Informationen zum Mutterschutz

Wird eine Arbeitnehmerin schwanger, stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, was er nun alles beachten muss bzw. welche Rechte und Pflichten nun bestehen. Rechtliche Grundlagen sind das Gesetz zum Schutze von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetz - MuSchG). Das Mutterschutzrecht regelt die Zeit während der Schwangerschaft sowie unmittelbar vor und nach der Entbindung.

Geltungsbereich des Mutterschutzgesetzes

Das Mutterschutzgesetz findet Anwendung,
  • wenn der Arbeitsort im Bundesgebiet liegt, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Arbeitsvertragsparteien;
  • in Betrieben und Verwaltungen aller Art sowie für Beschäftigte in Familienhaushalten und in der Landwirtschaft;
  • für Arbeitnehmerinnen unabhängig davon, ob sie in Voll- oder Teilzeit, zur Probe, zur Aushilfe, haupt- oder nebenberuflich beschäftigt sind; für Heimarbeiterinnen und ihnen Gleichgestellte sowie für Frauen, die zur Ausbildung beschäftigt sind oder sich in Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen befinden
  • seit dem 1. Januar 2018 auch auf Schülerinnen und Studentinnen, soweit die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt oder sie ein im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung verpflichtend vorgegebenes Praktikum (Pflichtpraktikum) ableisten.
Die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes sind zum Nachteil der Betroffenen nicht abdingbar. Die Aufsicht über die Ausführung der mutterschutzrechtlichen Vorschriften obliegt in Ostfriesland und Papenburg dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Emden.

Mitteilungs- und Benachrichtigungspflichten

a) Die Mitteilungspflicht der Schwangeren
Werdende Mütter sollen dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald sie Kenntnis davon haben (§ 15 Abs. 1 MuSchG). Ausreichend ist die Mitteilung, dass wahrscheinlich eine Schwangerschaft besteht. Diese Mitteilungspflicht wurde vom Gesetzgeber nicht als durchsetzbare Rechtspflicht gestaltet, sodass der Arbeitgeber aus einer Verletzung der Mitteilungspflicht in der Regel kein Recht herleiten kann.
Auf Verlangen des Arbeitgebers muss die Schwangere ein Zeugnis eines Arztes oder einer Hebamme über die Schwangerschaft und das voraussichtliche Datum der Entbindung vorlegen (§ 15 Abs. 2 MuSchG). Die Kosten für das Zeugnis trägt der Arbeitgeber, soweit der Schwangeren tatsächlich Kosten entstanden sind; dies ist nicht der Fall, wenn sie gesetzlich versichert ist. Um Unklarheiten wegen des voraussichtlichen Entbindungstermins und des Beginns des Mutterschutzes zu vermeiden, empfiehlt sich, immer ein schriftliches Zeugnis zu verlangen.
b) Benachrichtigungspflicht des Arbeitgebers
Von der Mitteilung der Schwangeren hat der Arbeitgeber gemäß § 27 MuSchG unverzüglich die Aufsichtsbehörde zu benachrichtigen. Die Ansprechpartner beim Gewerbeaufsichtsamt Emden finden Sie hier.
Betriebsintern dürfen nur Personen informiert werden, die mit der Durchführung der mutterschutzrechtlichen Vorschriften direkt in Berührung kommen. Eine darüber hinaus gehende Weitergabe der Information an Dritte ist wegen des Persönlichkeitsrechts der Schwangeren ohne deren Zustimmung verboten.

Gesundheitsschutz

a) Schutzfristen
Werdende Mütter dürfen in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigt werden, es sei denn, dass sie sich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären. Diese Erklärung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden (§ 3 Abs. 1 MuSchG).
Nach der Entbindung besteht ein Beschäftigungsverbot für acht Wochen; bei Früh- und Mehrlingsgeburten verlängert sich die Frist auf zwölf Wochen (§ 3 Abs. 2 MuSchG). Bei vorzeitigen Entbindungen verlängern sich die Fristen um den nicht in Anspruch genommenen Teil. Dieser wird nach der Geburt hinzugerechnet.
Beispiel:
Entbindungstag laut Zeugnis: Dienstag, 6. November 2018
Schutzfrist ab: Dienstag, 25. September 2018
Beschäftigungsverbot bis: Dienstag, 1. Januar 2019 bzw. Dienstag, 29. Januar 2019 bei Mehrlings-/ Frühgeburt
b) Beschäftigungsverbot laut ärztlichem Attest
Unabhängig von den Schutzfristen vor und nach der Entbindung dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Gesundheit von Mutter und Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist (§ 16 Abs. 1 MuSchG). Das ärztliche Zeugnis muss das Beschäftigungsverbot, seinen Umfang sowie die Gründe konkret bezeichnen. Aus dem Attest muss präzise hervorgehen, welche Arbeiten die Schwangere noch verrichten kann.
Frauen, die in den ersten Monaten nach der Entbindung nach ärztlichem Zeugnis nicht voll leistungsfähig sind, dürfen nicht zu einer ihre Leistungsfähigkeit übersteigenden Arbeit herangezogen werden (§ 16 Abs. 2 MuSchG).

