Versicherungsvertreter als Makler

Auch ein Versicherungsvertreter schließt einen Versicherungsmaklervertrag ab, wenn er dem Kunden gegenüber wie ein Versicherungsmakler auftritt und mit ihm die Leistungen eines Versicherungsmaklers vereinbart. Dass die Erklärungen des Vermittlers als Angebot auf Abschluss eines Versicherungsmaklervertrages auszulegen sind, kann sich aus dem auf die Betreuung und Beratung des Kunden gerichteten Verhalten des Vermittlers im Vorfeld der Beantragung des Versicherungsschutzes ergeben.
Kommt es aufgrund der Ablehnung eines Versicherungsvertrages durch einen Versicherer nicht zur Deckung des Versicherungsbedarfes des Kunden, verletzt der Versicherungsmakler seine vertraglichen Pflichten, wenn er für den Kunden nicht umgehend ein möglichst gleichwertiges Angebot eines anderen Versicherers einholt und ihm zum Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrages rät.
Der Versicherungsmakler haftet für den fehlenden Versicherungsschutz des Kunden. Beim Eintritt eines Versicherungsfalls muss der Makler den Betrag des Schadens ersetzen, den der Kunde bei einer bestehenden Versicherung als Leistung des Versicherers erhalten hätte.
In dem folgendem Fall möchten wir Ihnen verdeutlichen, wie es dazu kommen kann:
Ein selbständiger Versicherungsvertreter, der für eine Vertriebsgesellschaft Bausparverträge und Lebensversicherungen vermittelt, reichte gelegentlich über die Agentur seines Vaters Verträge ein.
Versicherungsvertreter oder Makler?
Der geschädigte Kunde war Inhaber einer Pizzeria, in welcher der o. g. Versicherungsvertreter seit Jahren verkehrte. Eines Tages unterhielten sie sich auch über Versicherungen. Dabei erwähnte der Vermittler, dass er sich beruflich verändert habe und nun als selbstständiger Versicherungsmakler tätig sei. Das führte dazu, dass der Kunde den Sachversicherungsvertrag für seine Gaststätte kündigte und durch Vermittlung des Vermittlers einen neuen Vertrag bei einem anderen Versicherer abschloss. Die entsprechende Deckungsaufgabe sowie den dazugehörigen Gastgewerbe-Fragebogen unterzeichnete der Vermittler im Beisein des Kunden selbst. Auch sonst gab er sich dem Kunden gegenüber den Anschein, als Versicherungsmakler und nicht als Versicherungsvertreter tätig zu sein, etwa durch Verwendung eines Firmenstempels mit dem Abdruck „Wirtschaftskanzlei / Versicherungen aller Art”.
Nicht angenommener Antrag
Dies ging so lange gut, bis sich der Kunde durch den Vermittler eine Hausratversicherung für seine Wohnung vermitteln lassen wollte. Im Rahmen dieses Vertrages sollte unter anderem Schmuck in nicht unerheblichem Wert versichert werden. Der Kunde bat den Vermittler daher, ihm einen von Hausratversicherern akzeptierten Tresor zu besorgen und den Wert des Schmucks durch ein Fachunternehmen schätzen zu lassen. Nachdem er diese Aufgaben erledigt hatte, reichte der Vermittler einen Hausratversicherungs-Antrag über die Agentur seines Vaters ein. Bereits wenige Tage später erfuhr er jedoch, dass der Versicherer den Antrag wegen des hohen Versicherungswerts des Schmucks nicht annehmen werde. Doch anstatt dem Kunden zu benachrichtigen und sich um einen anderen Versicherer zu bemühen, unternahm der Vermittler nichts.
Fatale Nachlässigkeit
Denn wenige Monate später wurde der Kunde Opfer eines Wohnungseinbruchs. Dabei entstand ein Schaden in Höhe von weit mehr als 30.000 Euro. Erst bei dieser Gelegenheit erfuhr der Kunde, dass der von dem Vermittler eingereichte Hausratversicherungs-Antrag nie angenommen wurde und folglich kein Versicherungsschutz bestand. Er verklagte den Vermittler daher auf Zahlung von Schadenersatz. Zu Recht, meinten die Richter des Hammer Oberlandesgerichts. Sie gaben der Klage in vollem Umfang statt.
Maklervertrag
Nach Ansicht des Gerichts haben die Parteien durch „schlüssiges Handeln” einen Maklervertrag geschlossen. Die sich daraus ergebenden Pflichten hat der Vermittler verletzt, indem er dem Kunden weder darüber informierte, dass der Hausratversicherer den Vertrag nicht angenommen, noch dass er sich um anderweitigen Versicherungsschutz bemüht hat. Bei der Beurteilung der Frage, ob zwischen dem Kunden und dem Vermittler ein Maklervertrag zustande gekommen ist, kommt es nach Meinung der Richter ausschließlich auf die Rechtsbeziehung zwischen den Streitparteien an. Nicht entscheidend sind hingegen etwaige vertragliche Beziehungen zwischen dem Beklagten und Versicherern.
„Denn auch ein Versicherungsvermittler, der im Verhältnis zu den Versicherern Versicherungsagent oder Mehrfachagent ist, kann als Versicherungsmakler auftreten und mit dem Versicherungsnehmer Maklerverträge schließen mit der Folge, dass er für Pflichtverletzungen aus dem Vertrag selbst einzustehen hat”, so das Gericht wörtlich in seiner Urteilsbegründung.
Volle Verantwortung
Nach Überzeugung der Richter hat der Vermittler aufgrund seines Verhaltens und seines Auftretens dem Kunden gegenüber eindeutig den Eindruck erweckt, als Versicherungsmakler tätig zu sein. Daran hat er sich messen zu lassen. Für durch ihn verursachte Fehler ist er daher in gleichem Maße verantwortlich wie ein Versicherungsmakler. Er hat dem Kunden den entstandenen Schaden daher in vollem Umfang zu ersetzen.
Kein Mitverschulden
Dem Vorwurf des Vermittlers, dass der Kunde den Schaden zumindest mitverschuldet hat, wollte das Gericht nicht folgen. Der Kunde hatte zwar nach der Antragstellung keinen Versicherungsschein und keine anderweitige Bestätigung über den Versicherungsschutz erhalten, aber nach Meinung des Gerichts war der Kunde weder dazu verpflichtet, sich bei dem Beklagten danach zu erkundigen, ob Versicherungsschutz besteht, noch musste er aus dessen Schweigen schließen, nicht versichert zu sein. Er durfte wegen des Auftretens des Vermittlers als Makler vielmehr darauf vertrauen, dass ihn dieser davon in Kenntnis setzen werde, wenn der Versicherungsvertrag trotz des Antrags nicht zustande kommt. Da er keine anderslautende Nachricht erhalten hatte, durfte er folglich davon ausgehen, dass der Versicherungsvertrag wie beantragt zustande gekommen war.
Was empfiehlt die IHK?
Auch wenn die Urteilsbegründung des Gerichtes lautet, dass Versicherungsvertreter durchaus Maklerverträge schließen können, sollten Sie das nicht nur aus Haftungsgründen vermeiden. Sie müssen auch darauf achten, dem Kunden beim ersten Geschäftskontakt nach § 11 Versicherungsvermittlerverordnung (VersVermV) ihre genaue Tätigkeitsart mitzuteilen, mit der Sie auch im Versicherungsvermittlerregister eingetragen sind (Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler). Schon alleine der Verstoß gegen diese Pflicht gilt nach § 18 VersVermV als Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße bis zu 2.500 Euro geahndet werden.