Lieferbedingungen

Incoterms® 2010

Die Incoterms® regulieren die Pflichten von Käufer und Verkäufer beim Transport von Waren. Doch sind sie auch automatisch für alle Geschäfte gültig? Wie wird eine Lieferklausel korrekt formuliert? Und was beinhalten die Incoterms® im Detail?

Die Bedeutung der Incoterms

Die Internationale Handelskammer (ICC) in Paris gibt seit dem Jahr 1936 "Regeln zur Auslegung nationaler und internationaler Handelsklauseln" heraus, die als Incoterms® bekannt sind. Die Incoterms® werden regelmäßig an die sich ändernden Handelsbräuche angepasst. Die aktuelle Fassung Incoterms® 2010 ist zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten.
Bei den Incoterms® handelt es sich um weltweit anerkannte, einheitliche Lieferbedingungen, die den Parteien eines Kaufvertrages eine standardisierte Transportabwicklung im nationalen und internationalen Geschäft ermöglichen. Sie legen die Kostenverteilung, die Risikoverteilung und die Sorgfaltspflichten zwischen den Vertragspartnern fest.

Anwendungshinweise

  1.  Vermerken Sie die gewählte Lieferklausel ausdrücklich in Ihrem Kaufvertrag
    Die Incoterms® sind nur gültig, wenn Sie explizit im Kaufvertrag vereinbart werden. Da weiterhin auch die älteren Versionen anwendbar sind, sollte im Kaufvertrag auch auf die Incoterms®-Version hingewiesen werden. Bei Verwendung der Incoterms® 2010 sollte daher nach dem Lieferort der Zusatz "Incoterms® 2010" angefügt werden (z.B. FCA Rheinstraße 89, Darmstadt, Germany Incoterms® 2010).
  2. Benennen Sie den Liefer- bzw. Bestimmungsort so exakt wie möglich
    Damit die Klauseln ihren Zweck erfüllen können, sollte der Liefer- / Bestimmungsort so genau wie möglich benannt werden (je nach Klausel die genaue Adresse des Werks, des Spediteurs, des Kunden etc. - z.B. FCA Rheinstraße 89, Darmstadt, Germany Incoterms® 2010).
  3.  Wählen Sie die für Ihr Verkaufsgeschäft passende Klausel
    Wird eine Lieferklausel für ein Geschäft ausgewählt, sollte diese abgestimmt sein auf das Transportmittel (Schiff oder sonstige Transportmittel), auf die Ware selbst und auf die Pflichtenverteilung zwischen Verkäufer und Käufer.
  4. Beachten Sie, dass die Klauseln keinen vollständigen Kaufvertrag darstellen
    Die Incoterms® regeln lediglich einige der Primärpflichten des Kaufvertrages. Damit ergänzen und modifizieren sie das maßgebliche Kaufrecht, können es jedoch nicht in allen Bereichen ersetzen. Regelungsbereiche, die von den Incoterms nicht umfasst sind (z.B. der Vertragsabschluss, die Eigentumsübertragung, die Zahlungsabwicklung oder die Rechtsfolgen von Vertragsbrüchen) werden durch ausdrückliche Bedingungen im Kaufvertrag oder durch das diesem Vertrag zugrunde liegende Recht bestimmt. Die Incoterms-Klauseln legen lediglich die Pflichten des Verkäufers und des Käufer fest. Zur Umsetzung der kaufvertraglich übernommenen Verpflichtungen sind die erforderlichen Verträge durch Verkäufer und Käufer mit Dritten (z.B. Spediteuren) gesondert einzugehen.
Die Lieferklauseln können von den Parteien nach ihren Vorstellungen durch Zusatzformulierungen angepasst werden. Bei solchen Modifikationen ist aber unbedingt darauf zu achten, dass diese eindeutig und unmissverständlich erfolgen und zudem die Strukturprinzipien der jeweiligen Klausel bzw. ihrer Gruppe beibehalten werden.

