Gesellschaftszweck

Wer hat das Sagen in der GmbH?

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist hierarchisch organisiert. Oberstes Organ sind die Gesellschafter. Sie bestimmen im Rahmen des Gesellschaftszwecks die Politik des Unternehmens. Ihre Beschlussfassung findet in Gesellschafterversammlungen oder im schriftlichen Verfahren statt. Dabei wird durch Mehrheitsbeschluss entschieden, sofern Gesetz oder Satzung nichts anderes vorsehen.

Das Wichtigste vorab

Die GmbH ist hierarchisch organisiert. Oberstes Organ sind die Gesellschafter. Sie bestimmen im Rahmen des Gesellschaftszwecks die Politik des Unternehmens. Ihre Beschlussfassung findet in Gesellschafterversammlungen oder im schriftlichen Verfahren statt. Dabei wird durch Mehrheitsbeschluss entschieden, sofern Gesetz oder Satzung nichts anderes vorsehen.
Bei der Ausgestaltung der Organisationsstruktur der GmbH haben die Gesellschafter weitreichende Gestaltungsspielräume. Es gilt die so genannte Satzungsautonomie: Die gesetzlichen Vorschriften über die Willensbildung der Gesellschafter werden nur dann angewendet, wenn die Satzung insoweit keine anders lautende Regelung enthält. Die Satzung kann dabei die Rechte der Gesellschafter aber nicht unbegrenzt einschränken. Jedem Gesellschafter muss ein unverzichtbarer Kern von Mindestrechten zur Mitwirkung bei der Willensbildung verbleiben.
Dieses Merkblatt soll einen ersten Überblick über das Kompetenzgefüge in der GmbH geben und auf Gestaltungsspielräume bei der Aufgabenzuweisung an die Gesellschaftsorgane hinweisen. Es ist als erste Hilfestellung gedacht, wenn Sie sich in der Phase der GmbH-Gründung befinden und über die Möglichkeiten der Satzungsgestaltung informieren möchten. Es kann fachkundigen Rat im Einzelfall jedoch nicht ersetzen. Die Informationen wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet. Es kann aber keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden.

Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung

Die gesetzlichen Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung sind primär in Paragraf 46 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) geregelt:
Feststellung des vom Geschäftsführer aufgestellten Jahresabschlusses und Verwendung des Ergebnisses:
Der Geschäftsführer muss den Gesellschaftern zur Vorbereitung des Feststellungsbeschlusses den Jahresabschluss nebst Lagebericht in angemessener Frist vor der Gesellschafterversammlung zur Verfügung stellen. Bei der Beschlussfassung sind die Gesellschafter nicht an die von der Geschäftsführung vorgelegte Fassung des Jahresabschlusses gebunden. Es handelt sich nur um einen Vorschlag, den die Gesellschafter im Rahmen der Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung umgestalten können. Im Beschluss über die Verwendung bestimmen die Gesellschafter - im Rahmen von Gesetz und Gesellschaftsvertrag -, ob das Jahresergebnis in der GmbH verbleibt oder an die Gesellschafter ausgeschüttet wird.
Die Gesellschafter müssen zwingend innerhalb der ersten acht Monate (bei kleinen Gesellschaften im Sinn des Paragrafen 267 Handelsgesetzbuch (HGB) innerhalb der ersten elf Monate) über die Feststellung des Jahresabschlusses und Ergebnisverwendung entscheiden.
Einforderung ausstehender Einzahlungen auf die Stammeinlagen:
Sieht der Gesellschaftsvertrag nicht vor, dass die Stammeinlage sofort in voller Höhe zu leisten ist, wird der restliche Betrag (maximal 75 Prozent) erst dann fällig, wenn die Gesellschafter die Einforderung beschließen. Gegenüber anwesenden Gesellschaftern wird die Resteinlage mit Beschlussfassung fällig. Angefordert wird sie dagegen vom Geschäftsführer.
Durch Beschluss der Gesellschafter oder schon im Gesellschaftsvertrag kann auch die Einforderungsentscheidung dem Geschäftsführer der GmbH übertragen werden.
Rückzahlung von Nachschüssen:
Die Zuständigkeit der Gesellschafter kann hier wie bei der Einforderung der Resteinlage durch entsprechende Vereinbarung dem Geschäftsführer der GmbH übertragen werden.
Teilung und Einziehung von Geschäftsanteilen:
Sowohl über die Teilung als auch über die Einziehung entscheiden die Gesellschafter. Die schriftliche Genehmigungserklärung für die GmbH gibt der Geschäftsführer ab.
Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers sowie dessen Entlastung:
Ausführliche Informationen zur Bestellung des GmbH-Geschäftsführers erhalten Sie hier .
Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung:
Das Recht zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung kann nur von allen Gesellschaftern gemeinsam geltend gemacht werden. Die Gesellschafter können zum Beispiel durch Mehrheitsbeschluss beschließen, den Geschäftsführer zur Berichterstattung zu verpflichten oder Bücher und sonstige Geschäftsunterlagen vorzulegen. Außerdem kommen etwa Inaugenscheinnahme, Befragung von Mitarbeitern und Sachverständigen, die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten oder die Durchführung von Sonderprüfungen in Betracht.
Daneben hat jeder einzelne Gesellschafter unabhängig von seiner Beteiligungshöhe und sonstigen Gesellschafterrechten ein Auskunfts- und Einsichtsrecht: Auf Verlangen muss der Geschäftsführer jedem Gesellschafter unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft geben und Einsicht in die Bücher und Schriften gestatten.
Der Geschäftsführer ist nicht verpflichtet, den Gesellschaftern regelmäßig Bericht zu erstatten. Es ist aber möglich, ein entsprechendes Berichts- und Informationssystem in der Satzung festzulegen. Zustimmungsvorbehalte können sich jedoch auch ohne ausdrückliche Festlegung in der Satzung durch längere Übung etablieren.
Bestellung von Prokuristen und Generalhandlungsbevollmächtigten:
Die Gesellschafter entscheiden, ob ein solcher Posten eingerichtet wird. Die Erteilung von Prokura und Generalhandlungsvollmacht an einen Bewerber (das „wie”) erfolgt aber durch den Geschäftsführer. Dieser entscheidet auch eigenständig über den jeweiligen Anstellungsvertrag und den etwaigen Widerruf der Prokura oder Generalhandlungsvollmacht. Er muss dabei selbstverständlich im Interesse der Gesellschaft handeln.
Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer und Gesellschafter aus der Gründung oder Geschäftsführung:
Umfasst sind Ersatzansprüche gegen Geschäftsführer und Gesellschafter wegen Pflichtverletzung bei Gründung oder Geschäftsführung wie zum Beispiel die Gründerhaftung nach Paragraf 9a GmbHG, die Geschäftsführerhaftung nach Paragraf 43 GmbHG oder auch die Verletzung von Wettbewerbsverboten.
Darüber hinaus entscheiden die Gesellschafter über Nebenansprüche auf Auskunft oder Rechenschaftslegung, Bereicherungs- oder Unterlassungsansprüche. Jede Form der Geltendmachung muss durch Gesellschafterbeschluss festgelegt werden: Neben der klageweisen Geltendmachung betrifft dies also zum Beispiel auch Mahnung, Verzicht, Vergleich oder Aufrechnung.
Dies gilt auch dann noch, wenn der in Anspruch zu nehmende Gesellschafter bereits ausgeschieden oder der Geschäftsführer nicht mehr im Amt ist.
Entscheidet die Gesellschafterversammlung über die Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen der Gesellschafter, so hat der betroffene Gesellschafter bei dieser Beschlussfassung kein Stimmrecht. Verweigert die Gesellschaftermehrheit pflichtwidrig die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, können auch einzelne Gesellschafter den Mitgesellschafter in Anspruch nehmen (so genannte „actio pro socio”).
Vertretung der Gesellschaft in allen Prozessen gegen einen Geschäftsführer:
Schließlich entscheiden die Gesellschafter auch über die Frage der Vertretung der Gesellschaft in allen Prozessen gegen einen Geschäftsführer. Dies gilt auch dann, wenn es mehrere Geschäftsführer gibt, da deren Unvoreingenommenheit nicht sichergestellt ist. Vertreter kann dennoch ein Mitgeschäftsführer sein, sofern er zuvor durch Gesellschaftsvertrag dazu bestimmt wurde. Auch Mitglieder von Gesellschaftsorganen, Gesellschafter oder Dritte kommen als Vertreter in Betracht.