Gefahrenschutz

a) Gestaltung des Arbeitsplatzes
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitsplatz und den Arbeitsablauf so zu gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes möglichst vermieden werden (§ 9 Abs. 2 MuSchG). Der Arbeitgeber hat zudem sicherzustellen, dass die schwangere oder stillende Arbeitnehmerin ihre Tätigkeit am Arbeitsplatz, soweit es für sie erforderlich ist, kurz unterbrechen kann. Er hat darüber hinaus sicherzustellen, dass sich die schwangere oder stillende Arbeitnehmerin während der Pausen und Arbeitsunterbrechungen unter geeigneten Bedingungen hinlegen, hinsetzen und ausruhen kann (§ 9 Abs. 3 MuSchG).
b) Verbotene Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen
Werdende Mütter dürfen nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Staub, Gasen oder Dämpfen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Erschütterungen oder Lärm ausgesetzt sind (§ 11 MuSchG). Einen Katalog von verbotenen Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen enthält § 11 MuSchG. Als Beispiele seien Arbeiten genannt,
  • bei denen regelmäßig Lasten von mehr als fünf Kilogramm oder gelegentlich Lasten von mehr als zehn Kilogramm Gewicht von Hand (ohne mechanische Hilfsmittel) gehoben werden müssen
  • bei denen sich die Schwangere häufig erheblich strecken oder beugen müssen oder bei denen sie sich dauernd hocken oder sich gebückt halten muss
  • bei denen eine erhöhte Unfallgefahr gegeben ist.
Verbotene Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für stillende Frauen ergeben sich aus § 12 MuSchG.
Schwangere und stillende Frauen dürfen zudem nicht mit Akkordarbeit und sonstigen Arbeiten, bei denen durch ein gesteigertes Arbeitstempo ein höheres Entgelt erzielt werden kann, oder mit Fließbandarbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo beschäftigt werden (§ 11 Abs. 6 und 12 Abs. 5 MuSchG).
Außerdem besteht für schwangere und stillende Frauen ein Verbot für Mehrarbeit (§ 4 Abs. 1 MuSchG) sowie Nachtarbeit (§ 5 Abs. 1 MuSchG) in der Zeit von 20 bis 6 Uhr. Bis 22 Uhr dürfen schwangere und stillende Frauen beschäftigt werden, wenn die Voraussetzungen des § 28 MuSchG erfüllt sind.
Hiernach darf das Gewerbeaufsichtsamt eine Beschäftigung zwischen 20 Uhr und 22 Uhr genehmigen, wenn
  • sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
  • nach ärztlichem Zeugnis nicht gegen die Beschäftigung der Frau bis 22 Uhr spricht und
  • insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die Mutter oder das Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
Die Beschäftigte kann ihr Einverständnis, zwischen 20 und 22 Uhr arbeiten zu wollen, jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.
Sonn- und Feiertagsarbeit ist für schwangere Frauen ebenfalls grundsätzlich verboten. Für verschiedene Branchen (Verkehrswesen, Gast- und Schankwirtschaften, Beherbergungswesen, Familienhaushalte, Krankenpflege- und Badeanstalten, für Musik- und Theateraufführungen) bestehen Ausnahmeregelungen, wenn
  • sich die Frau ausdrücklich bereit erklärt,
  • eine Ausnahme nach § 10 ArbZG zugelassen ist,
  • der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
  • insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
Die Beschäftigte kann ihr Einverständnis, an Sonn- und Feiertagen arbeiten zu wollen, jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.
Um den Ausfall einer Mutter während des Mutterschutzes zu kompensieren, können gemäß § 21 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) befristete Ersatzkräfte eingestellt werden.
c) Stillzeit
Stillenden Müttern ist während der ersten zwölf Monate nach der Entbindung die zum Stillen erforderliche Zeit, mindestens aber zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde, freizustellen. Durch die Gewährung der Stillzeit darf ein Verdienstausfall nicht eintreten (§ 23 Abs. 1 MuSchG).
d) Entgelt- und Entgeltersatzansprüche
Um mutterschutzbedingte Einkommenseinbußen zu vermeiden, stehen schwangeren und stillenden Frauen folgende Ansprüche zu:
  • bezahlte Pausen für Vorsorgeuntersuchungen und zum Stillen
  • Zahlung von Mutterschutzlohn
  • Entgeltersatz für die Zeit der Schutzfristen vor und nach der Entbindung sowie für den Entbindungstag (z.B. Mutterschaftsgeld und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld (sog. Arbeitgeberzuschuss).
Arbeitgeber bekommen ihre Aufwendungen bei Mutterschaft ihrer Mitarbeiterin (insbes. Mutterschutzlohn und Arbeitgeberzuschuss) in vollem Umfang ausgeglichen. Sie nehmen dafür an einem allgemeinen Umlageverfahren der Krankenkassen (das sog. U2-Verfahren) teil. Voll erstattet werden sowohl die Arbeitgeberzuschüsse zum Mutterschaftsgeld als auch das Entgelt, das als Mutterschutzlohn bei Beschäftigungsverboten gezahlt wird (siehe auch unter 6.).