Haupt- und Nebenfunktionen

Der Lieferweg einer Ware vom Versandort zum Bestimmungsort wird durch den von den Vertragsparteien vereinbarten Übergabepunkt in zwei Wegstrecken geteilt. Welche Verpflichtungen die Vertragsparteien jeweils für ihre Wegstrecke treffen, regeln die Incoterms®. Grundsätzlich gilt: Für die Wegstrecke bis zum Übergabepunkt ist der Verkäufer, danach ist der Käufer zuständig.
Hauptfunktionen der Incoterms®
Im Rahmen ihres Regelungsbereichs regeln die Incoterms® hauptsächlich,
  • welche Verpflichtungen jeder Vertragsteil für seine Wegstrecke übernehmen muss;
  • welche Kosten jeder Vertragsteil für seine Wegstrecke zu tragen hat;
  • wer welches Risiko abdeckt.
Nebenfunktionen der Incoterms®
Daneben wird geregelt,
  • wer die Warendokumente beschaffen muss, wer dafür die Kosten trägt,
  • wer die entstehenden Zoll- und Einfuhrabgaben zu zahlen hat,
  • wer welche Transportdokumente beschaffen muss und wer dafür die Kosten zu tragen hat,
  • wer für wen die Ware versichern und wer dafür die Kosten übernehmen muss,
  • wer den anderen Partner, wann und worüber informieren muss,
  • wer die Warenprüfung machen und wer die Kosten dafür übernehmen muss,
  • wie die Ware verpackt werden und wer die Verpackung zahlen muss.

Die Einteilung der Incoterms®

Einteilung nach Transportarten
Die Incoterms® lassen sich in zwei Arten des Transports aufteilen:
  • Klauseln, die für jede Art des Transportmittels gelten sind EXW, FCA, CPT, CIP, DAP, DAT und DDP
  • Schiffsklauseln, die nur für den Schiffs- und/oder Binnenschifffahrtstransport gelten sind FAS, FOB, CFR und CIF.
Einteilung nach der Art der Abwicklung
Die Einteilung erfolgt in vier Gruppen:
  • Gruppe E - Abholklausel (EXW)
  • Gruppe F - Absendeklauseln ohne Übernahme der Kosten für den Haupttransport durch den Verkäufer (FCA, FAS, FOB)
  • Gruppe C - Absendeklauseln mit Übernahme der Kosten für den Haupttransport durch den Verkäufer (CFR, CIF, CPT,CIP)
  • Gruppe D - Ankunftsklauseln (DAP, DAT, DDP)
Jede Gruppe ist dadurch gekennzeichnet, dass Kosten- und Gefahrenübergang innerhalb der Gruppe nach dem gleichen Grundprinzip ausgestaltet sind. Während außerdem die Pflichten des Verkäufers mit jeder Gruppe steigen, reduzieren sich diejenigen des Käufers entsprechend.

Die Klauseln im Überblick

a) E-Gruppe

Bei der einzigen Klausel der E-Gruppe gehen Kosten und Risiken ab der Bereitstellung der Ware am benannten Ort auf den Käufer über.
EXW - Ex Works/Ab Werk ... benannter Ort
Sie enthält die Mindestverpflichtung des Verkäufers. Er muss die Ware lediglich am benannten Ort zur Abholung bereitstellen. Dem Verkäufer entstehen also keine Transportkosten. Die Ware muss nicht verladen oder zur Ausfuhr frei gemacht werden, sondern lediglich verpackt und gekennzeichnet sein.
Die EXW-Klausel ist aus folgenden Gründen nur mit Bedacht anzuwenden:
  • Verlädt der Verkäufer die Ware, geschieht dies auf Gefahr und Kosten des Käufers. Soll aus praktischen Gesichtspunkten die Verladung vom Verkäufer übernommen werden, ist es besser die FCA-Klausel anzuwenden.
  • Soweit es aufgrund gesetzlicher Vorgaben im Exportland nur den Exporteuren gestattet ist, Ausfuhrgenehmigungen zu beantragen, ist die EXW-Klausel aus Sicht des Käufers völlig ungeeignet.
  • EXW verpflichtet den Käufer nur eingeschränkt, gegenüber dem Verkäufer unter Umständen benötigte Informationen hinsichtlich der Ausfuhr der Ware zur Verfügung zu stellen. Dies ist bei EXW gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen.

