Regierungsentwurf Wachstumschancengesetz

Gute Ansätze, aber zu kurz gesprungen

Die IHK Darmstadt Rhein Main Neckar begrüßt einige der Erleichterungen für die Wirtschaft, die im überarbeiteten Wachstumschancengesetz der Bundesregierung enthalten sind. Doch die Tücke steckt im Detail. An vielen Stellen sei das neue Gesetz zu kurz gesprungen, kritisiert Martin Proba, Geschäftsbereichsleiter Unternehmen und Standort der IHK Darmstadt.

Pressemitteilung vom 31. August 2023

Der jetzt neuerlich vorgelegte Entwurf des Wachstumschancengesetzes aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) beinhaltet insbesondere für die vielen kleinen und mittleren Unternehmen in Südhessen einige Erleichterungen. „Es ist gut, dass so manche Regelung nun endlich angepasst werden soll, die bisher mit viel Aufwand verbunden war. Beispielsweise soll die Sofortabschreibung bei geringwertigen Wirtschaftsgütern angehoben werden. Damit müssen nicht jeder Schreibtischstuhl und jede Arbeitsplatzlampe über mehrere Jahre in den Büchern mitgeführt und abgeschrieben werden“, kommentiert Martin Proba, Leiter des Geschäftsbereichs Unternehmen und Standort einen Aspekt des Entwurfs. Er bewertet auch positiv, dass die Freibeträge für Geschenke und Betriebsveranstaltungen angehoben werden. Allerdings ist ihm die damit verbundene Bürokratie immer noch zu viel: „Einzelaufzeichnungen, Monatsmeldungen und Teilnehmerlisten binden angesichts der tatsächlichen Ausgabenhöhe zu viel betriebliche Kapazitäten. Da ist der Entwurf zu kurz gesprungen“. Insgesamt wünscht sich der IHK-Experte hier großzügigere Freigrenzen, die nicht nur mehr Entlastungen bringen, sondern auch vor dem Hintergrund der Inflation „länger halten“ würden.
„Einige gute Ansätze mit Weitsicht sind durchaus in dem Papier zu finden. Hier sind beispielsweise die Sonderabschreibungsregelungen für Klimaschutzinvestitionen zu nennen“, so Martin Proba, allerdings ist für ihn nicht nachvollziehbar, warum nur neue Wirtschaftsgüter begünstigt werden sollen, das widerspricht für ihn im Sinne des Grundsatzes „Repair – Re-use – Recycle“ der Kreislaufwirtschaft, welche die Regierung ja auch fördern wolle.
Größter Kritikpunkt der IHK Darmstadt ist allerdings die im Entwurf enthaltenen Regelungen zur elektronischen Rechnung (eRechnung) zwischen Unternehmern. Hier hatte die IHK schon Ende April auf der Basis einer umfassenden Mitgliederumfrage mit rund 3.000 Antworten deutlich Position bezogen. Martin Proba: „Die Hinweise unserer Unternehmerschaft finden sich im Entwurf nicht wieder. Weder ist eindeutig geregelt, wie die Unternehmereigenschaft nachzuweisen ist, noch wird geklärt, wie mit Kleinbetrags- oder Sammelrechnungen umzugehen ist. Auch fehlt eine Klarstellung, wie die staatliche Infrastruktur für das verpflichtende Meldesystem aussehen wird.“ Ebenso verliert der Entwurf keine Worte zu den Einführungskosten für die Wirtschaft. An diesem Punkt stellt sich erneut die Frage, wie stark gerade kleine und mittlere Unternehmen für den Umsatzsteuermissbrauch Dritter finanziell belastet werden sollen. Dass der Entwurf des Wachstumschancengesetzes bei den eRechnungen die Anforderungen der EU-Richtlinie weiter verschärft, ist für den IHK-Geschäftsbereichsleiter ein weiteres ärgerliches Beispiel für deutsches „Gold-Plating“ von Brüsseler Regelungen.
Martin Proba kritisiert auch die Pflicht zur Mitteilung von innerstaatlichen Steuergestaltungen: „Wenn schon die Finanzverwaltung nicht mehr ihre eigenen gesetzlichen Regelungen und deren Wechselwirkung überblickt, ist es höchste Zeit, das System grundsätzlich zu reformieren.“
Martin Proba
Geschäftsbereichsleiter
Bereich: Unternehmen und Standort