bestätigt das BMF seine bisherigen Ausführungen zur Dienstleistungskommission, wonach Steuerbefreiungen und -ermäßigungen auf jeder Stufe der Leistungskette gesondert zu prüfen sind.
Leistungskombinationen nicht mehr als einheitliche Leistung besteuert
Die wichtigste Änderung betrifft Leistungskombinationen, etwa wenn Teilnehmer einer Live-Veranstaltung zusätzlich Zugriff auf eine Aufzeichnung erhalten. Bislang wurde diese Kombination in aller Regel als einheitliche Leistung eigener Art betrachtet, die insgesamt steuerpflichtig war. Dieses starre Konzept wird nun aufgegeben. Stattdessen sollen die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung von Haupt- und Nebenleistungen, einheitlichen Leistungen und Leistungsbündeln angewandt werden. Maßgeblich ist damit das Gesamtbild aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers, nicht mehr allein die Preisgestaltung oder eine Entgeltaufteilung. Dadurch können auch Kombinationen von Live-Elementen und Aufzeichnungen steuerbefreit sein, sofern sie wirtschaftlich als einheitliche Live-Leistung erscheinen. Von besonderer Relevanz ist dies für Bildungs- und Gesundheitsleistungen.
Interaktive Online-Kurse können, ebenso wie klassische Präsenzformate, umsatzsteuerfrei sein, während aufgezeichnete Lernvideos oder automatisierte Übungen nicht unter die Steuerbefreiung fallen. Im Gesundheitsbereich gilt, dass Video-Sprechstunden mit direkter Interaktion als steuerfreie Heilbehandlung anerkannt werden, reine Informationsvideos dagegen nicht.
Die neuen Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für die Bestimmung des Leistungsorts gelten sie ab dem 1. Januar 2025. Gleichzeitig enthält das Schreiben eine großzügige Übergangsregelung: Bis zum 31. Dezember 2025 ist es zudem zulässig, wenn sich Unternehmer noch auf das alte BMF-Schreiben und die dortige Auslegung berufen, auch hinsichtlich des Vorsteuerabzugs.
Stand: 10. September 2025