b) F-Gruppe

Innerhalb der F-Gruppe trägt der Käufer die Kosten des Haupttransports. Die Gefahr geht mit der Übergabe der Ware an den Frachtführer des Haupttransportes auf ihn über.
FCA - Free Carrier/Frei Frachtführer ... benannter Übergabeort
Der Verkäufer muss die Ware zum vereinbarten Lieferort bringen. Der Verkäufer sorgt auf seine Kosten für Verpackung, Warenprüfung und Freimachung der Ware zur Ausfuhr. Abhängig vom ausgewählten Ort der Lieferung muss der Verkäufer außerdem beladen. Für den Haupttransport, eventuelle Durchfuhren und die Einfuhr ins Bestimmungsland ist der Käufer verantwortlich.
Die Klausel ist für alle Transportarten verwendbar. Sie eignet sich sehr gut für den Container-Transport.
FAS - Free Alongside Ship/Frei Längsseite Schiff ... benannter Verschiffungshafen
Der Verkäufer muss die Ware auf seine Kosten verpacken, zudem vereinbarten Verschiffungshafen verbringen und zur Ausfuhr freimachen. Die Lieferung ist erfolgt, wenn die Ware längsseits des Schiffs im benannten Verschiffungshafen gebracht ist.
Diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar.
FOB - Free On Board/Frei an Bord ... benannter Verschiffungshafen
Free on Board bedeutet, dass der Verkäufer liefert, wenn er die Ware an Bord des Schiffes im benannten Verschiffungshafen liefert. Der Verkäufer muss die Ware auf seine Kosten verpacken und die Ware zur Ausfuhr freimachen.
Diese Klausel ist ebenfalls nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar. Sie eignet sich jedoch nicht, wenn die Ware dem Frachtführer bereits übergeben wird bevor sie sich an Bord des Schiffes befindet.

c) C-Gruppe

Als gemeinsames Kennzeichen der C-Gruppe hat der Verkäufer zwar den Haupttransport auf eigene Kosten zu tragen, die Gefahr geht jedoch bereits mit der Übergabe der Ware an den Frachtführer auf den Käufer über.
CFR - Cost and Freight/Kosten und Fracht ... benannter Bestimmungshafen
Der Verkäufer liefert, wenn die Ware an Bord des Schiffes gebracht ist. Er trägt zudem die Kosten und die Fracht, die erforderlich sind, um die Ware zum benannten Bestimmungshafen zu befördern. Der Verkäufer hat außerdem die Ware auf eigene Kosten zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen.
Diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar. Sie eignet sich nicht für den Containertransport, bei dem die Übergabe an den Frachtführer schon stattfindet bevor sich die Ware auf dem Schiff befindet. In diesem Fall ist CPT anzuwenden.
CIF - Cost, Insurance and Freight/Kosten, Versicherung und Fracht ... benannter Bestimmungshafen
Der Verkäufer liefert, wenn die Ware an Bord des Schiffes gebracht ist. Der Verkäufer trägt außerdem die Kosten und die Fracht, die erforderlich sind, um die Ware zum benannten Bestimmungshafen zu befördern. Zusätzlich hat er eine Transportversicherung zugunsten des Käufers auf eigene Kosten abzuschließen. Der Verkäufer hat zudem die Ware auf eigene Kosten zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen.
Auch diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar und für den Container-Transport in der Regel nicht geeignet. Für letzteres ist CIP anzuwenden.
CPT - Carriage Paid To/Frachtfrei ... benannter Bestimmungsort
Der Verkäufer muss die Ware dem von ihm benannten Frachtführer liefern. Zusätzlich hat er die Frachtkosten zu übernehmen, die erforderlich sind, um die Ware zum benannten Bestimmungsort zu befördern. Weiter hat er die Ware zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen. Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar.
CIP - Carriage, Insurance Paid To/Frachtfrei versichert ... benannter Bestimmungsort.
Der Verkäufer muss die Ware dem von ihm benannten Frachtführer liefern. Zusätzlich hat er die Frachtkosten zu übernehmen, die erforderlich sind, um die Ware zum benannten Bestimmungsort zu befördern. Außerdem hat er eine Transportversicherung zugunsten des Käufers auf eigene Kosten abzuschließen. Die CIP-Klausel verpflichtet den Verkäufer außerdem zur Verpackung und zur Freimachung der Ausfuhr. Die Klausel ist ebenfalls für alle Transportarten anwendbar.