Zu den weiteren gesetzlichen Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung gehören:

  • Satzungsänderungen einschließlich Kapitalerhöhung und –herabsetzung (Paragrafen 53 Absatz 1, 57 c Absatz 4, 48 a Absatz 5 GmbHG)
  • Einforderung von Nachschüssen (Paragraf 26 Absatz 1 GmbHG)
  • Bestellung des Abschlussprüfers für prüfungspflichtige GmbHs (Paragraf 318 Absatz 1 Satz 1 GmbHG)
  • Auskunfts- und Einsichtsverweigerung gegenüber einem entsprechenden Gesellschafterverlangen (Paragraf 541 a Absatz 2 Satz 2 GmbHG)
  • Umwandlungsvorgänge wie Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel (Paragrafen 13 Absatz 1, 125, 193 Absatz 1 Umwandlungsgesetz (UmwG))
  • Auflösung der Gesellschaft durch Beschluss (Paragraf 60 Absatz 1 Nummer 2 GmbHG), Bestellung, Abberufung und Entlastung der Liquidatoren (Paragrafen 66, 71 Absatz 2 Satz 1 GmbHG), Feststellung der Liquidationsbilanzen (Paragraf 71 Absatz 2 Satz 1 GmbHG), Entscheidung über die Verwahrung der Geschäftsbücher nach Beendigung der Liquidation (Paragraf 74 Absatz 1 GmbHG).

Darüber hinaus gibt es ungeschriebene Zuständigkeiten der Gesellschafter für:

  • Abschluss, Aufhebung und Abänderung von Anstellungsverträgen sowie sonstige Regelungen des Dienstverhältnisses mit dem Geschäftsführer, zum Beispiel sofortige Beurlaubung oder Hausverbot
  • Ausschlussklage gegen einen Gesellschafter aus wichtigem Grund
  • Zustimmung zu Unternehmensverträgen wie zum Beispiel Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen
  • Befreiung des Geschäftsführers vom Verbot des Selbstkontrahierens (Paragraf 181 BGB)
  • Satzungsauslegende Beschlüsse mit Regelungscharakter.

Vorlagepflicht des Geschäftsführers in ungewöhnlichen Fällen

Die Leitung der GmbH ist - im Rahmen des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes und der Gesellschafterbeschlüsse - grundsätzlich dem Geschäftsführer zugewiesen. Neben der laufenden Geschäftsführung gibt es jedoch auch „ungewöhnliche” Geschäfte, die nicht regelmäßig vorkommen. Sie sind zwar nicht zwangsläufig der Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen. Dies gilt aber stets für solche Fälle, bei denen
  • die Einberufung der Gesellschafterversammlung im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint (Paragraf 49 Absatz 2 GmbHG): Umfasst sind Geschäfte mit Ausnahmecharakter wegen außerordentlicher wirtschaftlicher Bedeutung oder hohen Risikos und Geschäfte, die substantiell in die Rechte der Gesellschafter eingreifen oder
  • mit dem Widerspruch der Gesellschafterversammlung zu rechnen ist.
Maßnahmen, die nicht vom in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand gedeckt sind, sind verboten. Sie können nur durch Satzungsänderung erreicht werden. Hierfür ist wie bereits erläutert die Gesellschafterversammlung zuständig.
Die Gesellschafter können darüber hinaus die Grundsätze der Geschäftspolitik allgemein oder für den Einzelfall aufstellen. Oftmals machen Gesellschafter hiervon keinen Gebrauch. Dann begründet der Geschäftsführer durch bloßes Tätigwerden – auf der Grundlage des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes – solche Grundsätze selbst. Hat sich in der GmbH eine bestimmte Geschäftspolitik faktisch etabliert, muss für eine umfassende Neuorientierung die Zustimmung der Gesellschafter eingeholt werden. Von einer stillschweigenden Billigung der Gesellschafter darf der Geschäftsführer nämlich nur bei der Geschäftspolitik ausgehen, die bislang über einen längeren Zeitraum in der GmbH geübt wurde.

Zuständigkeitserweiterungen

Die beschriebenen Zuständigkeiten der Gesellschafter können in der Satzung noch erweitert werden. Zum einen können die Befugnisse des Geschäftsführers zugunsten der Gesellschafter beschränkt werden, indem ein Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte in die Satzung aufgenommen wird.
Ein solcher Katalog verstärkt nicht nur den Einfluss der Gesellschafter auf die Geschäftsführung. Daneben erleichtert er auch die Entscheidung, ob eine Vorlagepflicht nach allgemeinen Grundsätzen entsteht.

