Zollstreit mit den USA

Strafzölle auf dem Vormarsch

Nach einer längeren Periode weltweiten Zollabbaus ist nun der Protektionismus wieder auf dem Vormarsch. Staaten schotten sich ab und wollen so die heimische Industrie besserstellen. In jüngster Zeit initiierten insbesondere die USA, China, Türkei und die EU verschiedene, protektionistische Maßnahmen.
Am 31. Oktober 2021 haben sich die EU und USA auf eine Aussetzung der US- Stahl/Aluminiumzölle samt EU-Gegenmaßnahmen geeinigt und diese durch zollbefreite Quoten ersetzt.

1. EU-US Einigung: Stahl/Aluminiumzölle suspendiert

Konkret kündigten die USA an, ab dem 1. Januar 2022 die sogenannten „232-Zölle“ gegen EU-Stahl- und Aluminiumprodukte zu suspendieren. Auch die EU kündigte an, ihre Gegenzölle ab dem 1. Januar 2022 zu suspendieren. Nach der Einigung mit den USA werden zudem EU-Gegenzölle in Höhe von 3,6 Milliarden Euro, die die EU 2018 einführen wollte, dann aber zunächst auf Sommer 2021 und dann nochmals auf den 1. Dezember 2021 verschoben hatte, nicht eingeführt. Beide Seiten wollen zudem ihre laufenden Worldtradeorganisation(WTO)-Verfahren bezüglich dieser Zölle pausieren.
Die Suspendierung der Zölle gilt jedoch nur für eine begrenzte zollfreie Quote, die sich an historischen Handelszahlen orientiert: Die Menge an EU-Stahl, die vor der Einführung der 232-Maßnahmen im Jahr 2018 in die USA exportiert wurde, und die Menge an EU-Aluminium vor 2020. Eine Ausnahme gilt für Aluminiumfolie, für die die annualisierten Daten von 2021 als Basis herangezogen worden sind. Experten gehen somit von einer zollfreien Menge in Höhe von ungefähr drei bis vier Millionen Kubikmetern Stahl und Aluminium aus.
Die Kommissionspräsidentin von der Leyen und der US-Präsident Biden vereinbarten zudem Gespräche über eine globale Vereinbarung über nachhaltigen Stahl und Aluminium aufzunehmen. Die Verhandlungen sollen innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen werden. Die globale Vereinbarung soll die langfristige Wettbewerbsfähigkeit dieser Industrien sicherstellen, die CO2-arme Stahl- und Aluminiumproduktion sowie CO2-armen Handel fördern und ein globales Level playing field herstellen. Die Vereinbarung soll allen gleichgesinnten Partnern offen stehen. Dies ist dahingehend relevant, da in dem Handelskonflikt um die 232-Zölle in der WTO weitere Verfahren der Schweiz, Russlands, Chinas, der Türkei, Norwegens und Indiens gegen die USA anhängig sind.
Die globale Vereinbarung umfasst ein Monitoring der bilateralen Handelsströme im Stahl- und Aluminiumbereich sowie verstärkte gemeinsame Maßnahmen in den Bereichen Investment Screening, Klimaschutz, Industriesubventionen und Handelsschutzmaßnahmen. Auch Konsultationsmechanismen mit Wirtschaftsvertretern werden vorgeschlagen. Konkrete Maßnahmen umfassen:
  • den Marktzugang für Nichtteilnehmer, die die Bedingungen der Marktorientierung nicht erfüllen und die zu nicht marktbestimmten Überkapazitäten beitragen, durch Anwendung geeigneter Maßnahmen, einschließlich handelspolitischer Schutzinstrumente, zu beschränken
  • Beschränkung des Marktzugangs für Nichtteilnehmer, die die Normen für eine niedrige Kohlenstoffintensität nicht erfüllen
  • Sicherstellen, dass die nationalen Politiken die Ziele der Vereinbarungen unterstützen und die Senkung der Kohlenstoffintensität bei allen Produktionsarten unterstützt
  • Verzicht auf nicht marktwirtschaftliche Praktiken, die zu kohlenstoffintensiven Kapazitäten oder zu nicht marktorientierten Kapazitäten beitragen
  • Konsultationen über staatliche Investitionen in die Dekarbonisierung
  • Investitionen von nicht marktorientierten Akteuren im Einklang mit den jeweiligen nationalen Rechtsrahmen prüfen.
Die Beschlüsse müssen nun in den USA und der EU ratifiziert werden.