d) D-Gruppe

Bei den D-Klauseln trägt der Verkäufer alle Kosten und Risiken bis zum Eintreffen der Ware am benannten Bestimmungsort.
DAP - Delivered At Point/Geliefert ... benannter Ort
Der Verkäufer muss dem Käufer die Ware auf dem ankommenden Beförderungsmittel entladebereit am Bestimmungsort zur Verfügung stellen. Er hat die Ware zur Ausfuhr freizumachen. Der Verkäufer ist jedoch nicht verpflichtet, die Ware zur Einfuhr freizumachen.
Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar und eignet sich insbesondere auch dann, wenn mehrere Transportmittel innerhalb eines Warentransports zum Einsatz kommen.
DAT - Delivered At Terminal/Geliefert Terminal ...benanntes Terminal im Bestimmungshafen oder am Bestimmungsort
Geliefert Terminal bedeutet, dass der Verkäufer liefert, sobald die Ware vom ankommenden Beförderungsmittel entladen wurde und dem Käufer an dem benannten Terminal im Bestimmungshafen oder am Bestimmungsort zur Verfügung gestellt wird. Der Verkäufer hat die Ware zur Ausfuhr freizumachen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, die Ware zur Einfuhr freizumachen. Der Verkäufer hat alle Kosten und Gefahren der Beförderung der Ware bis zum benannten Terminal im Bestimmungshafen oder am Bestimmungsort einschließlich der Entladekosten zu tragen.
Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar und eignet sich auch, wenn mehrere Transportmittel innerhalb eines Warentransports zum Einsatz kommen.
DDP - Delivered Duty Paid/Geliefert verzollt ... benannter Bestimmungsort
DDP beinhaltet die Maximalverpflichtung des Verkäufers. Der Verkäufer organisiert den Transport, muss die Ware zur Ausfuhr und auch zur Einfuhr freimachen und trägt alle anfallen Kosten, bis die Ware am benannten Bestimmungsort auf dem ankommenden Beförderungsmittel ankommt.

Sicherheitsgebühren

Aufgrund zunehmender Sicherheitsinitiativen fallen immer häufiger behördlich verursachte Kosten für verschiedenartigste Sicherheitsmaßnahmen an. Hierbei ist zwischen verschiedenen Kostenarten zu unterscheiden:
1. Sicherheitsgebühren für elektronische Vorabanmeldungen (ICS/ECS):
Die Aufteilung dieser Pflichten und die Kostentragung dafür sind zwischen Verkäufer und Käufer unter den Punkten A2 / B2 jeder Lieferklausel geregelt. Das heißt,
  • der Verkäufer trägt - mit Ausnahme von EXW - alle Pflichten und Kosten für Sicherheitsfreigaben, die im Exportland vorgeschrieben sind.
  • der Käufer trägt - mit Ausnahme von DDP - alle Pflichten und Kosten, die im Importland anfallen.
Zusätzlich ist in A10 / B10 der jeweiligen Klausel die Pflicht zur Unterstützung bei der Beschaffung der erforderlichen sicherheitsrelevanten Informationen geregelt.
2. Luftfracht-Sicherheitskontrollen („Bekannter Versender“)
Noch immer ist umstritten, wer gemäß Incoterms® die Kosten der Sicherheitskontrollen von Luftfrachtsendungen zu tragen hat, wie z. B. das Röntgen der Ware.
Eine aus unserer Sicht nachvollziehbare und bevorzugenswerte Lösung wurde von Prof. Burghard Piltz in IHR 2/2013, S. 61ff vorgestellt. Zusammenfassend ist aus Sicht des Autors die Kostenverteilung auf den Lieferort der Ware abzustellen, da dort die Verantwortung der Ware auf den Käufer übergeht:
  • EXW, FCA: Lieferort liegt vor Beginn der Luftfracht, d. h. der Käufer trägt Kosten.
  • CPT, CIP: Lieferort liegt vor Beginn der Luftfracht, Verkäufer erfüllt seine Pflichten mit Abschluss des Transportvertrages und Übergabe an Frachtführer, d.h. der Käufer trägt Kosten.
  • DAP, DAT, DDP: Lieferort liegt nach Durchführung des Lufttransports, d.h. der Verkäufer trägt Kosten.
Die Pflicht der Kostentragung ergibt sich aus Regel A6 / B6. Die Kosten einer den Sicherheitsanforderungen entsprechenden Verpackung der Ware trägt stets der Verkäufer. Dies ergibt sich aus der Regel A9 der jeweiligen Incoterms®-Klausel.

Literatur

Das offizielle Regelwerk der ICC zur Auslegung nationaler und internationaler Handelsklauseln - Incoterms® 2010 - ist als zweisprachige Ausgabe (Deutsch/Englisch) erhältlich bei der ICC Deutschland (ISBN-978-3-929621-71-6).
Herausgabe und Vertrieb der Incoterms® 2010 :
ICC Deutschland e. V.
Wilhelmstraße 43G
10117 Berlin
Telefon 030 2007363-00
Telefax 030 2007363-69
icc@icc-deutschland.de
www.icc-deutschland.de
Weitere Informationen zu den Incoterms® und ihrer Entwicklung erhalten Sie darüber hinaus auf der Homepage der Internationalen Handelskammer in Paris unter http://www.iccwbo.org.
Stand: Februar 2019