Mandatsträger und andere Arbeitnehmergruppen

Besonderer Kündigungsschutz

Der besondere Kündigungsschutz wird nur bestimmten Personengruppen durch den Gesetzgeber zugesprochen. Er geht daher über den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG)  hinaus. Die Folge ist, dass  Personen mit besonderem Kündigungsschutz, wenn überhaupt, nur unter besonders strengen Voraussetzungen und bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden kann.
Grob lassen sich die Personen mit besonderem Kündigungsschutz in zwei Gruppen unterteilen. Unter die erste Gruppe fallen die Mandatsträger, also Personen denen kraft Ernennung ein bestimmtes Amt innerhalb oder außerhalb des Betriebs übertragen worden ist. Die zweite Gruppe umfasst bestimmte Arbeitnehmergruppen, welche in einer bestimmten Lebenssituation sind.

I. Mandatsträger

Mandatsträger besitzen innerhalb eines Unternehmens, aufgrund ihres Mandates, einen besonderen Kündigungsschutz. Dies bestätigte auch nochmals das Bundesarbeitsgericht. In seiner Rechtsprechung erklärte es, dass die Kündigung eines Mandatsträgers ohne einen wichtigen Grund  eine unwirksame Kündigung darstellt. Auch ist es nicht möglich, diese in eine fiktive ordentliche Kündigungsfrist mit entsprechender Auslauffrist oder in eine ordentliche Kündigung umzudeuten.

1. Funktionsträger der Betriebsverfassung

Eine ordentliche Kündigung eines Funktionsträgers nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist unwirksam. Der Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder gilt bis zu einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit. Zu beachten ist, dass der besondere Kündigungsschutz neben den Mitgliedern des Betriebsrats auch die Initiatoren von Betriebswahlen, den Wahlvorstand, die Wahlbewerber und die Jugend- und Auszubildendenvertretung umfasst (Paragraf 15 Absatz 1 und 3 KSchG).

2. Betriebsbeauftragte

Betriebsbeauftragte haben innerhalb eines Unternehmens die Funktion, die Fremdüberwachung der Behörden durch eine vom Arbeitgeber eingerichtete Form der Eigenüberwachung zu ergänzen. Auch soll so die betriebliche Eigeninitiative gestärkt werden.

a) Datenschutzbeauftragter, Störfallbeauftragter, Immissionsschutzbeauftragter, Abfallbeauftragter und Gewässerschutzbeauftragter

Die Kündigung eines Datenschutzbeauftragten ist unzulässig, es sei denn, es liegen Tatsachen vor, die für die Annahme eines wichtigen Grundes  einer außerordentlichen Kündigung ausreichen. Nach Abberufung des Datenschutzbeauftragten ist die Kündigung innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Bestellung unwirksam (Paragraf 4f Absatz 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)). Zu beachten ist, dass die Anerkennung des besonderen Kündigungsschutzes für den Datenschutzbeauftragten vergleichsweise neu ist. Er wurde erst zum 1. September 2009 ins Gesetz aufgenommen.
Bis ein Jahr nach Ende der Beauftragung eines Störfallbeauftragten (Paragraf 58d Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)), Immissionsschutzbeauftragten (Paragraf 58 BImSchG), Abfallbeauftragten (Paragraf 55  KrW-/AbfG in Verbindung mit Paragraf 58 BImSchG), oder Gewässerschutzbeauftragten (Paragraf 66 WHG in Verbindung mit Paragraf 58 BImSchG) ist keine ordentliche Kündigung möglich. Nur die außerordentliche Kündigung aus einem wichtigen Grund ist möglich.
Beachte: Es bedarf für das Bestehen des Kündigungsschutzes einer wirksamen Bestellung.  Diese hat nicht nur einseitig durch den Arbeitgeber, sondern auch mit Zustimmung des Arbeitnehmers zu erfolgen. Weiter ist die Schriftform der Bestellung zu beachten.

b) Andere Betriebsbeauftragte

Alle weiteren Betriebsbeauftragten, insbesondere der neu geschaffene Geldwäschebeauftragte, haben keinen besonderen Kündigungsschutz.

