Keine Dienstreise ohne A1-Bescheinigung
Wenn im Ausland ein Auftrag mit eigenem Personal abgewickelt werden soll, müssten eigentlich sowohl in Deutschland als auch im Zielland Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Um diese Doppelbelastung zu vermeiden, sehen EU-Regelungen vor, dass bei einer Entsendung innerhalb der EU, nach Norwegen, Liechtenstein, in die Schweiz und nach Island von einer doppelten Belastung abgesehen werden kann, wenn eine A1-Bescheinigung vorliegt.
Was ist die A1-Bescheinigung?
In der EU gilt das sogenannte Territorialprinzip. Das bedeutet, dass für eine erwerbstätige Person die Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit des Mitgliedstaats gelten, in dem sie ihre Erwerbstätigkeit ausübt. Sobald von diesem Grundsatz abgewichen wird, ist dies mit einer A1-Bescheinigung zu dokumentieren. Beispiele hierfür sind die Entsendung in einen anderen EU-Staat oder die gewöhnliche Erwerbstätigkeit in mehreren EU-Staaten. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, jede grenzüberschreitende Tätigkeit ihrer Mitarbeiter anzuzeigen und vor Beginn der Auslandstätigkeit eine A1-Bescheinigung als Nachweis über den Sozialversicherungsschutz zu beantragen.
Auf welcher rechtlichen Grundlage beruht die A1-Bescheinigung?
Die Erfordernis einer A1-Bescheinigung leitet sich aus der EU-Verordnung (EG) 883/2004 ab. Diese Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit regelt in Artikel 11, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt. Dies würde bedeuten, dass bei jeder Tätigkeit außerhalb dieses Mitgliedstaats eine Anmeldung im Sozialsystem des Ziellandes erfolgen müsste. Abhilfe schafft Artikel 12 der Verordnung, der die dieses Erfordernis aushebelt. Die Ausnahme besagt, dass Arbeitnehmer und Selbständige weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats unterliegen, sofern die voraussichtliche Dauer der Tätigkeit 24 Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere Person ablöst. Der Nachweis hierfür (Weitergeltung der deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit) wird durch die Bescheinigung A1 erbracht.
Da es keine weiteren Präzisierungen, Definitionen oder Ausnahmen zu Artikel 12 gibt, gilt die Erfordernis bei jedem Auslandsaufenthalt – ohne die Festlegung zeitlicher Untergrenzen hinsichtlich der Dauer des Aufenthalts. Auch die Teilnahme an Konferenzen oder Seminaren, also jeder beruflich bedingte Grenzübertritt, erfordert die Mitführung einer A1-Bescheinigung.
Für welche Länder gilt die A1-Bescheinigung?
Die A1-Bescheinigung wird für die Staaten der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Liechtenstein, Norwegen) und der Schweiz benötigt.
Für weitere Staaten, mit denen Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat, gibt es eine vergleichbare Bescheinigung. Eine Übersicht dieser bilateralen Abkommen hat die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland auf ihrer Internetseite zusammengestellt.
Wo wird die A1-Bescheinigung beantragt?
Der Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung ist grundsätzlich bei der Krankenkasse zu stellen. Ist der Arbeitnehmer privat krankenversichert, ist die Deutsche Rentenversicherung für den Antrag zuständig. Soweit dieser Arbeitnehmer zusätzlich berufsständisch versorgt ist, ist der Antrag an die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen zu senden.
Für Arbeitnehmer muss die Bescheinigung auf elektronischem Wege beantragt werden. Dies geschieht in der Regel über ein entsprechendes systemgeprüftes Lohnabrechnungsprogramm. Alternativ kann der Antrag über die Internetseite sv.net (“Sozialversicherung im Internet") gestellt werden.
Selbständige und Personen, die gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten der EU beschäftigt sind, stellen den Antrag in Papierform bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA).
Als gewöhnliche Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten der EU gilt, dass die Person über einen Zeitraum von 12 Monaten betrachtet in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten mindestens an einem Tag im Monat oder an mindestens fünf Tagen im Quartal wenn auch nur stundenweise, z.B. zum Be- und Entladen, im Ausland tätig ist.
Die schriftliche Beantragung der A1-Bescheinigung erfolgt über das Formular GME1 „Beschäftigung bei einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber in mehreren Mitgliedstaaten“. Dieses kann bei der DVKA abgerufen werden.
Bei kurzfristigen oder kurzzeitigen (bis zu einer Woche) Dienst- oder Geschäftsreisen kann die A1-Bescheinigung grundsätzlich nachgereicht werden. Es empfiehlt sich jedoch, die nationalen Vorschriften und Bestimmungen der Zielstaaten zu beachten. Einige EU-Mitgliedstaaten haben ihre nationalen Vorschriften zur Bekämpfung von Sozialdumping und Schwarzarbeit verschärft und schreiben aufgrund dieser nationalen Bestimmungen die Beantragung einer Bescheinigung A1 vor Beginn einer entsandten Tätigkeit in diese Länder zwingend vor. Dies betrifft insbesondere Frankreich und Österreich.
Seit dem 1. Januar 2020 wird im elektronischen Beantragungsverfahren nach Absenden des Antrags vom Entgeltabrechnungsprogramm ein Antragsnachweis erstellt. Dieser dient als Beleg dafür, dass der Arbeitgeber vor Beginn der Auslandsbeschäftigung einen Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung gestellt hat. Sollten Mitarbeiter die Bestätigung also nicht rechtzeitig zur Auslandsreise erhalten, so empfiehlt es sich, den Antragsnachweis mitzuführen.