
Rund 600 Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft trafen sich zum Austausch
Wie gelingt der Weg zu mehr Nachhaltigkeit in der südhessischen Wirtschaft? Diese Frage prägte das diesjährige Sommerfest der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar. lm Rahmen eines Podiumstalks, an dem auch Professor Dr. Götz Rehn, Geschäftsführer von Alnatura, sowie Dr. Maximilian Fries, Geschäftsführer von Magnotherm Solutions, teilnahmen, wurde auch eine neue Würfel-Installation vorgestellt, die Unternehmen an die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen heranführt.
Pressemeldung vom 16. September 2022
Erstmals seit Beginn der Coronapandemie fand das Sommerfest der IHK Darmstadt in diesem Jahr wieder in gewohntem Rahmen statt. Rund 600 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik waren am 16. September in die Rheinstraße gekommen, um sich in ungezwungener Atmosphäre zu aktuellen Themen auszutauschen. Einen Gesprächsimpuls lieferte ein Podiumstalk gleich zu Beginn. Dieser konzentrierte sich auf die Frage, wie — jenseits der aktuellen Energiekrise — der Weg der südhessischen Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit gelingen kann.
„Wir leben in herausfordernden Zeiten“, sagte Matthias Martiné, Präsident der IHK Darmstadt, in seiner Begrüßung. „Die Auswirkungen von Corona, Krieg und Klimawandel fordern unsere Gesellschaft und auch die Wirtschaft.“ lm vergangenen Jahr hätten sich Bilder einer verheerenden Flutkatastrophe in Deutschland in unser Gedächtnis eingebrannt, so der Präsident. „In diesem Jahr waren und sind es Bilder vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der unvorstellbares menschliches Leid mit sich bringt. Eine weitere Folge des Krieges: Wir sehen uns gerade mit einer Energiekrise konfrontiert, die Betriebe wie Privatpersonen in Existenznöte führt. Was die kommenden Monate bringen, bleibt unsicher.“ Staatliche Hilfe gerade auch für kleine und mittlere Betriebe sei als Sofortmaßnahme kurzfristig erforderlich.
Wir alle sind dazu aufgerufen, Energie einzusparen, wo wir es können, führte Matthias Martiné weiter aus. Effizient mit Ressourcen umzugehen, sei auch jenseits der aktuellen Krise geboten: „Dieser Sommer hat zahlreiche Hitzerekorde gebrochen. Wir erleben eine extreme Dürre, die uns vor Augen führt: Wir stecken mittendrin im Klimawandel.“
Ganzheitlicher, systematischer Nachhaltigkeitsansatz als Wettbewerbsvorteil
Die südhessischen Unternehmen seien aktiv dabei, ihre Transformation hin zur CO2-Neutralität zu gestalten. Hierbei und im gesamten Thema der Nachhaltigkeit böten sich viele Geschäftschancen, ergänzte IHK-Hauptgeschäftsführer Robert Lippmann, der den Talk moderierte.
Als ersten Gast auf der Bühne begrüßte er mit Professor Dr. Götz Rehn, Gründer und Geschäftsführer von Alnatura, einen Pionier der Biobranche. Sein Unternehmen hat sich trotz aller anfänglichen Widerstände am Markt behauptet und verfolgte dabei — getreu dem Credo „sinnvoll für Mensch und Erde“ — stets einen ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz, was Alnatura heute Wettbewerbsvorteile verschafft. „Nachhaltiges Denken und Handeln ist immer sinnvoll. Es kommt darauf an, bei allen wirtschaftlichen Aktivitäten darauf zu achten, dass diese förderlich — besser noch heilsam — für die Erde und die Menschen sind“, sagte Professor Dr. Götz Rehn.
Darüber hinaus war Dr. Maximilian Fries, Mitgründer und Geschäftsführer von Magnotherm Solution, ein Spin-off der TU Darmstadt, Gast auf dem Podium. Das Green-Tech-Unternehmen entwickelt klimafreundliche Kühlsysteme. Doch obwohl das Team mit seiner bahnbrechenden Erfindung den Klimawandel als zentrale gesellschaftliche Herausforderung angeht, war der Start alles andere als einfach.
