Vergabebeschleunigungsgesetz
Stellungnahme der sächsischen Industrie- und Handelskammern zum Gesetzentwurf des Vergabebeschleunigungsgesetzes
Sehr geehrtes Mitglied des deutschen Bundestages,
der Gesetzentwurf zum Vergabebeschleunigungsgesetz ist nunmehr dem Bundestag zugeleitet worden.
Die Sächsischen Industrie- und Handelskammern begrüßen, dass der Gesetzgeber die öffentliche Beschaffung einfacher, schneller und unbürokratischer gestalten will. Wir begrüßen insbesondere, dass der Gesetzentwurf im § 97 Absatz 4 GWB-E am Grundsatz der Losvergabe zur Förderung des Mittelstandes festhält. Die Aufteilung in Teil- oder Fachlose bleibt damit die Regel. Neu ist jedoch eine Ausnahmemöglichkeit vom Losgrundsatz: Sie gilt ausschließlich für besonders dringliche Infrastrukturvorhaben, die aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität finanziert werden und deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert das 2,5-Fache der EU-Schwellenwerte übersteigt. Soweit die Beschränkung der Ausnahme auf die genannten Infrastrukturvorhaben und der genannten Höhe begrenzt bleibt, wird die Abweichungsmöglichkeit als sinnvoll erachtet.
Der Gesetzentwurf bleibt allerdings in den folgenden Punkten weit hinter den gesteckten Zielen zurück. Sie bedürfen im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch einer Nachbesserung:
1.Artikel 1 Ziffer 9 - § 113 Absatz 1 Nummer 9 GWB-E (Verordnungsermächtigung):
Die vorgesehene Regelung für eine Verordnungsermächtigung der Bundesregierung zu „verpflichtenden Anforderungen an die Klimafreundlichkeit bei der Beschaffung von Leistungen“ lässt offen, auf welche konkreten Maßnahmen und Kriterien sich eine solche Verordnung erstrecken soll und welche Reichweite der Begriff „Klimafreundlichkeit“ hat. Dadurch eröffnet sich eine inhaltlich kaum begrenzbare Möglichkeit, ohne ein transparentes Gesetzgebungsverfahren tiefgreifende verbindliche Vorgaben an den Beschaffungsgegenstand zu machen. Ein solch intransparentes Verfahren führt zudem zu immer weniger Akzeptanz von Regulierungen.
Wir befürchten außerdem, dass hierdurch wesentliche, umweltbezogene Kriterien, wie sie im ursprünglichen § 120a GWB-E des gescheiterten Gesetzgebungsverfahrens zum Vergaberechtstransformationsgesetz enthalten und mit erheblichen bürokratischen Folgen für die Wirtschaft verbunden waren, durch die Hintertür doch noch eingeführt werden. Diese Regelung ist daher zu streichen!
2.Artikel 1 Ziffer 31 - § 173 Absatz 1 GWB-E (Wegfall der aufschiebenden Wirkung):
Nach dem Gesetzentwurf soll die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung der Vergabekammer auf Nachprüfung entfallen. Die Folge für Bieter wäre, dass sie im Falle einer Ablehnung ihres Nachprüfungsantrags keinen gerichtlichen Primärrechtsschutz mehr in Anspruch nehmen könnten, der ihnen die Chance auf den Zuschlag ermöglicht. Das würde zu einer erheblichen Verkürzung des Rechtsschutzes unterlegener Bieter führen und zöge insgesamt gravierende Einschränkungen des effektiven Primärrechtsschutzes nach sich. Diese Regelung führt – obwohl vom Gesetzgeber als Ziel ausgegeben – gerade nicht dazu, mittelständischen, jungen und innovativen Unternehmen den Zugang zur öffentlichen Vergabe zu erleichtern. Die Regelung sollte gestrichen werden!
Wir bitten Sie, im parlamentarischen Verfahren unser Anliegen zu unterstützen!
Im Namen der Landesarbeitsgemeinschaft
der sächsischen Industrie- und Handelskammern
der sächsischen Industrie- und Handelskammern
Christoph Neuberg
Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz
29.10.2025
Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz
29.10.2025