Nationale Kleinunternehmerregelung - Vorteile und Voraussetzungen

Die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung macht das Leben vieler Neugründungen und kleiner Unternehmen einfacher: Keine Umsatzsteuer abführen, keine Voranmeldungen dem Finanzamt einreichen und auch keine Verpflichtung, E-Rechnungen auszustellen – das spart Zeit und Nerven. Aber aufgepasst: Um von diesen Vorteilen zu profitieren, müssen bestimmte Voraussetzungen sowie Umsatzgrenzen eingehalten und ganzjährig beobachtet werden.
Stand: März 2025
Hinweis: Die gesetzlichen Regelungen der Besteuerung der Kleinunternehmer sind in Paragraf 19 Umsatzsteuergesetz (UStG) zu finden.
Der Gesetzgeber hat die Kleinunternehmerregelung zum 1. Januar 2025 deutlich ausgeweitet und umfassend modifiziert. Wir informieren in diesem Artikel ausschließlich über die aktuell gültigen Regelungen.

Allgemeine Informationen zur Kleinunternehmerregelung

Die Kleinunternehmerregelung soll den Alltag von Gründern und kleinen Unternehmen erleichtern. So brauchen Kleinunternehmer für die von ihnen ausgeführten Umsätze keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen und somit auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Seit dem Jahr 2025 bleiben die Umsätze von Kleinunternehmen zusätzlich steuerfrei. In der Folge entfällt die Verpflichtung, E-Rechnungen in dem neuen Format zu versenden, der Empfang dieser Rechnungsformate muss jedoch weiterhin ermöglicht werden.
Klingt im ersten Moment prima, hat jedoch auch Nachteile. So haben Kleinunternehmer im Gegenzug kein Recht zum Vorsteuerabzug. Sie können also die Umsatzsteuer aus den Eingangsrechnungen nicht vom Finanzamt erstattet bekommen – beispielsweise ist der Wareneinkauf somit 19 Prozent teurer. Daher sollte man sich vorab gut überlegen und durchrechnen, ob die Kleinunternehmerregelung für das eigene Unternehmen sinnvoll ist oder sich der Mehraufwand der Regelbesteuerung – also der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung – durchaus lohnen kann.

Wer darf die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen?

  • Unternehmer, die mit Ihrem Betrieb im Inland oder in Gebieten ansässig sind, die im Umsatzsteuergesetz in Paragraf 1 Absatz 3 aufgeführt sind.
  • Unternehmer, deren steuerbare Umsätze für Lieferungen und sonstige Leistungen im Inland gegen Bezahlung und im Rahmen des Unternehmens ausgeführt werden.
  • Unternehmer, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000 Euro (alt: 22.000 Euro) nicht überschritten hat und
  • im laufenden Kalenderjahr 100.000 Euro (alt: 50.000 Euro) nicht überschreitet.

Wie wird der Gesamtumsatz ermittelt?

Neu ist, dass sich der Gesamtumsatz nach den vereinnahmten Netto-Umsätzen bemisst, die Umsatzsteuer ist also nicht mehr mit einzubeziehen.
Bei der Berechnung ist weiterhin der steuerbare Umsatz zu berücksichtigen. Damit zählen Einfuhren aus dem Drittlandsgebiet (Umsatzsteuergesetz) und der innergemeinschaftliche Erwerb (Umsatzsteuergesetz) nicht zum Gesamtumsatz. Darüber hinaus sind auch bestimmte steuerfreie Umsätze nicht mit in den Gesamtumsatz einzubeziehen.
Welche Umsatzarten im Detail bei der Berechnung des Gesamtumsatzes zuzurechnen oder abzuziehen sind, ist im Umsatzsteuergesetz in Paragraf 19 Absatz 2 beschrieben.
Es ist ebenfalls wichtig zu wissen, dass im umsatzsteuerlichen Sinne ein Unternehmer immer nur eine Unternehmenseinheit haben kann. Diese umfasst alle gewerblichen und beruflichen Tätigkeiten. Für die Berechnung des Gesamtumsatzes und die Prüfung, ob die Kleinunternehmergrenze überschritten wurde, sind somit alle vom Unternehmer ausgeführten Umsätze der Unternehmenseinheit einzubeziehen.
Demgegenüber werden Personengesellschaften, Personenvereinigungen und Kapitalgesellschaften als eigenständige Unternehmen betrachtet. Die Umsatzgrenzen gelten daher auch separat für die Umsätze einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) oder einer UG (Unternehmergesellschaft).

Was passiert, wenn die Umsatzgrenzen überschritten werden?

Bis zum 31. Dezember 2024 konnte beim unterjährigen Überschreiten der jeweiligen Umsatzgrenze, das restliche Jahr weiterhin die Kleinunternehmerregelung genutzt werden.
Neu ist: Der sofortige Wechsel zur Regelbesteuerung tritt ein. Das heißt, wird die Umsatzgrenze für das laufende Kalenderjahr (100.000 Euro oder im Jahr der Gründung 25.000 Euro) überschritten, führt dies zu einer sofortigen Beendigung der Kleinunternehmereigenschaft. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bereits der erste Umsatz, der die Umsatzgrenze (100.000 Euro oder im Jahr der Gründung 25.000 Euro) überschreitet, in den Rechnungen mit Umsatzsteuer auszuweisen ist. Alle vorherigen, nach der Kleinunternehmerregelung steuerbefreiten Umsätze bleiben weiterhin steuerfrei.
Wurde im vorangegangenen Kalenderjahr ein Gesamtumsatz von mehr als 25.000 Euro, aber nicht mehr als 100.000 Euro erzielt, erfolgt der Wechsel zur Regelbesteuerung grundsätzlich zu Beginn des laufenden Kalenderjahres.