Beispiele für mögliche zustimmungspflichtige Geschäfte:

  • Veräußerung und Erwerb von Unternehmen, Anteilen an Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen
  • Aufnahme neuer oder Aufgabe bisheriger Geschäftszweige und Tätigkeitsgebiete
  • Abschluss, Änderung und Beendigung von Unternehmensverträgen
  • Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken
  • Abschluss, Änderung oder Beendigung von Verträgen, die eine Laufzeit von mehr als drei Jahren vorsehen oder Verpflichtungen der GmbH von mehr als zum Beispiel 50.000 Euro begründen
  • Investitionen und Aufnahme oder Gewährung von Darlehen, die nicht im genehmigten Finanz- und Investitionsplan vorgesehen sind
  • Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstiger Haftung für Dritte, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehen
  • Erteilung oder Entzug von Prokura oder Generalhandlungsvollmacht
  • Abschluss, Änderung oder Beendigung von Betriebsvereinbarungen, Haustarifverträgen, Pensionsvereinbarungen, Sozialplänen
  • Einleitung von Gerichtsverfahren bei Streitwert über zum Beispiel 50.000 Euro.
Wird ein Katalog mit Zustimmungspflichten in die Satzung aufgenommen, so ist der Geschäftsführer im Innenverhältnis verpflichtet, bei den dort aufgezählten Geschäften stets vorab das Einverständnis der Gesellschafterversammlung einzuholen. Im Außenverhältnis ist eine Beschränkung zwar nicht möglich, jedoch macht sich der Geschäftsführer bei Überschreitung der im Innenverhältnis geregelten Kompetenzen schadensersatzpflichtig gegenüber der GmbH.
Tipp: Bei umfangreichen Beschränkungen der Geschäftsführung sind häufige Anpassungen des Zustimmungskatalogs erforderlich. Da jede Satzungsänderung notariell beurkundet werden muss, verursacht es einen wesentlich geringeren Aufwand, diesen Katalog dann nicht in der Satzung, sondern durch einfachen Gesellschafterbeschluss oder im Geschäftsführervertrag festzulegen.
Achtung! Dem Geschäftsführer muss ein unentziehbarer Kernbereich der Geschäftsführung verbleiben. Daher ist insbesondere eine Übertragung der organschaftlichen Vertretungsbefugnis an die Gesellschafter ausgeschlossen.

Verlagerung von Zuständigkeiten auf andere Organe – Aufsichtsrat möglich

Es können aber auch umgekehrt Zuständigkeiten der Gesellschafter auf andere Gesellschaftsorgane verlagert werden, zum Beispiel Übertragung der Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung auf den Aufsichtsrat. Dies ist dauerhaft in der Satzung oder durch einfachen Gesellschafterbeschluss im Einzelfall möglich, wenn die Satzung eine entsprechende so genannte „Öffnungsklausel” dafür enthält.
 Bei der GmbH ist ein Aufsichtsrat erst ab 500 Mitarbeitern zwingend vorgeschrieben. Ein Aufsichtsrat kann aber auch bei kleineren GmbHs als Überwachungsorgan durch entsprechende Bestimmung in der Satzung errichtet werden. Einrichtung, Zusammensetzung und Kompetenzen des so genannten fakultativen Aufsichtsrates bestimmen sich dann ausschließlich nach der Satzung.
Die Überwachung des jeweiligen Organs bleibt dennoch stets Aufgabe der Gesellschafterversammlung. Die Gesellschafter haben auch nach wie vor das Recht, Auskunftsbegehren zu stellen und Prüfungsmaßnahmen durchzuführen.
Zwingend in der Zuständigkeit der Gesellschafter verbleiben müssen etwa Satzungsänderungen, Umwandlungsvorgänge, Beschlussfassung über Unternehmensverträge, Einforderung von Nachschüssen, Verweigerung von Auskunfts- und Einsichtsrechten, Auflösung der Gesellschaft und Bestellung und Abberufung der Liquidatoren.
Achtung! Solche Kompetenzverlagerungen dürfen die Stellung der Gesellschafterversammlung als oberstes Organ der Gesellschaft nicht bis zur Bedeutungslosigkeit aushöhlen.
Stand: Juli 2022