Kündigungsschutz

Für den Arbeitgeber besteht ein Kündigungsverbot ab Beginn der Schwangerschaft bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung, § 17 Abs. 1 MuSchG.
Eine Kündigung ist verboten und damit unwirksam, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Unzulässig ist jegliche Art von Kündigung, gleichgültig ob es sich um eine ordentliche, außerordentliche oder Änderungskündigung handelt. Der Kündigungsschutz wirkt auch in der Probezeit.
Hat der Arbeitgeber entgegen einem bestehenden Kündigungsverbot gekündigt, so ist er zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet, wenn er die Arbeitnehmerin nicht weiterbeschäftigt und so in Annahmeverzug gerät.
In seltenen Ausnahmefällen kann gem. § 17 Abs. 2 MuSchG das Gewerbeaufsichtsamt als Aufsichtsbehörde auf Antrag des Arbeitgebers eine Kündigung zulassen. Das Vorliegen einer solchen Ausnahme wurde bisher bejaht bei einer Existenzgefährdung des Arbeitgebers, bei einer Stilllegung des Betriebs oder eines Betriebsteils ohne Umsetzungsmöglichkeit für die Arbeitnehmerin und bei strafrechtlichen Verfehlungen der Arbeitnehmerin.
Die Kündigung kann in diesen Fällen erst nach der Zustimmungserklärung der Behörde ausgesprochen werden.
Dem Kündigungsverbot unterliegen nicht sonstige Beendigungstatbestände des Arbeitsverhältnisses, so beispielsweise:
  • wirksame Befristung des Arbeitsvertrages
  • einvernehmlicher Aufhebungsvertrag
  • Kündigung durch die Schwangere.
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Finanzielle Leistungen

a) Mutterschaftsgeld
Für die Zeiten der Schutzfristen erhalten Frauen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, auf Antrag von der Krankenkasse Mutterschaftsgeld bis zur Höhe von 13 Euro kalendertäglich.
Frauen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, jedoch bei Beginn der Schutzfristen in einem Arbeitsverhältnis stehen, erhalten auf Antrag Mutterschaftsgeld in Höhe von maximal 210 Euro zu Lasten des Bundes vom
Bundesversicherungsamt
(Mutterschaftsgeldstelle)
Friedrich-Ebert-Allee 38
53113 Bonn
Telefon 0228 619-1888
mutterschaftsgeldstelle@bva.de
b) Arbeitgeberzuschuss
Bei einem höheren durchschnittlichen Nettoverdienst hat der Arbeitgeber zur Sicherung des Lebensstandards der Beschäftigten gemäß § 20 MuSchG zum Mutterschaftsgeld einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen diesem und dem durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt zu zahlen. Das durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt ist aus den drei letzten abgerechneten Kalendermonaten zu berechnen. Der Zuschuss ist zum gleichen Termin auszuzahlen wie vorher das Arbeitsentgelt.
c) Mutterschutzlohn
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Arbeitnehmerinnen, die wegen eines Beschäftigungsverbotes teilweise oder völlig mit der Arbeit aussetzen müssen, den Einkommensverlust auszugleichen. Der Mutterschutzlohn berechnet sich nach dem Durchschnittsverdienst der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft.
Auf Antrag erstatten die Krankenkassen den Arbeitgebern den Mutterschutzlohn zu 100 Prozent.

Erholungsurlaub

Für den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub und dessen Dauer gelten die Ausfallzeiten wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote als Beschäftigungszeiten. Hat die Frau ihren Urlaub vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhalten, so kann sie nach Ablauf der Fristen den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.