3. Volksvertreter

Die Kündigung von Abgeordneten des Bundestages, des Landtages und des Europaparlaments aufgrund der Ausübung ihres Mandats ist nicht möglich, wenn diese im Zusammenhang mit der Mandatsausübung steht (Artikel 48 Grundgesetz (GG), Paragraf 2 Abgeordnetengesetz (AbgG), Paragraf 2 Hessisches Abgeordnetengesetz (HessAbgG)). In Hessen besteht zusätzlich ein weitergehender Kündigungsschutz für Gemeindevertreter und Kreisabgeordnete (Paragraf 35a Hessische Gemeindeordnung (HGO) und Paragraf 28a Hessische Landkreisordnung (HKO)), wonach nur eine außerordentliche Kündigung möglich ist. Der Kündigungsschutz beginnt mit der Wahl zum Volksvertreter und endet mit der Beendigung des Mandats.
Es ist auch zu beachten, dass in Hessen der ehrenamtlichen Bürgermeister (Paragraf 39 Absatz 3 HGO), die Beigeordneten (Paragraf 39 a Absatz 2 in Verbindung  mit Paragraf 39 Absatz 3 HGO) und die Orts- und Ausländerbeiräte besonders geschützt sind (Paragrafen 86 Absatz 5, 82 Absatz 2 HGO).

4. Schwerbehindertenvertretung und deren Vertrauenspersonen

Ein besonderer Kündigungsschutz wird auch der Schwerbehindertenvertretung und deren Vertrauenspersonen gewährt (Paragraf 96 Absatz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) IX). Dieser entspricht inhaltlich dem oben unter II. 2 dargestellten Kündigungsschutz des Betriebsbeauftragten.

II. Arbeitnehmergruppen

Auch bestimmte Arbeitnehmergruppen besitzen einen besonderen Kündigungsschutz aufgrund ihrer besonderen Lebenssituation.

1. Schwangere, Mütter, Elternzeitler

Während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung besteht ein absolutes Kündigungsverbot, wenn der Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung Kenntnis von der Schwangerschaft oder Entbindung hat oder innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung davon erfährt (Paragraf 9 Absatz 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG)). In Ausnahmefällen kann die zuständige Aufsichtsbehörde für Arbeitsschutz eine Kündigung für zulässig erklären, wenn diese nicht mit dem Zustand der Frau oder ihrer Lage in Zusammenhang steht (Paragraf 9 Absatz 3 MuSchG).
Elternzeitler darf der Arbeitgeber ab dem Zeitpunkt, an dem die Elternzeit beantragt wurde, höchstens aber 8 Wochen vor Beginn und bis zum Ende der Elternzeit nicht ordentlich kündigen (Paragraf 18 Absatz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)).

2. Schwerbehinderte

Für die Kündigung von Schwerbehinderten bedarf es sowohl für die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung der Zustimmung des Integrationsamtes (Paragraf 85 SGB IX). Die Kündigungsfrist beträgt mindestens vier Wochen (Paragrafen 85, 86 SGB IX).

3. Freiwilliger Wehrdienst und Bundesfreiwilligendienst

Beim Freiwilligen Wehrdienst besteht die Möglichkeit, sechs Monate als Probezeit und 17 Monate als zusätzlichen Wehrdienst abzuleisten (Paragraf 54 Wehrpflichtgesetz(WpflG)). Ab dem  Zeitpunkt des Einberufungsbescheids bis zur Beendigung des Wehrdienstes ist eine ordentliche Kündigung nicht möglich  (Paragraf 2 Absatz 1 WpflG in Verbindung mit Paragraf 16 Absatz 7 Arbeitsplatzschutzgesetz(ArbPlSchG)).
Ein besonderer Kündigungsschutz für den neu geschaffenen Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) ist derzeit wohl nicht anerkannt, da Paragraf 13 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes (BfDG) nicht auf das Arbeitsplatzschutzgesetz verweist.

4. Auszubildende

Eine ordentliche Kündigung eines Auszubildenden nach der Probezeit durch den Arbeitgeber ist unzulässig (Paragraf 22 BBiG). Eine außerordentliche Kündigung bleibt aber weiterhin möglich (Paragraf 22 Absatz 2 BBiG).

5. Arbeitnehmer in Pflegezeit oder Familienpflegezeit

Bei einer akut aufgetretenen Pflegesituation kann der Arbeitnehmer Pflegezeit in Anspruch nehmen. Diese Personen dürfen vom Zeitpunkt der Ankündigung bis zur Beendigung der Pflegezeit nur nach Zustimmung der obersten Behörde für Arbeitsschutz gekündigt werden  (Paragraf 5 Pflegezeitgesetz (PflegeZG)). Gleiches gilt für Personen, die im Rahmen der Familienpflegezeit eine Verringerung der Arbeitszeit für höchstens 24 Monate wahrnehmen, wenn ein enger Familienangehöriger in häuslicher Umgebung gepflegt werden muss (Paragraf 2 Absatz 1 Familienpflegezeitgesetz  (FPfZG)).
Stand: April 2023