
Erfahrung reicht: Ausbildungsabschluss auch für Ungelernte
Zum neuen Jahr treten rund um das Thema Ausbildung viele Neuerungen in Kraft, die zu grundlegenden Veränderungen führen. So können sich ungelernte Mitarbeitende künftig ihre Berufserfahrung über eine Prüfung im Betrieb als Ausbildung anerkennen lassen. Ausbildungsverträge können ab 2025 komplett digital per E-Mail geschlossen werden. Ebenfalls neu ist eine Zusatzqualifikation für Auszubildende in Künstlicher Intelligenz. Die IHK Darmstadt ist eine der ersten IHKs, die diesen Zusatzabschluss einführt.
Pressemeldung vom 11. Dezember 2024
Mit dem Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) wird ein komplett neuer Zugang in den Beruf geschaffen. Ab Januar 2025 haben alle Bürger*innen das Recht, ihre Kompetenzen validieren zu lassen. Mit einer Validierung soll folgende Frage beantwortet werden: Kann Person X das, was sie nach der Ausbildung in einem Beruf können müsste – obwohl sie die Ausbildung selbst nie gemacht hat? Ermittelt wird das nicht über die klassischen Kammerprüfungen, sondern über Fachgespräche und mehrtägige Arbeitsproben im Betrieb. Ist die Validierung erfolgreich, erhält die Person den entsprechenden Berufsabschluss.
Zum Renommee der Ausbildung gehört auch, dass sie im Vergleich zu anderen Qualifizierungsformen sehr unflexibel ist. Das machen Hochschulen bereits besser. Neue Wege zum Berufsabschluss sind im nichtakademischen Bereich daher zu begrüßen.Dr. Marcel Walter
Dr. Marcel Walter, Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung
© IHK Darmstadt / Klaus Mai
Wer eine Validierung erfolgreich durchlaufen hat, dem stehen dieselben Anschlüsse offen wie regulären Ausbildungsabsolventen, zum Beispiel die Zulassung zu Fachwirt- und Meisterprüfungen. Um jungen Menschen keine Fehlanreize zu setzen, nach der Schule lieber zu jobben, anstatt eine Ausbildung zu starten, hat der Gesetzgeber das Mindestalter für eine Validierung auf 25 Jahre gelegt. Dr. Marcel Walter, Geschäftsbereichsleiter für Aus- und Weiterbildung der IHK Darmstadt, begrüßt die Neuerung: „Zum Renommee der Ausbildung gehört auch, dass sie im Vergleich zu anderen Qualifizierungsformen sehr unflexibel ist. Das machen Hochschulen bereits besser. Neue Wege zum Berufsabschluss sind im nichtakademischen Bereich daher zu begrüßen.“
Aufstieg zur Führungskraft so besser möglich
Folgende Zielgruppen sieht Dr. Walter für die Validierung: Langjährige Praktiker*innen, für die eine Ausbildung nicht mehr in Frage kommen sowie Arbeitskräfte, denen die Zeit fehlt, sich neben Berufs- und Familienarbeit mit Prüfungsvorbereitungen auseinanderzusetzen oder die Sprach- und/oder Lerndefizite haben. Doch auch für Betriebe sei die Validierung interessant, wenn sie beispielsweise ihren ungelernten Mitarbeiter*innen eine Perspektive geben möchten. „Denn ohne formalen Berufsabschluss bleibt der Zugang zur Führungsebene in der Regel versperrt. Mit einer Validierung kann dieser ‚Makel‘ geheilt werden“, sagt der IHK-Geschäftsbereichsleiter.
Für die organisatorische Umsetzung sind die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern verantwortlich.
Der digitale Ausbildungsvertrag
Künftig kann die gesamte Organisation rund um Auszubildende für den Betrieb digital ablaufen. So muss der Ausbildungsvertrag künftig nur noch per Mail vom Betrieb an den Wunsch-Azubi gesendet werden. Der Azubi bestätigt den Empfang dann ebenfalls digital. Es sind keinerlei Unterschriften mehr nötig. Auch die Übermittlung des Vertrages zur IHK erfolgt ohne Papier. Die IHK Darmstadt hat den gesamten Prozess rund um die Ausbildung digitalisiert und stellt sie Azubis und Ausbildungsbetrieben über ihr Azubi-Infocenter zur Verfügung. „Durch die Gesetzesnovelle können wir unseren Betrieben neue digitale Services anbieten, die das Azubi-Management deutlich vereinfachen“, sagt Walter.
„Durch die Gesetzesnovelle können wir unseren Betrieben neue digitale Services anbieten, die das Azubi-Management deutlich vereinfachen“Dr. Marcel Walter
Und nach der Ausbildung können Betriebe ihren Azubis künftig auch das Ausbildungszeugnis digital ausstellen. Voraussetzung ist hier lediglich eine qualifizierte elektronische Signatur, die heute sehr unkompliziert umgesetzt werden kann. „Wir gehen als IHK Darmstadt mit gutem Vorbild voran und stellen den Absolventinnen und Absolventen ab sofort ein digitales Abschlusszeugnis zur Verfügung, dessen Echtheit online überprüft werden kann“ berichtet Marcel Walter.
Ausbildung im Homeoffice
Mobile Ausbildung ist bereits gelebte Praxis, nun ist sie aber auch ins Gesetz überführt worden. Die Anforderungen sind unbürokratisch und für die allermeisten Betriebe in der mobilen Arbeit von Fachkräften längst eingeübt: Die Ausbildungsinhalte müssen für mobiles Ausbilden geeignet sein, und Auszubildende haben Anspruch auf eine entsprechende technische Ausstattung zuhause. Den Umfang des mobilen Ausbildens legt der Betrieb fest.
Digitales Prüfverfahren
Das BVaDiG ermöglicht zudem digitale Prüfungsverfahren. Zwischen- und Abschlussprüfungen werden künftig immer häufiger an digitalen Endgeräten abgenommen werden. Zwar werden die Prüfungen an sich auf absehbare Zeit weiterhin in Präsenz stattfinden. In begründeten Ausnahmen dürfen Prüfer*innen nun künftig digital zugeschaltet werden. Dies wird die ohnehin schon seltenen Prüfungsausfälle weiter verringern, weil im Notfall einfacher Prüferersatz organisiert werden kann.
„Uns ist wichtig, unsere angehenden Fachkräfte früh auf Zukunftsthemen vorzubereiten. Die Transformation der Wirtschaft wird nur mit gut ausgebildeten Fachkräften gelingen“Dr. Marcel Walter
Zusatzqualifikation „Künstliche Intelligenz“
Die IHK Darmstadt führt als eine der ersten Kammern deutschlandweit eine Zusatzqualifikation „Künstliche Intelligenz“ ein. Auszubildende aus dem kaufmännischen und gewerblich-technischen Bereich sollen im Rahmen ihrer Berufsausbildung über Betrieb und Berufsschule branchenunabhängig Grundkenntnisse, -fertigkeiten und -fähigkeiten zum Thema „Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen“ erwerben können. Die Zusatzqualifikation, die mit einer Prüfung abschließt, ist ein freiwilliges Angebot für Azubis und Betriebe. „Uns ist wichtig, unsere angehenden Fachkräfte früh auf Zukunftsthemen vorzubereiten. Die Transformation der Wirtschaft wird nur mit gut ausgebildeten Fachkräften gelingen“, ist Bildungsexperte Dr. Walter überzeugt.
Kontakt

Patrick Körber
Geschäftsbereichsleiter, Pressesprecher
Bereich: Kommunikation und Marketing