Auf die Kleinunternehmerregelung verzichten?

Ob die Kleinunternehmerregelung Vorteile für das Unternehmen bringt, hängt stark vom Unternehmenszweck ab. Daher haben Unternehmer die Möglichkeit, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten (Option zur Regelbesteuerung). Der Verzicht kann beispielsweise sinnvoll sein, wenn:
  • zu Beginn der Geschäftstätigkeit hohe Anfangsinvestitionen erfolgten und daher viel Umsatzsteuer an die Lieferanten gezahlt wurde. Durch den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung kommt man in den Genuss des Vorsteuerabzugs.
  • sich der Kundenkreis überwiegend aus anderen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern zusammensetzt und Privatkunden eher eine untergeordnete Rolle spielen.
Abnehmer, die Unternehmer sind, können die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ihrerseits als Vorsteuer geltend machen. Da Kleinunternehmer die selbst gezahlte Umsatzsteuer aus den Eingangsrechnungen in die Preiskalkulation einbeziehen, sind dessen Leistungen automatisch teurer.
Die freiwillige Verzichtserklärung ist gegenüber dem Finanzamt bis zum letzten Tag des Monats Februar des übernächsten Kalenderjahres zu erklären. Der Verzicht gilt von Beginn des Kalenderjahres an, für das er erklärt wurde.
Beispiel: Für das Kalenderjahr 2025 kann der Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung bis zum 28. Februar 2027 erklärt werden. Wird der Verzicht für das Kalenderjahr 2025 bis zu diesem Datum erklärt, kommt ab dem 1. Januar 2025 die Regelbesteuerung zur Anwendung.
Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung kann wie bisher formlos gegenüber dem Finanzamt erklärt werden. Daher ist grundsätzlich auch weiterhin die Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder Umsatzsteuererklärung unter Anwendung der Regelbesteuerung als Verzicht zu werten.
Wichtig: Die Verzichtserklärung kann nicht zurückgenommen werden. Der einmal erklärte Verzicht löst eine Bindungsfrist von mindestens fünf Kalenderjahren aus. Nach Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist kommt die Regelbesteuerung auch weiterhin zur Anwendung, bis der Verzicht gegenüber dem Finanzamt widerrufen wird.

Können Neugründer auf die Kleinunternehmerregelung verzichten?

Bei der Gründung eines Unternehmens wird man vom Finanzamt automatisch als Kleinunternehmer eingestuft. Es besteht jedoch die Möglichkeit, bereits bei der Abgabe des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten - mit allen oben beschriebenen Konsequenzen.

Was ist bei der Rechnungsstellung zu berücksichtigen?

Für die im Inland ausgeführten, aber aufgrund der Kleinunternehmerbesteuerung steuerfreien, Umsätze ist eine Rechnung mit folgenden Angaben zu erstellen:
  • den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
  • die dem leistenden Unternehmer erteilte Steuernummer, die USt-IdNr. oder die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer,
  • das Ausstellungsdatum,
  • die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
  • das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung mit einem Hinweis auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer und
  • soweit die Rechnung von einem Leistungsempfänger ausgestellt worden ist (Gutschrift) einen Hinweis auf diese Abrechnung durch Gutschrift.
Keine Pflicht zur Abrechnung mit einer E-Rechnung: Kleinunternehmer müssen weiterhin keine Rechnung in einem strukturierten elektronischen Format (E-Rechnung) ausstellen. Wie alle anderen Unternehmer auch, müssen sie jedoch in der Lage sein, E-Rechnungen zu empfangen, zu lesen und entsprechend zu archivieren.

Keine Umsatzsteuererklärung - erst einmal …

Da Kleinunternehmer weder Umsatzsteuer schulden noch Vorsteuer geltend machen können, müssen sie grundsätzlich auch keine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben. Auch die Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung entfällt ab dem Besteuerungszeitraum 2024. Die Pflicht zur Abgabe bleibt aber bei Aufforderung durch das Finanzamt oder in einigen Sonderfällen bestehen – diese sind dem Umsatzsteuergesetz in Paragraf 18 Absatz 4a zu entnehmen.

Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in anderen EU-Mitgliedsstaaten

Seit dem 1. Januar 2025 können Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen auch die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Anspruch nehmen. Hierfür ist die Teilnahme am Meldeverfahren der EU-Kleinunternehmer-Regelung beim Bundeszentralamt für Steuern zu beantragen, dass umfangreiche Informationen auf seiner Homepage zur Europäischen Kleinunternehmerregelung (EU-KU-Regelung) veröffentlicht.
Daneben stellt auch die Europäische Kommission Informationen zur Verfügung- u.a. Informationen zur Kleinunternehmerregelung in anderen Mitgliedstaaten. Unter “Legislation-Guide” finden sich zudem sog. Explanatory Notes zu den neuen Vorschriften.
Hinweis: Diese Veröffentlichung ist ein Service der Industrie- und Handelskammer Darmstadt für ihre Mitgliedsunternehmen. Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen, die nur erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Es kann eine steuerliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.