Brexit

Verhandlungsergebnis: EU-UK Freihandelsabkommen und mehr

Am 24. Dezember 2020 wurde nach monatelangen Verhandlungen ein Abkommen vereinbart, welches unter anderem ein Freihandelsabkommen beinhaltet. Es trat zum 1. Mai 2021 endgültig in Kraft und konnte vorher provisorisch angewandt werden (Unterlagencodierungen und Details für deutsche Zollanmeldungen hier; für britische Zollanmeldungen hier).

Inhalte des gesamten Abkommens

Die Inhalte des Abkommens sind:
  • Ein neues Freihandelsabkommen
  • Das bereits vereinbarte Austrittsabkommen, welches insbesondere die Behandlung Nordirlands in zollrechtlichen und praktischen Fragen (ausbleibende Grenzkontrollen auf der irischen Insel) regelt 
  • Ein Kooperationsabkommen für ökonomische, soziale, umweltzentrierte und fischereizentrierte Fragen
  • Eine Partnerschaft zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger (bspw. zu Geldwäschefragen und Datenschutz)
  • Eine Vereinbarung über die sogenannte Governance (also welche Mechanismen eingerichtet werden, die die Einhaltung und Auslegung des Abkommens beispielsweise bei auftretenden Fragen oder Streitigkeiten kontrollieren und definieren)
  • Begleitende Klarstellungen zu den in den Abkommen nicht geregelten Fahrern, beispielsweise für die freie Fahrt von LKW-Fahrern

Warenverkehr: Inhalte und Anwendung des Freihandelsabkommens

Zolltarif

Das Freihandelsabkommen beinhaltet einen Zolltarif mit einem durchgängigen Zollsatz von Null Prozent für Ursprungswaren aus der EU oder aus dem Vereinigten Königreich (siehe folgende Absätze unter „Ursprungsregeln“). Dies geht über andere EU-Freihandelsabkommen hinaus. Für Waren anderer Ursprünge wurden zusätzliche Vereinbarungen getroffen, die jedoch keine Auswirkungen auf die Zollsätze dieser Waren haben dürften.
Ein AEO-Status eines Beteiligten wird gegenseitig anerkannt.

Ursprungsregeln

Neues Merkblatt der Generalzolldirektion mit weitergehenden InterpretationenDas Merkblatt soll bei Bedarf fortlaufend aktualisiert werden.

Erklärungen der EU-Kommission zu den Ursprungsregeln

WuP Online
wurde mit den Informationen des Abkommens aktualisiert.
Die Ursprungsregeln müssen durch Unternehmen über Erklärungen zum Ursprung oder über Selbstauskünfte eingehalten und durch den Zollanmelder (Importeur) nachgewiesen werden („Selbstzertifizierung“). Die Präferenzgewährung erfolgt mit diesen Angaben im Rahmen der weiterhin notwendigen Zollanmeldung, kann aber auch bis zu drei Jahre später nachgewiesen werden (Artikel 55 (alt: ORIG.18a)). Die Behörden der EU-Mitgliedstaaten und des Vereinigten Königreiches leisten bei Zweifeln bei der Ursprungsbestimmung Amtshilfe.

Ausgestaltung der Erklärung zum Ursprung und einer Selbstauskunft (Artikel 56 und 58 (alt: ORIG.19 und ORIG.21)):

