Geldforderungen

Verzugszinsen, Abschlagszahlung und Fertigstellungsbescheinigung

Im Falle des Verzuges kann ein Händler vom Schuldner Zinsen verlangen. Auch bei Abschlagszahlungen und die sogenannte Fertigstellungsbescheinigung beim Werkvertrag dürfen Zinsen berechnet werden. Die Höhe und die Fälligkeit der Zinsen sind gesetzlich festgelegt.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geht der Gesetzgeber gegen die schlechte Zahlungsmoral von Schuldnern vor, die sich in den letzten Jahren in Deutschland weiter verschlechtert hat. Geldforderungen werden nur zögerlich bezahlt. Die Zeiträume werden immer länger, in denen fällige Zahlungen beglichen werden. Marktstarke Schuldner nutzen ihre Markstellung aus und zahlen ihre Schulden an kleine und mittlere Unternehmen erst lange Zeit nach Fälligkeit oder lassen sich sogar verklagen, um sich somit auf Kosten ihrer Gläubiger zinslose Kredite zu verschaffen, für die keine Sicherheiten gestellt werden müssen.
Durch das Gesetz sollen Verzögerungen von Zahlungen wirtschaftlich unattraktiv gemacht werden. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, fällige Ansprüche schneller geltend zu machen.

1. Erhöhung der Verzugszinsen

Der in Paragraf 288 BGB früher mit vier Prozent im Jahr festgeschriebene Satz für Verzugszinsen wurde angehoben. Seit dem 1. Mai 2000 liegt er fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz, bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz neun Prozent über dem Basiszinssatz (der mit Einführung des Euro den früheren Diskontsatz der Bundesbank abgelöst hat). Derzeit beträgt dieser 3,62 Prozent (Stand: 1. Januar 2024); der aktuelle Zinssatz kann unter www.bundesbank.de beziehungsweise bei der eigenen Hausbank abgefragt werden. Ein Schuldner muss in Zukunft fasst doppelt so hohe Zinsen bezahlen wie bisher, sofern der Gläubiger nicht konkret einen noch höheren Schaden durch die verspätete Begleichung der Rechnung nachweisen kann.

2. Fälligkeit der Verzugszinsen

Ein Anspruch auf diese Zinsen entsteht, wenn der Gläubiger einer fällig gewordenen Forderung seinen Schuldner ausdrücklich durch Mahnung in Verzug setzt. Dies ist in Paragraf 286 Absatz 1 Satz 1 BGB geregelt. Der Verzug tritt spätestens jedoch - unabhängig vom Ausspruch einer Mahnung - nach 30 Tagen nach Zugang der Rechnung automatisch ein. Dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Sofern der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung unsicher ist, er also vom Schuldner bestritten wird, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Empfang der Gegenleistung in Verzug.
Natürlich ist auch eine kürzere Frist möglich (zum Beispiel zehn Tage). Diese muss aber individuell durch die Vertragsparteien vereinbart werden! Eine einseitige Bestimmung durch den Gläubiger reicht nicht. Eine solche Vereinbarung durch die Alögemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist daher nicht möglich.

3. Änderungen im Werkvertragsrecht

a) Nach Paragraf 632 a BGB kann ein Unternehmer vom Besteller für in sich abgeschlossene Teile des Werkes Abschlagszahlungen für die erbrachten vertragsmäßigen Leistungen verlangen. Dies gilt auch für erforderliche Stoffe oder Bauteile, die eigens angefertigt oder angeliefert wurden. Dieser Anspruch besteht allerdings nur dann, wenn dem Besteller Eigentum hieran übertragen oder ihm Sicherheit hierfür geleistet wurde.
b) Ausgeschlossen wird die Möglichkeit, wegen „unwesentlicher Mängel” die Abnahme zu verweigern und damit die Zahlungspflicht hinauszuzögern (Paragraf 640 BGB).
c) Da früher Auftraggeber mitunter gegenüber ihren Subunternehmern die Zahlung verweigerten mit der Behauptung, die Leistung sei vom Bauherrn noch nicht abgenommen worden, setzt der reformierte Paragraf 641 BGB fest, dass die Subunternehmer Zahlung verlangen können, sobald der Unternehmer seinerseits die Vergütung erhalten hat, unabhängig davon, ob der Bauherr die bisherige Leistung abgenommen hat.
d) Die sogenannte Fertigstellungsbescheinigung (Paragraf 641 a BGB) regelt folgendes: Unternehmer sollen die Durchsetzung ihrer Forderungen beschleunigen können, indem sie einen Gutachter beauftragen, der ihnen die Mangelfreiheit ihres Werkes bestätigt. Unternehmer und Besteller können sich auf einen bestimmten Sachverständigen einigen. Der Unternehmer kann aber auch bei der Industrie- und Handelskammer, einer Handwerkskammer, einer Ingenieurkammer oder einer Architektenkammer beantragen, dass ihm ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger benannt wird. Der Gutachter muss vom Unternehmer bezahlt werden. Der Sachverständige ist kraft Gesetzes verpflichtet, die Bescheinigung unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Er muss mindestens einen Besichtigungstermin abhalten und die Vertragsparteien hierzu zwei Wochen vorher einladen. Der Besteller ist verpflichtet, eine Untersuchung des Werkes durch den Gutachter zu gestatten. Verweigert er die Untersuchung, wird vermutet, dass das zu untersuchende Werk vertragsgemäß hergestellt ist. Die Bescheinigung ist dann ohne Besichtigung zu erteilen und das Werk gilt als abgenommen. Dem Besteller ist vom Gutachter eine Abschrift der Bescheinigung zu übergeben.
e) Auch die Rechtsstellung des Bestellers wird gestärkt. In der Vergangenheit durfte der Besteller nach ständiger Rechtsprechung, wenn er Mängelbeseitigung verlangen konnte, die Zahlung der Vergütung nicht nur in Höhe des Betrages verweigern, der den erforderlichen Kosten der Mängelbeseitigung entsprach, sondern konnte auch einen so genannten Druckzuschlag verlangen. Dessen Höhe wurde mit dem Doppelten bis Dreifachen der Kosten angesetzt. Dieser so genannte Druckzuschlag wurde nun gesetzlich verankert. Der Besteller kann die Bezahlung eines Teils der Vergütung, mindestens in der Höhe des Dreifachen der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten, verweigern.
Stand: Januar 2023