IHK-Konjunkturbericht Herbst 2025
Dauerkrise statt Aufbruch – Strukturprobleme bremsen Wirtschaft aus
Düsseldorf, 21. Oktober 2025: Die Wirtschaftslage in der Region Düsseldorf/Mittlerer Niederrhein bleibt im Herbst 2025 trüb. Der Geschäftslageindex ist weiterhin im negativen Bereich, und die Betriebe blicken eher pessimistisch in die Zukunft. Dies geht aus dem aktuellen Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammern Düsseldorf und Mittlerer Niederrhein hervor. „Die Wirtschaft in unserer Region kämpft nicht mit hausgemachten Problemen, sondern mit massiven Belastungen durch globale Krisen und wirtschaftspolitische Versäumnisse auf Bundesebene“, warnt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf. „Die Unternehmen stoßen an Belastungsgrenzen – das gilt für Energiepreise, Bürokratie und zunehmend auch für die Arbeitskosten. Wenn die Politik nicht gegensteuert, droht ein weiterer Verlust an Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen.“ Der Konjunkturbericht basiert auf einer Umfrage, an der sich bis Ende September knapp 750 Unternehmen mit gut 60.000 Beschäftigten beteiligt haben.
Die wirtschaftliche Stimmung in der Region bleibt im Herbst 2025 gedrückt. Anhaltende Unsicherheit und schwierige Rahmenbedingungen prägen die Lage. Der Geschäftslageindikator sinkt auf minus 12 Punkte, liegt damit einen Punkt unter dem Vorjahreswert und auf einem Fünf-Jahres-Tief. Auch die Geschäftserwartungen trüben sich weiter ein. Sie liegen nun bei minus 8,3 Punkte, nach minus 2,7 Punkte vor einem Jahr. „Statt einer Trendwende geraten wir eher in eine Art Dauerkrise“, kommentiert Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, die Zahlen.
Die Konjunkturumfrage macht deutlich, welche Risiken die Unternehmen derzeit am stärksten belasten: an erster Stelle die schwache Inlandsnachfrage (57,6 Prozent), gefolgt von hohen Arbeitskosten (49,5 Prozent) und Energiepreisen (42,6 Prozent). Besonders besorgniserregend ist aus Sicht der IHKs, dass sich die schlechte Lage manifestiert hat. Etwa ein Drittel der Unternehmen bewertet die aktuelle Lage kritisch – 80 Prozent dieser Betriebe erwarten keine Besserung in den kommenden Monaten. Selbst unter den Unternehmen mit stabiler oder befriedigender Geschäftslage herrscht allenfalls verhaltener Optimismus.
Die Lage am Arbeitsmarkt verschlechtert sich weiter. Die Beschäftigungserwartungen sind auf minus 11,7 Punkte gefallen – ein Wert, der nur während der Corona-Pandemie noch schlechter war. Das zeigt: Deutlich mehr Unternehmen planen Personalabbau als Neueinstellungen, zudem kürzen die Unternehmen als Folge der angespannten Lage Investitionspläne.
Mindestlohn wird zum zusätzlichen Kostentreiber
Ein zusätzlicher Belastungsfaktor für viele Betriebe ist die geplante, sukzessive Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns ab Januar 2026. Laut Umfrage sehen sich 60 Prozent der Betriebe gezwungen, darauf zu reagieren: Rund ein Viertel muss Mindestlöhne direkt anheben, knapp 35 Prozent wollen höhere Lohngruppen anpassen, 34 Prozent planen Preiserhöhungen, zehn Prozent rechnen mit Personalabbau und drei Prozent mit einer Einschränkung ihres Leistungsangebots. Besonders betroffen sind kleine Unternehmen sowie die Branchen Einzelhandel und Baugewerbe, die ohnehin mit engen finanziellen Spielräumen arbeiten. „Der Mindestlohn darf nicht zum Beschäftigungsrisiko werden“, mahnt Steinmetz. „Wenn Unternehmen die steigenden Kosten nicht durch Produktivität oder Preise ausgleichen können, stehen Jobs und Wertschöpfung auf dem Spiel.“
Industrierezession hält an – Baubranche leicht entlastet
Die Lage der verschiedenen Branchen zeigt ein differenziertes, aber insgesamt schwieriges Bild. Die Industrierezession setzt sich fort: Seit nunmehr eineinhalb Jahren überwiegt der Anteil der Unternehmen in schlechter Geschäftslage deutlich gegenüber jenen in guter. Ein so langer Zeitraum war zuletzt nach dem Platzen der New-Economy-Blase Anfang der 2000er zu beobachten.
Besonders hart trifft die aktuelle Lage die exportorientierten Industriebetriebe. Sie leiden unter der Kombination aus sinkender internationaler Wettbewerbsfähigkeit, geopolitischen Spannungen und anhaltenden Handelskonflikten. Die traditionellen Stärken des deutschen Wirtschaftsmodells – hochwertige Industrieproduktion und starke Exportorientierung – erweisen sich im Zuge der Entwicklung des globalen Handels und der handelspolitischen Weichenstellungen maßgeblicher Akteure als zunehmend weniger tragfähig. In vielen Betrieben sind die finanziellen Polster inzwischen aufgebraucht. Auch für die kommenden zwölf Monate rechnen mehr Industrieunternehmen mit einem Absatzrückgang im In- und Ausland als mit einer Belebung. „Mir macht es Sorgen, dass die energieintensiven Branchen eine nochmals verschlechterte Lage melden“, so Steinmetz. „Diese Branchen, wie die Chemische Industrie, sind seit langer Zeit industrielle Leitbranchen unserer Region.“
Im Baugewerbe deuten sich hingegen erste leichte Entlastungen an: Kommunale Investitionen und Programme zur Modernisierung der Infrastruktur sorgen für eine vorsichtige Stabilisierung, wenngleich das Niveau weiterhin unter dem langjährigen Durchschnitt liegt. Ermutigender Faktor ist, dass die Betriebe Hoffnungen auf Impulse aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz haben. Die Industrie- und Handelskammern sind allerdings skeptisch, was die Wirkung des Sondervermögens betrifft. „Die Haushaltspläne des Bundes für 2025 und 2026 lassen befürchten, dass der ursprünglich gewünschte Effekt verpufft, weil Investitionsmittel aus dem Kernhaushalt in das Sondervermögen verschoben werden, um konsumtive Ausgaben zu finanzieren“, sagt Steinmetz.
Der Einzelhandel leidet unter Kaufzurückhaltung und steigenden Lohnkosten, während der Dienstleistungssektor Licht und Schatten zeigt – stabile Auftragslagen in Beratungs- und Ingenieurbüros stehen schwacher Nachfrage in Logistik und Transport gegenüber.
Die IHKs Düsseldorf und Mittlerer Niederrhein sehen daher dringenden Handlungsbedarf auf Bundesebene. Ohne wirtschaftspolitische Strukturreformen wird es schwer, den Abwärtstrend zu stoppen. Zwar wurde jüngst die Bürgergeldreform ausgehandelt, dennoch gefährden steigende Kosten, globale Unsicherheiten und strukturelle Standortnachteile weiterhin die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe nachhaltig. „Wir haben kein kurzfristiges Konjunkturproblem – wir haben ein Problem der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“, fasst Gregor Berghausen zusammen. „Nur wenn die Politik entschlossen handelt, können Unternehmen wieder investieren, Arbeitsplätze sichern und Wachstum schaffen.“