2. Was galt bisher?

Die Strafzölle von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium bei Einfuhr in die USA werden seit 1. Juni 2018 auch für EU-Ursprungswaren erhoben. Das hat das Weiße Haus bekanntgegeben. Die Zusatzzölle waren am 23. März 2018 eingeführt worden, jedoch waren EU-Ursprungswaren zunächst davon ausgenommen. Weiterhin ausgenommen vom Zusatzzoll sind Ursprungswaren Australiens, Argentiniens, Brasiliens und Südkoreas.
Folgende Warennummern (Codes des Harmonisierten Systems (HS)) sind vom Zusatzzoll betroffen:

HS-Codes Aluminium

  • 7601 – Aluminium in Rohform
  • 7604 – Stangen (Stäbe) und Profile
  • 7605 – Draht
  • 7606 und 7607 – Bleche und Bänder / Folien und dünne Bänder
  • 7608 und 7609 – Rohre / Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke
  • 7616.99.51.60 und 7616.99.51.70 – andere Waren aus Aluminium, gegossen, geschmiedet

HS-Codes Stahl

  • 7206.10 bis einschließlich 7216.50 – Eisen und nicht legierter Stahl in Rohformen, Halbzeug, Bleche, Walzdraht, Stabstahl, Profile
  • 7216.99 bis einschließlich 7301.30 – Draht, nichtrostender Stahl  in Rohformen, Halbzeug, Bleche, Walzdraht, Stabstahl, Profile
  • 7302.10 – Schienen
  • 7302.40 – bis einschließlich 7302.90 Laschen, Unterlagsplatten
  • 7304.10 bis einschließlich 7306.90 – Rohre und Hohlprofile, Andere Rohre
Baden-württembergische Unternehmen haben 2017 Waren aus diesen Gruppen im Wert von rund 125 Millionen Euro in die USA exportiert (Stahl-Waren für etwa 17 Millionen Euro und Aluminium-Waren für etwa 108 Millionen Euro).

3. Die EU beschließt Ausgleichszölle

Nachdem die USA mit Wirkung 1. Juni 2018 Strafzölle auf europäische Waren verhängt hatten, antwortet nun die Europäische Union (EU) mit Gegenzöllen auf traditionelle US-Waren. Darunter Produkte wie Jeans, Bourbon-Whiskey, Motorräder, Erdnussbutter sowie vereinzelt auch Stahlprodukte. Für das Inkrafttreten der Gegenzölle war ursprünglich der 1. Juli 2018 vorgesehen, jetzt hat man sich auf den 22. Juni 2018 verständigt. Details dazu finden Sie in der Durchführungsverordnung der EU.
Die EU meldete die US-seitig beschlossenen Maßnahmen zuvor bei der Welthandelsorganisation als Verstoß gegen die gemeinsam vereinbarten, internationalen Handelsregeln. Vergangene Woche stimmten die EU-Mitgliedsstaaten den Gegenmaßnahmen zu. Zunächst sind Produkte im Wert von 2,8 Milliarden Euro betroffen. In einem weiteren, später folgenden Schritt, möchte man den durch die US-Zölle entstandenen Verlust vollständig wiederausgleichen ("rebalancing"). Laut Aussagen der EU-Kommission dauert diese zweite Maßnahme jedoch noch eine Weile, mindestens solange, bis die Streitbeilegung im Rahmen der Welthandelsorganisation ein Ergebnis bringt.
Welche Importwaren von den Vergeltungszöllen betroffen sind, können Sie in dieser Information der Welthandelsorganisation nachlesen.
Als dritten Teil Ihrer "dreigleisigen Strategie", Ausgleichszölle ab 22. Juni 2018 und der Klage bei der WTO am 1. Juni 2018, führt die EU mit Wirkung 19. Juli 2018 Strafmaßnahmen auf 23 Kategorien von Stahlerzeugnissen aus Drittländern als sogenannte Zollkontingente ein. Sobald die Kontingente erschöpft sind, wird ein zusätzlicher Zollsatz von 25 Prozent für jede der 23 Kategorien erhoben, wenn, so die EU-Kommission, die Einfuhren den Durchschnitt der Einfuhren der letzten drei Jahre übersteigen. Damit möchte man die inländische Stahlindustrie schützen. Offenbar sind diese Maßnahmen mit den Regeln der World Trade Organisation (WTO) vereinbar und gelten vorerst 200 Tage. Laut EU-Kommission sollen die Maßnahmen für alle Länder gelten - ausgenommen einiger Entwicklungsländer und den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Norwegen, Liechtenstein).
Die betroffenen Waren können Sie der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1013 der Kommission entnehmen (siehe Anhang I im Link, als PDF-Dokument auf den Seiten 17 und 18).