  • Angabe des Exporteurs (z. B. Verkäufer) auf der Rechnung bzw. einer anderen der eindeutigen Produktidentifikation dienenden Unterlage.
  • Vorgegebener Wortlaut der Angabe in einer der EU-Amtssprachen (Anhang 7 (alt: ORIG-4))
  • Nachweispflicht der Ursprungsangabe durch auf Verlangen vorzuzeigende (EU-)Lieferantenerklärungen; bis zum 31.12.2021 können die Lieferantenerklärungen trotz erfolgter Erklärung zum Ursprung und trotz erfolgtem Warenversand nachträglich ausgestellt werden (Erklärung und Rechtsgrundlage).
  • Bei angewandten Kumulierungen ist eine spezielle Lieferantenerklärung und keine Erklärung zum Ursprung nötig (siehe unten).
  • Der Exporteur ist nicht verpflichtet, die Erklärung auszustellen.
  • Die Erklärung kann für identische Waren auch für mehrere Sendungen ausgestellt werden, maximal jedoch für einen Zeitraum von 12 Monaten.
  • Eine Selbstauskunft des Importeurs („Gewissheit des Einführers“) kann die Angabe des Exporteurs ersetzen, wenn der Importeur den Ursprung auch ohne Angaben des Exporteurs glaubhaft nachweisen kann. Hier finden Sie Informationen des deutschen Zolls, wann und wie diese Angabe in der EU verwendet werden darf (Inhaltliche Grundlage: EU-Dokument).
ACHTUNG!
Die Erklärung zum Ursprung für Sendungen mit über 6.000 Euro Warenwert ist aus der EU heraus nur mit der Angabe einer REX-Nummer (Registrierter Ausführer) möglich (Art. 68 UZK-DVO). Diese kann kostenfrei beim zuständigen Hauptzollamt (Dortmund bzw. Bielefeld) beantragt werden, sobald sie nicht schon eine REX-Nummer besitzen: REX-Informationen und -Anträge des deutschen Zolls. Unternehmen noch ohne REX-Nummer können das Feld frei lassen und ihren Kunden bzw. den Zollbehörden die Nummer nach der Zuteilung nachträglich mitteilen.

Allgemeines zur Ursprungsdefinition:

Diese Regeln entsprechen in weiten Teilen denen des Freihandelsabkommens der EU mit Japan (EU-Japan-EPA). Dies gilt auch für die in der Liste mit den produktspezifischen Regeln verwendeten Formulierungen und Abkürzungen.
  • Eine wesentliche Be- und Verarbeitung in der EU bzw. im Vereinigten Königreich liegt vor, wenn die Materialien aus diesen Wirtschaftsräumen stammen – es gelten aber auch zahlreiche für dieses Freihandelsabkommen entworfene produktspezifische Ursprungsregeln, die einen Ursprung je nach Warentarifkapitel verleihen können (Artikel 41 (alt: ORIG.5) i. V. m. Anhang 3 (alt: ORIG-2) (Regeln) i. V. m. Anhang 2 (alt: ORIG-1) (Erklärungen)). Sollten diese Regeln nicht zum Ursprung führen, könnten die erlaubten Toleranzen unter Umständen dennoch einen Ursprung verleihen (Artikel 42 (alt: ORIG.6)).
  • Die derzeitigen generellen Regeln aus der Durchführungsverordnung des EU-UZK zur Definition der wesentlichen sowie der nicht ausreichenden Be- oder Verarbeitungen wurden übernommen, aber konkretisiert (Artikel 43 (alt: ORIG.7)).
  • Kontingente wurden für Thunfischdosen und für Waren der Kapitel 76 aus dem Warentarif (Aluminium) als Alternative zu den produktspezifischen Regeln für diese Waren eingeführt (Anhang 4 (alt: ORIG-2A)). Achtung: Bei Inanspruchnahme ist eine spezielle Erklärung zum Ursprung notwendig, die im Mai 2021 bekanntgegeben wurde (siehe oben).
  • Ausnahmen gibt es etwa für Ersatzteile und Sets oder beispielsweise für den Transport getrennte Produkte – diese Regeln entsprechen ungefähr den üblichen EU-Regeln aus der UZK-Durchführungsverordnung (Artikel 45 bis 50 (alt: ORIG.9 bis 14)).
Eine detaillierte Erklärung der Ursprungsregeln mit Beispielen hat die britische Regierung verfasst. Der deutsche Zoll hat dieses deutschsprachige, ausführliche Merkblatt veröffentlicht. Die Regeln lassen sich auch im WuP-Portal des deutschen Zolls anhand der Warentarifnummer nachschlagen.

