Gewerbesteuer

Weniger ist oft mehr

Die Veränderung der Gewerbesteuerhebesätze ist eine der Stellschrauben kommunaler Standortpolitik: Insgesamt 52 Mal haben südhessische Kommunen 2014 und 2015 ihre Gewerbesteuerhebesätze erhöht, in der Hoffnung, dadurch ihre leeren Kassen wieder zu füllen. „Die Entwicklung kennt bei uns in der Region nur eine Richtung: nach oben“, kritisiert Dr. Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt, die Steuerpolitik der Kommunen. „Aus diesem Grund haben wir uns die Effekte einer Hebesatzerhöhung genauer angesehen und geprüft, ob sie tatsächlich mehr Geld in die kommunalen Haushalte spülen.“

Höherer Hebesatz = Mehreinnahmen?

Für die Untersuchung wurden alle 75 südhessischen Kommunen über einen Zeitraum von fast zehn Jahren betrachtet. Für Kämmerer sind die Ergebnisse der IHK-Analyse bitter: „Man darf sich nicht zu viel versprechen. Mehr Einnahmen erreicht man nicht, in dem mal eben der Hebesatz erhöht wird“, warnt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Sicher sei lediglich die Mehrbelastung der Unternehmen. „Im ungünstigsten Fall wird Porzellan zerschlagen: Gerade bei Erweiterungsinvestitionen haben südhessische Unternehmen auch Standorte in Baden-Württemberg und Bayern auf dem Radar“, so Vetterlein. Im Vergleich würden diese mit ihren niedrigeren Hebesätzen punkten und im schlimmsten Fall Unternehmen aus Südhessen weglocken.

Wirtschaftskraft ist entscheidend

Welche Faktoren tatsächlich für hohe Gewerbesteuereinnahmen verantwortlich sind, kann aus der Untersuchung ebenfalls herausgelesen werden: Wichtig ist das Wirtschaftswachstum im Landkreis und die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer vor Ort. „Die Gewerbesteuereinnahmen sprudeln, wenn die Unternehmen erfolgreich wirtschaften“, fasst Dr. Peter Kühnl, Volkswirt aus dem Geschäftsbereich Standortpolitik der IHK Darmstadt, die Ergebnisse zusammen. Denn dann sei die Bemessungsgrundlage, auf die der Hebesatz angewandt werden kann, größer. „Das bedeutet: Hohe Gewerbesteuereinnahmen haben die Kommunen mit einer wirtschaftsfreundlichen Infrastruktur und angemessenen Hebesätzen“, lautet das Fazit.