4. USA und China

In den Handelsbeziehungen zwischen den USA und China sieht es düster aus. Die USA zeigen sich unnachgiebig und werfen China (ähnlich wie der EU) unfaire Handelspraktiken vor. So beruft sich US-Präsident Trump auf das klaffende Handelsdefizit mit China. Bei einem Handelsdefizit übersteigen die Warenimporte eines Landes die Warenexporte. Der Vorwurf des Diebstahls geistigen Eigentums steht ebenfalls im Raum. Viele deutsche Unternehmen haben Niederlassungen in beiden Ländern und sind daher von Sonderzöllen der EU sowie China doppelt betroffen. Im Folgenden finden Sie die entsprechenden Maßnahmen und betroffenen Güter.

4.1 USA gegenüber China

Folgende Maßnahmen der USA zielen auf China:
  • US-Antidumpingzölle auf Waschmaschinen und Solarpanele
    Seit 22. Januar 2018, weltweit, 8 Milliarden US-Dollar Solarpanelimporte 2017, 425 Millionen US-Dollar Waschmaschinenimporte aus China 2017
  • Importzölle von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium
    Seit 22. März 2018, weltweit außer Korea, Australien, Brasilien, Argentinien, 30 Milliarden US-Dollar Stahlimporte 2017, 18 Milliarden US-Dollar Aluminiumimporte 2017
  • „China-Liste“ Importzölle von zusätzlich 25 Prozent auf verschiedene Produkte chinesischen Ursprungs als Ausgleich von Verstößen gegen geistige Eigentumsrechte und erzwungenem Technologietransfer in zwei Schritten:
     Die erste Liste mit einer detaillierten Auflistung der betroffenen, chinesischen Güter (im Wert von 34 Milliarden US-Dollar seit 6. Juli 2018) sowie die zweite Liste mit chinesischen Gütern
  • Die beiden Listen sind nach wie vor gültig, jedoch bestehen einige Ausnahmen. Ausgenommen von den 25 Prozent Zusatzzoll sind 33 Produkte aus der ersten Liste, speziell aus den Kapiteln 84, 85, 86 und 90 des US-Zolltarifs (siehe Annex). Für diese Produkte konnten US-Unternehmen im vergangenen Jahr Ausnahmen beantragen. Schauen Sie nach, ob die zehnstellige Unterpositionsnummer bei den Ausnahmen auftaucht.
Mit Wirkung 10. Mai 2019 gelten Zusatzzölle auf Waren chinesischen Ursprungs von 25 Prozent. Davon sind 5.745 Tariflinien oder, anderst ausgedrückt, die Hälfte aller chinesischen Exporte in die USA betroffen. Begründet wurde dieser Schritt mit den weiterhin anhaltenden „unfairen Handelspraktiken Chinas.
Ursprünglich wurde der Anstieg der Zusatzzölle auf 25 Prozent seit 1. Januar 2019 für 90 Tage ausgesetzt. Dies vereinbarten US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping nach dem G20-Gipfel in Buenos Aires. Jedoch konnten sich beide Seiten innerhalb dieser Frist nicht einigen und so kam es nun zu diesem Schritt. Zudem steht die Ausweitung der Zusatzzölle von 25 Prozent auf alle Warenimporte aus China im Raum.