„Wir sind in kurzer Zeit stark gewachsen und haben von Förderungen wie dem ,Exist'-Programm der Bundesregierung profitiert“, erzählte der Unternehmer. „Unsere Kühlsysteme setzen weder problematische Gase frei noch tragen sie zur Erderwärmung bei, was bei klassischen Systemen ganz anders ist. Das Interesse an unserer Technologie ist hoch und wir verkaufen unsere Produkte auch über die Landes- und EU-Grenzen hinaus. Doch um Marktchancen richtig nutzen zu können, brauchen wir zusätzliches Kapital. Hardware zu bauen, ist teuer und unsere Technologie ist neu. Da schrecken leider viele deutsche Investoren zurück. Der EIC Accelerator der EU hilft uns nun dabei, eine vielversprechende Finanzierungsrunde abzuschließen und finanzielle Lücken zu füllen.“
Verantwortungsvolles Wirtschaften braucht kluge Wirtschaftspolitik
Matthias Martiné konnte diese deutsche Zurückhaltung bestätigen: „Von Bundes- und Landesseite gibt es viele niedrigschwellige Förderungen für Start-ups, die in der Praxis fruchten. Doch mir blutet immer wieder das Herz, dass die Start-ups sich erfolgreich mit ihren innovativen Ideen etablieren und dann keinen Zugang zu Risikokapital bekommen.“ Dieses sei jedoch dringend notwendig, um große gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen. Denn Erfindergeist allein reiche nicht aus, meint Matthias Martiné. „Erst der Transfer in tragfähige Geschäftsmodelle bringt innovative Ideen in die Breite.“
Der IHK-Präsident sprach auch die Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung und der Europäischen Union an. Man unterstütze grundsätzlich den Transformationsprozess, doch mahnte Matthias Martiné, dass Gesetze und Regularien stärker die Lebensrealität insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen im Blick behalten müssten. Als Beispiel nannte er etwa das deutsche Lieferkettengesetz, das Anfang 2023 in Kraft tritt und schon jetzt überholt sein dürfte, weil die EU mit Vorschlägen für noch schärfere Vorgaben in den Startlöchern steht. Beide Vorgaben würden den Einfluss der Unternehmen überschätzen.
Hilfe zur Selbsthilfe für den Mittelstand
Der Politik zu spiegeln, welche wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu verantwortungsvollem Unternehmertum beitragen, sei das eine, betonte Robert Lippmann. Das andere sei, Unternehmen Hilfe zur Selbsthilfe auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit anzubieten. Neben Informationen und Schulungen zu Regularien wie dem Lieferkettengesetz oder den Auswirkungen des „Green Deals“ biete die IHK Hilfestellung, wie Unternehmen ihre Aktivitäten systematisch nachhaltiger gestalten können.
„Eine gute Orientierungshilfe sind die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die die Vereinten Nationen in ihrer Agenda 2030 festgeschrieben haben. Ursprünglich für Staaten entwickelt, nutzen bereits viele Unternehmen diese Ziele als Orientierungshilfe, um ihre Geschäftsaktivitäten systematisch nachhaltiger zu gestalten. Andere zahlen mit ihrem Nachhaltigkeitsengagement bereits darauf ein, ohne es zu wissen“, so der IHK- Hauptgeschäftsführer.
Um mehr Unternehmen auf die 17 Ziele aufmerksam zu machen, wurde im Rahmen des Talks auch eine neue Würfel-Installation im IHK-Garten vorgestellt. Diese wurde nach dem Vorbild einer nahezu identischen Installation auf dem Alnatura-Campus in Darmstadt gestaltet. Während sich Alnatura damit an Bürger und Verbraucher richtet, spricht die IHK Unternehmen und deren Mitarbeitenden an. „Mit unseren Veranstaltungen wie Netzwerkevents, Informationsveranstaltungen oder Weiterbildungen verfügt die IHK über gute Besucherströme. Mit der Installation, die in unserem Garten für Besucher frei zugänglich ist, sorgen wir für zusätzliche Sichtbarkeit des Themas.“
Die Installation verweist auf ausführlichere Informationen auf der IHK-Website, die auch einen Einstieg für kleine und mittlere Unternehmen im Umgang mit den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung enthält.
Kontakt

Matthias Voigt
Bereich: Kommunikation und MarketingThemen: IHK-Magazin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit