11.September 2018
Positionspapier zu Digitalisierung und Steuern
Vereinfachte Steuerverfahren, mehr Unterstützung bei Investitionen und Gewährleistung von Wettbewerbsfähigkeit: Die Vollversammlung der IHK Darmstadt hat ein neues Positionspapier auf den Weg gebracht. Um die Digitalisierung voranzutreiben, hat der IHK-Steuerausschuss darin fünf Forderungen formuliert, die sowohl auf die Verwaltungsprozesse als auch auf steuerliche Anreize für Unternehmer zielen.
© IHK Darmstadt
Forderung 1: Ende der Einbahnstraße
Steuerverfahren modern und praxistauglich gestalten
Mit der Einführung der E-Bilanz sollten Prüfungszyklen und -dauern verkürzt werden – bisher finden zeitnahe und zeitlich gestraffte Betriebsprüfungen jedoch nur selten statt.
Die Digitalisierung von Prozessen mit der Finanzverwaltung funktioniert aktuell nur als Einbahnstraße zur Steuererklärung. Ein elektronischer Dialog mit der Verwaltung ist wenn nur sehr eingeschränkt möglich. Dies wäre jedoch sowohl bei klärungsbedürftigen Sachverhalten wünschenswert als auch beim Austausch von Dokumenten. Post und Telefax sollten nur noch ergänzende Mittel der Kommunikation sein.
Die Digitalisierung von Prozessen mit der Finanzverwaltung funktioniert aktuell nur als Einbahnstraße zur Steuererklärung. Ein elektronischer Dialog mit der Verwaltung ist wenn nur sehr eingeschränkt möglich. Dies wäre jedoch sowohl bei klärungsbedürftigen Sachverhalten wünschenswert als auch beim Austausch von Dokumenten. Post und Telefax sollten nur noch ergänzende Mittel der Kommunikation sein.
Hierzu bedarf es einer adäquaten Infrastruktur in der Finanzverwaltung und einer Software, so dass alle gängigen Dateiformate übermittelt und von der Finanzverwaltung verarbeitet werden können.
Forderung 2: „Blaue Plakette“ für Investition in Digitalisierung
Investition und Forschung in Digitalisierung muss / darf steuerlich nicht diskutiert werden
Die steuerliche F&E-Förderung sollte branchen- und technologieübergreifend nutzbar sein. Das Regelwerk sollte kurz, einfach und eindeutig beschrieben und unabhängig von Betriebsstruktur, -größe und Gewinn- / Verlustsituation sein.
Zur Förderung der Digitalisierung insbesondere im KMU-Sektor wäre es sinnvoll, die Investitions- und Innovationskraft von Betrieben zu verbessern. Hierzu gehört, die Abschreibungsfristen für Software zu überdenken (Verkürzung der Abschreibungsfristen, degressive AfA). Aber auch eine unternehmensorientierte Anwendung des § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) wäre eine Option.
Zur Förderung der Digitalisierung insbesondere im KMU-Sektor wäre es sinnvoll, die Investitions- und Innovationskraft von Betrieben zu verbessern. Hierzu gehört, die Abschreibungsfristen für Software zu überdenken (Verkürzung der Abschreibungsfristen, degressive AfA). Aber auch eine unternehmensorientierte Anwendung des § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) wäre eine Option.
Investitionsabzugsbeträge wären auch für KMU ein gut handhabbares Instrument. Hier sollte die Begrenzung überdacht oder - besser - gestrichen werden.
Forderung 3: Steuerlich „Begleitetes Fahren“ für Gründer
Start-up-Kultur auch steuerlich positiv begleiten
Digitalisierung ist aktuell der Fokus vieler Gründungen. Eine Unterstützung von Gründern ließe sich auf zweierlei Weise realisieren:
- Reduzieren der steuerlichen Anforderungen an Gründer
- Bessere steuerliche Rahmenbedingungen für Investitionen in Start-ups
Diese Maßnahmen würden Start-ups entlasten. Eine weitere Erleichterung wäre es, die Zeiträume für die Umsatzsteuervoranmeldung für Gründer wieder von monatlichen Erklärungsfristen auf einen viertel- oder halbjährlichen Turnus umzustellen. Dies wird zwar kritisch gesehen, weil Gründer, die Umsatzsteuer nicht zurücklegen, riskieren Zahlungsprobleme zu bekommen, wenn die angesammelten Beträge fällig werden, jedoch wurde dies auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU / CSU und SPD aus dem Februar 2018 auf Bundesebene bereits angekündigt und sollte schnell umgesetzt werden.
Investitionen in Start-ups könnten dadurch attraktiver werden, dass steuerliche Verlustvorträge nicht beschränkt werden bzw. beim Einstieg eines Investors wegfallen, wie dies aktuell durch die sogenannte Mantelkaufregelung des § 8c Körperschaftsteuergesetz der Fall ist. Die Regelung des § 8d Körperschaftsteuergesetz, wonach Verlustvorträge nach einem Anteilseignerwechsel fortgeführt werden können, ist zu eng, da hierfür der bisherige Betrieb unverändert fortgeführt werden muss. Dies entspricht nicht der betriebswirtschaftlichen Realität vieler Start-ups, die ihr Geschäftsmodell sehr oft anpassen oder ändern. Dies würde die Innovationskraft und -geschwindigkeit in Deutschland unterstützen.
Forderung 4: „Steuerverkehrsordnung“ zukunftstauglich machen
Die Digitalisierung bringt neuartige Geschäftsmodelle hervor und reißt Grenzen ein
Das aktuelle Verständnis von steuerlich relevantem Leistungsaustausch greift vor dem Hintergrund der Digitalisierung allenthalben nicht mehr. Geschäftsmodelle basieren nicht mehr nur auf direktem Leistungsaustausch, sondern orientieren sich auch an mittelbaren Beteiligungen / Provisionen (z. B. Bereitstellen einer allgemein zugänglichen Informations-App im Netz). Die internationale Verflechtung wird größer und zunehmend komplexer, weil internationale Besteuerungsregime hier konkurrieren.
Hier sollte international abgestimmt
- eine Regel für die Gewinnzuordnung getroffen,
- Doppelbesteuerung ausgeschlossen und
- Schiedsverfahren zwischen den Staaten verbindlich vorgeschrieben und zügig durchgeführt werden
Forderung 5: „Verkehrsüberwachung“ an der richtigen Stelle
Digitalisierung darf nicht fiskalische Überwachungsfunktionen flächendeckend an Unternehmen überwälzen
Auf EU-Ebene wurde am 2. Dezember 2017 die Änderungsrichtlinie in Bezug auf mehrwertsteuerliche Pflichten für Fernabsatz verabschiedet. Danach sollen ab dem 1. Januar 2021 Online-Plattform-Betreiber die Steuern auf Umsätze von Drittstaatenhändlern einbehalten.
Mit den digitalen Möglichkeiten sollte es den Finanzbehörden im Umsatzsteuervergütungsverfahren möglich sein, Prozesse zu entwickeln, die die Mehrwertsteuererstattung „betrugsfest“ machen. Dies sollte ein vorrangiges Ziel der Finanzverwaltung sein, bevor die von der Finanzverwaltung gerne verlagerten Hand- und Spanndienste von Unternehmen weiter ausgedehnt werden.
Im Gegenteil: Die bereits überwälzten Tätigkeiten sollten sukzessive auch wieder in die Finanzverwaltung zurückgeführt werden.