Pandemie beeinträchtigt Außenhandel in Südhessen

Die Folgen der Corona-Pandemie sind auch für die exportstarke Wirtschaft in der Region Darmstadt Rhein Main Neckar weiterhin spürbar. Im abgelaufenen Jahr legten die Zahlen zwar wieder zu, im Dienstleistungs- und Servicebereich sind die Einschränkungen aber weiterhin beträchtlich.
„Der Außenhandel in Südhessen zeigt sich weiter robust. Pandemie, Probleme in der weltweiten Logistik, Rohstoffmangel und ein deutlicher Anstieg der Rohstoffpreise haben sich aber auch im vergangenen Jahr ausgewirkt“, sagt Axel Scheer, Experte für Außenhandel bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar. Die Auswirkungen der Pandemie lassen sich insbesondere an den Carnets A.T.A. ablesen, mit denen Waren ohne größere Zollformalitäten zeitweilig ausgeführt werden können. Dieses Dokument benötigen Unternehmen, wenn sie ihre Waren auf Messen ausstellen oder Servicetechniker ihre Ausrüstungen ins Ausland mitnehmen wollen. 324 Carnets stellte die IHK im vergangenen Jahr aus, im Jahr 2020 waren es 223. Das bedeutet zwar einen deutlichen Anstieg, vor der Pandemie waren es aber noch 556 Dokumente pro Jahr. „In den Monaten Juli bis Oktober, als die Pandemielage weitgehend stabil war, hatten wir das Niveau von 2019 erreicht. Monteure und Servicetechniker waren wieder weltweit unterwegs und auch in das Messegeschäft kam etwas Bewegung“, berichtet Scheer. Mit der dritten Corona-Welle ging die Nachfrage nach Carnets allerdings wieder deutlich zurück. Weitgehend stabil geblieben ist mit 38.206 dagegen die Zahl der insgesamt ausgestellten Außenhandelsdokumente.

Hohe Exportquote in Südhessen

Die Exportquote im verarbeitenden Gewerbe liegt im Bezirk der IHK Darmstadt bei 61,1 Prozent und damit deutlich über der für Hessen (55,1 Prozent) und für Deutschland (50,1 Prozent). „Chemische und pharmazeutische Produkte, Fahrzeuge und Fahrzeugteile sowie Maschinen sind im Ausland wieder stärker nachgefragt“, sagt Scheer. Das belegen die hessenweiten Zahlen: Von Januar bis Oktober wurden chemische und pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von 18,78 Milliarden Euro aus Hessen exportiert und damit 15,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Importiert wurden Waren im Wert von 14,78 Milliarden Euro und damit 17,5 Prozent mehr als im Vorjahr.
Ähnlich lief es auch in der Automobilbranche. Dort stiegen die Exporte mit 3,81 Milliarden Euro (2020: 3,56 Milliarden Euro) um sieben Prozent. Die Importe stiegen mit 9,74 Milliarden Euro (2020: 8,47 Milliarden Euro) um 15 Prozent. Auch der Maschinenbau vermeldet positive Zahlen. Die Exporte stiegen mit 6,31 Milliarden Euro um 14,9 Prozent, die Importe mit 8,95 Milliarden Euro um 11,2 Prozent.

EU und USA wichtigste Handelspartner

Hessenweit haben die Exportzahlen im Vergleich zu 2020 um mehr als 13 Prozent zugelegt, von Januar bis Oktober wurden Waren im Wert von 57,28 Milliarden Euro von Hessen in die Welt transportiert. Importiert wurden Waren im Wert von 98,66 Milliarden Euro (2020: 82,68 Milliarden Euro) und damit 19,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. „Insbesondere die Exporte in Länder der EU und in die USA haben sehr stark zugelegt“, sagt Scheer. Die Exporte in die Länder der EU betrugen in den ersten zehn Monaten 29,78 Milliarden Euro und sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17,9 Prozent gestiegen. Importiert wurden Waren im Wert von 37,42 Milliarden Euro, das bedeutet ein Plus von 15,6 Prozent. Noch stärker haben die Exporte in die USA zugelegt. Sie betrugen von Januar bis Oktober 7,90 Milliarden Euro und sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 28 Prozent gestiegen. Importiert wurden aus den USA in den ersten zehn Monaten Waren im Wert von 11,71 Milliarden Euro, ein Anstieg um 19 Prozent.

Frankreich zweitwichtigster Abnehmer / China legt weiter zu

Zweitwichtigster Abnehmer für die hessischen Unternehmen bleibt weiterhin Frankreich. Sowohl die Exporte ins Nachbarland als auch die Importe aus Frankreich sind in den ersten zehn Monaten deutlich gewachsen. Exportiert wurden Waren im Wert von 4,18 Milliarden Euro, das bedeutet ein Plus von 22,6 Prozent, importiert wurden Waren für 5,67 Milliarden Euro.
China hat in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres beim Export seinen Aufwärtstrend trotz der Pandemie fortgesetzt. Die Ausfuhren dorthin betrugen von Januar bis Oktober 3,59 Milliarden Euro (2020: 3,40 Milliarden), ein Zuwachs von 5,6 Prozent. Nach Hessen importiert wurden Waren im Wert von 10,91 Milliarden Euro (2020: 8,80 Milliarden Euro; Plus 24 Prozent).

Brexit schlägt bei Exporten durch

Die Exporte ins Vereinigte Königreich sind in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres stark zurückgegangen, sie betrugen 2,26 Milliarden Euro (2020: 3,19 Milliarden Euro) und sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 29 Prozent gesunken. „Die komplizierte Zollabfertigung und auch der erschwerte Austausch im Dienstleistungsverkehr sind Ursachen dafür, dass der Handel mit dem Vereinigten Königreich weiter an Bedeutung verliert“, stellt Scheer fest. Dass Großbritannien seit dem 1. Januar die Zollkontrollen an den Grenzen verstärkt und bisher geltende Erleichterungen endgültig wegfallen, mache es noch schwieriger.