Hinweisgeberschutzgesetz beschlossen

Am 16.12.2022 hat der Bundestag – am Ende überraschend schnell – das Hinweisgeberschutzgesetz zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie beschlossen. Die abschließende Bundesratsbefassung dieses zustimmungspflichtigen Gesetzes steht noch aus. Sie kann erst im nächsten Bundesratsplenum am 10.02.2023 stattfinden. Das Gesetz tritt drei Monate nach der Verkündung in Kraft. Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten haben insofern ab der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt drei Monate Zeit zur Umsetzung, für Unternehmen von 50 bis 249 Beschäftigten gibt es eine Übergangsfrist bis Dezember 2023.
Diese Richtlinie hätte eigentlich schon im Dezember 2021 umgesetzt sein müssen. Durch das Ende der letzten Legislaturperiode und aufgrund einer schwierigen Kompromissfindung in der Ampel hat es dann bis jetzt gedauert. Zuletzt hieß es, die Einigung im Rechtsausschuss werde voraussichtlich erst Anfang nächsten Jahres stattfinden, aber nun haben die Berichterstatter der Ampel doch schon schneller zusammengefunden, leider nicht mit einem besonders erfreulichen Ergebnis.
Am Regierungsentwurf gab es im Rechtsausschuss – und das hat dann auch der Bundestag am 16.12. so beschlossen – folgende Änderungen:
  • § 2 Ziff. 9 und 10: Ausweitung des sachl. Anwendungsbereichs auf DMA - wg. EU-Regelung im DMA nicht zu ändern. Die andere Ausweitung in Ziff. 10, dass auch Äußerungen von Beamtinnen und Beamten gemeldet werden können, die einen Verstoß ge-gen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen, war wohl spontan und ist den Reichs-bürgern geschuldet.
  • Anreize für interne Meldung: Nach § 7 Abs. 3 sollen Beschäftigungsgeber Anreize für interne Meldungen setzen, dürfen aber gleichzeitig externe Meldung nicht erschweren. Das ist für Unternehmen eine Gratwanderung, das Risiko liegt bei den Unternehmen. Das ist aus unserer Sicht schwierig. Es wäre wichtig gewesen, dass nicht gleich ein Bußgeld verhängt wird, wenn die Bußgeldbehörde das als Erschwerung des externen Meldewegs i. S. d. § 40 Abs. 2 Ziff. 1 beurteilt. Hier sollte seitens der Behörde erstmal mit einer Aufforderung zur Änderung innerhalb einer bestimmten Frist gearbeitet wer-den. Diese Anregung von uns ist aber leider weder bei den Bußgeldregelungen § 40 Abs. 2 Ziff. 2 bzgl. des Bußgelds bei fehlendem internen Meldekanal aufgenommen worden, noch im Zusammenhang mit der Anreizsetzung.
    Ergänzt wird der Anreiz zur internen Meldung noch durch Regelungen bei den externen Meldestellen in § 24 Abs. 2 am Ende und § 28 (nicht mehr bloße Sollvorschrift) – das ist positiv, aber eigentlich zu spät, da sich der Hinweisgeber dann schließlich schon an die externe Behörde gewandt hat.
    Insgesamt sind die Regelungen zur Anreizsetzung immerhin besser als im RegE.
  •  § 11 Abs. 5: Die Verlängerung der Löschfrist von 2 auf 3 Jahre.
  •  § 16: Pflicht zu anonymem Meldekanal: Theoretisch wäre auch ein Briefkasten als anonymer Meldekanal möglich gewesen, aber wegen der notwendigen Kommunikationsmöglichkeit scheidet dieser Weg aus. Das macht es insbesondere für KMU aufwendiger und teurer, da sie auf jeden Fall eine webbasierte Lösung oder eine Ombudsperson benötigen werden. Da hilft auch die Verlängerung der Übergangsfrist für die Einrichtung des anonymen Meldekanals bis zum 01.01.2025 nur bedingt. Wir hatten uns im Gesetzgebungsverfahren immer gegen eine Pflicht zur Einrichtung eines anonymen Meldekanals ausgesprochen und gefordert, dass Unternehmen selbst entscheiden sollen, ob sie einen anonymen Meldekanal einrichten wollen oder nicht.
  • Immerhin hat man sich in der Begründung nochmal positiv zur Konzernlösung geäußert. Das war uns sehr wichtig.
Der Bundestag hat darüber hinaus eine Entschließung angenommen, mit der die Bundesregierung unter anderem dazu aufgefordert wird, zu prüfen, ob hinreichend gewährleistet ist, dass hinweisgebende Personen bei der Meldung von Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie von sonstigem erheblichen Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt, hinreichend geschützt sind und nötigenfalls entsprechende Erweiterungen des sachlichen Anwendungsbereichs auf den Weg zu bringen.
Wichtig für Unternehmen ist jetzt, möglichst rasch mit den Vorbereitungen ihres Hinweisgebersystems zu beginnen, falls sie das noch nicht getan haben sollten.
Folgende Fragen sollten dringend angegangen werden:
  • Welche Meldekanäle will ich einrichten? Welche Personen im Unternehmen sollen die Bearbeitung eingehender Hinweise übernehmen? Schulung. Vertraulichkeit sicherstellen.
  • Beteiligung des Betriebsrats
  • Datenschutzrechtliche Anforderungen einhalten
  • Wie soll die Kommunikation zur Einführung des Hinweisgebersystems und dann weiterhin im laufenden Betrieb erfolgen? Schulung der Beschäftigten, Vertrauensbildung, Anreizsetzung für potenzielle Hinweisgeber, zunächst intern zu melden.
Sehen Sie die Pflicht zur Einführung eines Hinweisgebersystems nicht (nur) als Belastung, sondern als Chance, auf diesem Weg über Probleme in Ihrem Unternehmen zu erfahren und diese intern lösen zu können. Jede interne Meldung ist besser, als wenn sich ein Hinweisgeber direkt an eine externe Behörde oder gar an die Presse wendet. Je besser Ihr internes System ist und je höher die Anreize zur internen Nutzung, desto eher wird ein Hinweisgeber sein Wahlrecht zwischen interner und externer Meldung zugunsten der internen Meldung ausüben.