Zertifizierter WEG-Verwalter

Durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) wurde das Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) geändert und der sog. zertifizierte Verwalter eingeführt. Im Folgenden werden die rechtlichen Auswirkungen dieser Änderung für die Branche der Wohnimmobilienverwalter dargestellt.
  1. Direkte Folge der WEG-Änderung: Gesetzlicher Anspruch für Mitglieder der Eigentümergemeinschaft
Das WEG legt fest, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt. Dies betrifft das Grundstück und das Gebäude, soweit diese nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen. Soweit die Verwaltung und die Benutzung nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt sind, beschließen die Wohnungseigentümer eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung. Zur ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums gehört insbesondere die Bestellung eines zertifizierten Verwalters nach § 26a WEG (§ 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG).
Da jedes Mitglied der Eigentümergemeinschaft ein Recht auf eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung gemeinschaftlichen Eigentums hat, kann es die Bestellung eines zertifizierten Verwalters fordern (gesetzlicher Anspruch).
Dazu besteht ein Ausnahmefall. Die Bestellung eines zertifizierten Verwalters gehört nicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung, wenn
  • weniger als neun Sondereigentumsrechte bestehen,
  • ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt wurde und
  • weniger als ein Drittel der Wohnungseigentümer die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangt.
In diesem Fall kann die Bestellung eines zertifizierten Verwalters nicht einseitig gefordert werden. Es besteht kein Rechtsanspruch. Allerdings kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer dies einvernehmlich beschließen (freiwilliger Beschluss).
§ 19 Absatz 2 Nummer 6 ist ab dem 1. Dezember 2022 anwendbar (§ 48 Abs. 4 Satz 1 WEG). Ab diesem Zeitpunkt ist die Bestellung eines zertifizierten Verwalters Teil der ordnungsgemäßen Verwaltung und Benutzung. Die Bestellung eines zertifizierten Verwalters kann ab diesem Zeitpunkt aufgrund eines gesetzlichen Anspruchs von einem Mitglied der Eigentümergemeinschaft gefordert werden; es besteht dann ein zivilrechtlicher Anspruch.
  1. Mittelbare Folge für Erlaubnisinhaber
Unmittelbar betrifft die Rechtsänderung des WEG lediglich das Verhältnis der Wohnungseigentümer zu ihrer Eigentümergemeinschaft. Wohnimmobilienverwalter sind mittelbar betroffen, da die Rechtsänderung die Bestellung eines zertifizierten Verwalters als zivilrechtlich einklagbaren „Standard“ setzt und so eine mittelbar regulierende Wirkung auf die Branche hat.
Die Rechtsregime aus WEG und GewO sind streng voneinander zu trennen.
Zu beachten ist, dass die Änderung des WEG keine Auswirkungen auf die Gewerbeerlaubnis für Wohnimmobilienverwalter nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GewO hat. Weder ist eine Zertifizierung nach dem WEG eine Voraussetzung für die Erlaubniserteilung noch hat ihr Fehlen Auswirkungen auf eine bestehende Erlaubnis. Die IHK ist diesbezüglich wie auch bisher die zuständige Erlaubnisbehörde.
  1. Anforderungen an zertifizierte Verwalter
Als zertifizierter Verwalter darf sich bezeichnen, wer vor einer IHK durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt (§ 26a Abs. 1 WEG).
Nähere Bestimmungen über die Prüfung zum zertifizierten Verwalter können durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz festgelegt werden (§ 26a Abs. 2 WEG). Diese Regelung soll gewährleisten, dass bundeseinheitliche Standards für zertifizierte Verwalter gelten. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat bereits eine entsprechende Verordnung beschlossen (https://www.gesetze-im-internet.de/zertverwv/ZertVerwV.pdf ).
In der ZertVerwV werden
  • nähere Bestimmungen zu Inhalt und Verfahren der Prüfung;
  • Bestimmungen über das zu erteilende Zertifikat;
  • Voraussetzungen, unter denen sich juristische Personen und Personengesellschaften als zertifizierte Verwalter bezeichnen dürfen;
  • Bestimmungen, wonach Personen aufgrund anderweitiger Qualifikationen von der Prüfung befreit sind, insbesondere weil sie die Befähigung zum Richteramt, einen Hochschulabschluss mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt, eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Immobilienkaufmann oder zur Immobilienkauffrau oder einen vergleichbaren Berufsabschluss besitzen
festgelegt.
  1. IHK-Prüfung
IHK intern werden momentan Abstimmungen bezüglich der Prüfung zum zertifizierten Verwalter getroffen. Diese sollen schnellstmöglich angeboten werden. Über Termine informieren die Industrie- und Handelskammern, sobald diese feststehen.
  1. Befreiung von Prüfungspflicht
Für bestimmte Personen ist in § 7 ZertVerwV eine Befreiung von der Prüfungspflicht geregelt. Die dort genannten Personen dürfen sich als zertifizierte Verwalter bezeichnen, ohne eine IHK-Prüfung absolviert zu haben.
Einem zertifizierten Verwalter gleichgestellt ist, wer
  1. die Befähigung zum Richteramt,
  2. eine abgeschlossene Berufsausbildung zur Immobilienkauffrau oder zum Immobilienkaufmann, zur Kauffrau oder zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft,
  3. einen anerkannten Abschluss als Geprüfter Immobilienfachwirt/Geprüfte Immobilienfachwirtin oder
  4. einen Hochschulabschluss mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt
besitzt.
Gemäß 7 Abs. 1 Satz 2 ZertVerwV dürfen sich die genannten Personen als zertifizierte Verwalter bezeichnen. Dies gilt kraft Gesetzes. Eine entsprechende „IHK-Gleichstellungsbescheinigung“ sehen weder das Gesetz noch die ZertVerwV vor.
  1. Übergangsregelung
Das WEG enthält eine Übergangsregelung für Personen, die am 1. Dezember 2020 Verwalter einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer waren. Diese gelten gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bis zum 1. Juni 2024 als zertifizierter Verwalter (§ 48 Abs. 4 Satz 2 WEG). Das bedeutet, dass bis zum 1. Juni 2024 ein einzelner Wohnungseigentümer keinen Anspruch auf einen zertifizierten Verwalter geltend machen kann.
Dies gilt allerdings nur für das Verhältnis zur entsprechenden Gemeinschaft und nicht grundsätzlich für den Verwalter als Person. Dazu folgende Beispiele:
Beispiel 1:
Verwalter V ist seit dem 1. November 2020 Verwalter einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in der Bahnhofsstraße in Emden. Er hat keine Prüfung nach § 26a WEG abgelegt. Am 1 Januar 2023 fordert einer der Wohnungseigentümer die Bestellung eines zertifizierten Verwalters von der Eigentümergemeinschaft. Diese muss der Forderung nicht nachkommen. Nach § 48 Abs. 4 Satz 2 WEG gilt V bis zum 1. Juni 2024 als zertifizierter Verwalter.
Beispiel 2:
Derselbe Verwalter V wird am 1. Januar 2023 Verwalter einer neuen Gemeinschaft von Wohnungseigentümern. Dies ist wie bisher auch ohne Zertifizierung möglich. Da er für diese Gemeinschaft jedoch nicht bereits am 1. Dezember 2020 Verwalter war, kann es sein, dass einer der Eigentümer seinen Anspruch auf einen zertifizierten Verwalter nach § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG geltend macht. Die Eigentümergemeinschaft müsste diesem Verlangen nachkommen und einen zertifizierten Verwalter bestellen. V müsste dann seine Kenntnisse nach § 26a WEG nachweisen.
Stand: Anfang Mai 2022