4.2 China gegenüber USA

Folgende (Gegen-)Maßnahmen Chinas zielen auf die USA:
  • Vergeltungszölle auf US-Importe im Wert von 50 Milliarden US-Dollar (42,7 Milliarden Euro). Seit 6. Juli 2018 greifen zusätzliche Zölle von 25 Prozent auf 545 US-Waren im Wert von 34 Milliarden US-Dollar. Seit dem 23. August 2018 gelten 25 Prozent Zusatzzoll auf weitere 333 US-Waren im Wert von 16 Milliarden US-Dollar. Die Warenlisten sind in Chinesisch.
China senkt seit 1. Januar 2019 die auf 144 KFZ bzw. -teile bestehenden Einfuhrzölle von 40 auf dann 15 Prozent. Diese Vereinbarung wurde im Rahmen des G20-Gipfels Anfang Dezember in Buenos Aires getroffen und gilt weiterhin.
Als Reaktion auf die von den USA mit Wirkung 10. Mai verhängten Zusatzzölle von 25 Prozent auf chinesische Ursprungsware verhängt China seinerseits mit Wirkung 1. Juni 2019 Zusatzzölle auf 5.140 Waren US-Ursprungs. Waren im Wert von insgesamt 60 Milliarden US-Dollar sind betroffen. Die Zusatzzölle reichen von fünf bis 25 Prozent. Die betroffenen Tariflinien können folgenden Anlagen (in Chinesisch) entnommen werden:
Aktuelle Meldungen lassen sich auch leicht auf der Seite des Chinesischen Handelsministeriums (MOFCOM) recherchieren oder auf der Seite des Office of the U.S. Trade Representative.

5. USA und Türkei

Auch zwischen der USA und Türkei gab es in jüngster Vergangenheit Spannungen. Ausgangspunkt sind die – laut USA – zu hohen Importzahlen türkischer Stahlexporte und die damit einhergehende Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA.

5.1 USA gegenüber Türkei

Folgende Maßnahmen der USA zielen auf die Türkei:
  • Erhöhung der Zusatzzölle von ursprünglich 25 auf 50 Prozent der Stahlimporte türkischen Ursprungs
    Seit 13. August 2018 gilt die Maßnahme. Es handelt sich insbesondere um HS-Positionen 7206 bis 7229 und 7301, 7302, 7304 bis 7306.
Die US-Regierung schraubt mit Wirkung 21. Mai die Zusatzzölle auf Stahlimporte türkischen Ursprungs von 50 wieder auf das Ausgangsniveau von 25 Prozent herunter.

5.2 Türkei gegenüber USA

Folgende Maßnahmen der Türkei zielen auf die USA:
  • Verdoppelung der bereits seit 21. Juni 2018 bestehenden Zusatzzölle auf Warenimporte us-amerikanischen Ursprungs
    Seit 15. August 2018 gilt die Maßnahme für folgende Produkte: Nüsse und Schalenfrüchte (20 Prozent), Reis (50 Prozent), bestimmte Lebensmittelzubereitungen (20 Prozent), Alkoholika (140 Prozent), Rohtabak (60 Prozent), Steinkohle (13,7 Prozent), Koks (10 Prozent) und Petrolkoks (4 Prozent), Schminkmittel (69 Prozent), PVC (50 Prozent) und Polyamid (10 Prozent) in Rohformen, Waren aus Kunststoffen (60 Prozent), Brennholz (10 Prozent), Roh- und Kraftpapier (20 Prozent), bestrichene Papiere (50 Prozent), bestimmte Textilfasern (60 Prozent), bestimmte Stahlteile (60 Prozent), Pumpen (20 Prozent) und Maschinen (20 Prozent), Pkw (120 Prozent) und bestimmte Röntgengeräte (10 Prozent).
Quellen: DIHK, GTAI, Ministry of Commerce People's Republic of China, Office of the U.S. Trade Representative

6. Ausblick Zollstreit

Mit Blick auf die EU erwägt der US-Präsident die Einführung neuer Maßnahmen, darunter eine Anhebung der Importzölle auf deutsche Kraftfahrzeuge um 25 Prozent. Konkret ist jedoch noch nichts und es bleibt abzuwarten, ob gegebenenfalls diplomatische Bemühungen hier eine Annäherung bringen können. Von der Anhebung wäre nicht nur die deutsche Automobilindustrie betroffen, sondern auch Zulieferer von KFZ-Teilen.
Im Rahmen der sogenannten „Investigation Section 301” werfen die USA der chinesischen Regierung unfaire Handelspraktiken und Diebstahl geistigen Eigentums vor. Es steht die Überlegung im Raum, weitere Schutzzölle von bis zu 25 Prozent auf alle Waren mit Ursprung in China mit einem jährlichen Handelsvolumen von etwa 300 Milliarden US-Dollar zu erheben.
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Stand: Februar 2024