Kumulierung

Erlaubt ist auch eine eingeschränkte und vollständige bilaterale Kumulierung, mit der eine Nutzung von (EU- bzw. britischen) Vormaterialien bei einer wesentlichen Be- und Verarbeitung in der EU bzw. im Vereinigten Königreich die Möglichkeit eröffnet, den Ursprung des jeweils anderen Wirtschaftsraumes zu erhalten (Artikel 40 (alt: ORIG.4)). Beispiel: In der EU verarbeitete Vormaterialien aus dem Vereinigten Königreich werden durch diese Kumulierung als EU-Vormaterialien gezählt und führen so zu einem EU-Ursprung des Endproduktes und umgekehrt – nur im präferenziellen Bereich zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich (eingeschränkte Kumulierung). Die Vormaterialien können mit Ursprung GB über eine Erklärung zum Ursprung bzw. innerhalb der EU auch mit einer Lieferantenerklärung mit Ursprung GB und dem alleinig eingetragenen Länderkreis GB nachgewiesen werden.
Auch drittländische Vormaterialien, die in der jeweils anderen Vertragspartei be- oder verarbeitet wurden, ohne dabei den jeweiligen Ursprung zu erlangen, können im präferenziellen Bereich zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich verwendet werden (vollständige Kumulierung). Werden solche Waren als Vormaterialien zum Zwecke der Kumulierung benutzt, die nicht aus der EU und gleichzeitig nicht aus dem Vereinigten Königreich stammen, muss der dann gemäß den Ursprungsregeln u. U. mögliche EU- bzw. britische Ursprung über eine spezielle Lieferantenerklärung bzw. Langzeit-Lieferantenerklärung (Laufzeit: Max. 24 Monate) als mitgeltende Unterlage zur Rechnung bzw. zu einer der eindeutigen Produktidentifikation dienenden Unterlage aufgezeigt werden (Anhang 6 (alt: ORIG-3) und dessen Anlagen).

Online-Datenbank

Die Ursprungsbestimmung und Recherche der vereinbarten Regeln inklusive der Abläufe bei der Zollabwicklung und anderen einzuhaltenden Bestimmungen, etwa zur Produktsicherheit, muss dem Abkommen nach in einfacher Art und Weise online möglich sein. Auf Seiten der EU enthält die Access2Markets-Datenbank die Informationen.
Zollanmeldungen und die Einhaltung der Produktsicherheitsvorschriften sind weiterhin nötig. Auch alle anderen Auflagen, wie beispielsweise eine Visumspflicht im Vereinigten Königreich, bleiben zusätzliche neue Hürden. Diese haben wir auf unseren weiteren Detailseiten zusammengestellt. Einige Warengruppen (Autos, Chemikalien, Lebensmittel,  Medikamente und Wein) werden dem Abkommen nach ohne weitere spezielle britische Regeln in Großbritannien in Verkehr gebracht werden können (Anhänge 11 bis 15 (alt: TBT-1 bis -5)).

Entsendungen und Dienstleistungen

Auch im Bereich Entsendungen und Dienstleistungen enthält das Abkommen einige Vereinbarungen. Diese wurden jedoch noch nicht klar in das britische Recht übernommen, welches etwas restriktiver gestaltet ist. Daher wird es im Detail bei einigen Entsendungen möglich sein, dass die Unterschiede zwischen dem Abkommen und dem britischen Recht zu Unsicherheiten führen können, welche Regel angewandt werden kann. Eine Übersicht über die Inhalte haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Weitere Details und offizielle Links

Auf den folgenden offiziellen Internetseiten werden sämtliche verfügbaren Detailinformationen zur Verfügung gestellt, die teilweise bisher nur auf Englisch vorliegen: