Bildungsfreistellung trifft auf Vorbehalte

Die sächsischen Industrie- und Handelskammern haben ihre Mitgliedsunternehmen zu ihrer Meinung zum geplanten Bildungsfreistellungsgesetz befragt. Die Umfrage lief vom 11. April bis zum 31. Mai und es beteiligten sich 293 Unternehmen aus den Wirtschaftszweigen Industrie, Bau, Gastronomie/Tourismus, Handel, Dienstleistungen und Verkehr.
61 % der befragten Unternehmen stehen dem Vorhaben kritisch gegenüber oder lehnen es ganz ab. Knapp drei Viertel rechnen mit negativen Folgen – unter anderen eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation, eine weitere Verringerung des Arbeitsvolumens und weniger betriebliche Weiterbildung. Die Initiative kommt angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage, in der die sächsischen Unternehmen sich seit zwei Jahren befinden, zur Unzeit. Insolvenzen und Entlassungspläne treffen auf Fachkräftemangel und eine wachsende Teilzeitquote.
Mehr als 95 Prozent der Unternehmen ermöglichen ihren Mitarbeitenden bereits betriebliche Weiterbildungen – im Durchschnitt an vier Tagen pro Jahr. In Zeiten wirtschaftlichen Wandels, lebenslangen Lernens und nicht zuletzt des Fachkräftemangels ist den Unternehmen an der Weiterentwicklung ihrer Belegschaft gelegen. Mehr als die Hälfte stellen die Mitarbeiter zudem bereits für private Weiterbildungsinteressen frei, zwei Drittel davon sogar ganz oder teilweise bezahlt.
Sollte die Bildungsfreistellung trotz dieser klaren Ablehnung aus der Unternehmerschaft kommen, sprechen sich zwei von drei Unternehmern für die Umsetzung von drei Tagen aus, so wie es im Koalitionsvertrag vorgesehen ist. Außerdem plädieren 75 % der befragten Unternehmen für eine Kompensation der entstehenden Kosten durch den Freistaat. Mehr als die Hälfte gibt an, dass bezahlte Freistellungen nur für arbeitsplatzrelevante Inhalte möglich sein sollten. Weitere 18 % fordern den Ausschluss von Themen der politischen Bildung.
In den anderen Bundesländern, in denen Gesetze zur Bildungsfreistellung zum Teil bereits seit den 70er Jahren existieren, nehmen lediglich ein bis zwei Prozent der Beschäftigten die Möglichkeit zur Bildungsfreistellung in Anspruch. Diese langjährigen Erfahrungen zeigen: Die Planungen gehen am Bedarf vorbei. In dem Sinne würde das Bildungsfreistellungsgesetz lediglich einen zusätzlichen Bürokratieaufwuchs bedeuten.