Sächsischere Doppelhaushalt 2025/26

Sächsischer Landtag
Vorsitzender des Haushalts- und
Finanzausschusses
Postfach 11 01 33
01330 Dresden
14.04.2025
Stellungnahme der Sächsischen Industrie- und Handelskammer zum Entwurf des Sächsischen Doppelhaushalt 2025/26

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Sächsischen Industrie- und Handelskammern nehmen den Regierungsentwurf des Doppelhaushalts Sachsen 2025/26 mit großer Besorgnis zur Kenntnis. Nach eingehender Analyse der vorgesehenen Maßnahmen und finanziellen Planungen möchten wir im Folgenden kritische Themenbereiche nennen, in denen aus unserer Sicht erhebliche Auswirkungen auf die sächsische Wirtschaft zu erwarten sind.
1. Investitionen
Besonders alarmierend ist die geplante Reduktion der Investitionsquote von 16,8 Prozent im Jahr 2024 auf lediglich 12,6 Prozent im Jahr 2026. Dies entspricht einem Rückgang der investiven Mittel um 25 Prozent bzw. mehr als 1 Milliarde Euro pro Jahr. Diese drastischen Kürzungen gefährden die nachhaltige Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Sachsen. Das wird unweigerlich zu einem weiteren Verfall der in Teilen ohnehin schon maroden und nicht bedarfsgerechten Infrastruktur im Freistaat führen. Das Aufschieben von dringend notwendigen Sanierungen verteuert Erhaltungsinvestitionen zusätzlich.
Der Freistaat darf sich nicht auf mögliche neue Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur des Bundes verlassen, die ohnehin mit 412 Mio. Euro p.a. allenfalls einen kleinen Teil der Einschnitte kompensieren können.
Der Sächsische Landtag muss Ausgaben priorisieren und mit eigenen Mitteln in die Sanierung seines Bestandes investieren. Nur dann kann das Kriterium „Zusätzlichkeit“ des Sondervermögens des Bundes auch tatsächlich die gewünschten Effekte erzielen. Das Sondervermögen sollte nicht für die Umsetzung von Projekten, deren Finanzierung vorher aus dem regulären sächsischen Haushalt herausgestrichen wurden, verwendet werden. Die Bildungs- und Forschungsinfrastruktur (inkl. Berufsschulen und Wohnheime) sowie die Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur stellen die Grundlage für zukünftiges Wachstum dar und sind deswegen in den Mittelpunkt der Investitionen zu stellen.
Wir fordern beispielsweise die Kürzungen in der Staatsstraßensanierung rückgängig zu machen. So sind für die Maßnahmen zur Erhaltung der Staatsstraßen nur noch ca. 15 Mio. Euro (2025) und 14,4 Mio. Euro vorgesehen (Titel 78375). In den Vorjahren waren es jeweils ca. 38 Mio. Euro (Titel 78375). Für den dringenden Erhalt von Brücken sinken die Ausgaben auf 10,3 Mio. Euro (2025) und 9,1 Mio. Euro (Titel 78675) nach 10,5 Mio. Euro in den beiden Vorjahren. Nur bei größeren Ingenieurbauwerken (>2,5 Mio. Euro Titel 780 75) sind leichte Steigerungen auf 6,9 Mio. Euro (2025) bzw. 4 Mio. Euro (Vorjahre 3. Mio. Euro) zu verzeichnen. Die Förderung des kommunalen Straßen- und Brückenbaus sinkt auf 3,6 Mio. Euro 2025 und 6 Mio. Euro 2026 (Titel 88315) nach 37 Mio. Euro 2023 und 12,5 Mio. Euro (2024). Die Umsetzung der Erhaltungsstrategie Staatsstraßen 2030 und der Erhalt der kommunalen Verkehrsinfrastruktur erfordert hier auch vor dem Hintergrund der starken Preissteigerungen einen deutlichen höheren Mitteleinsatz. Besonders die Reparaturen aufgrund stark schwankender klimatischer Bedingungen benötigen eine auskömmliche Finanzierung, um den Betrieb aller Straßenkategorien zu sichern und auf Schäden zügig und damit nachhaltig zu reagieren.
Weiterhin müssen die Elektrifizierung wie Chemnitz-Geithain (Titel 89114) und Dresden – Bischofswerda (Titel 89115) im Bereich der Eisenbahn vorangetrieben werden und die weiteren Planungsleistungen sichergestellt werden. Die neue Bundesregierung ermöglicht mit dem geplanten Wegfall der Kosten-Nutzen-Untersuchung (KNU) eine zügige Realisierung anstehender Bahnverkehrsprojekte, diese Chance darf Sachsen nicht untätig verstreichen lassen, insbesondere da die KNU in der Vergangenheit als Hinderungsgrund für den Ausbau angeführt wurde. Insbesondere die Elektrifizierung und der zweigleisige Ausbau des Streckenabschnitts Chemnitz – Geithain ist seit Langem überfällig, um die Fernverkehrsanbindung aller Regionen im Freistaat leistungsfähig zu gestalten. Weiterhin ist der Unterhalt der Eisenbahnstrecke Annaberg-Buchholz Süd – Schwarzenberg als Teststrecke des Smart Rail Connectivity Campus (SRCC Titel 89201), als regionales Leuchtturmprojekt des autonomen Schienenverkehrs sicherzustellen.
2. Wirtschaftsförderung
Grundsätzlich begrüßen wir die Prioritätensetzung in der Wirtschaftsförderung und den Fokus auf strukturprägende Projekte (ECA, IPCEI).
Die Kürzungen bei der Kofinanzierung von EU- und Bundesförderprogrammen dürfen nicht dazu führen, dass Gelder für Investitionen und Innovationen nicht in ausreichendem Maß für die sächsische Wirtschaft zur Verfügung stehen. Aus der Staatsregierung ist zu vernehmen, dass die Pauschalsenkung von 10 Prozent der Eigenmittel über die Abfinanzierung bereits bewilligter Förderprojekte abgedeckt wird und somit alle Neuanträge vollständig kofinanziert werden können. Wir erwarten, dass der Freistaat zu dieser Aussage steht. Insbesondere die Kofinanzierung für die GRW-Förderung muss sichergestellt werden.
Zur Finanzierung der sächsischen Beratungsrichtlinie (Titel 68301) stehen aktuell im Haushaltsentwurf 4,2 Mio. Euro. Diese Mittel sind bereits vollständig durch bewilligte Beratungsanträge aus 2024 sowie Anträge vor dem Haushaltsstopp 2025 gebunden. Der Haushalt muss hier um ca. 3 Mio. Euro erhöht werden, um im Haushaltszeitraum neue Beratungen zu ermöglichen. Ansonsten werden bis Ende 2026 keine Anträge mehr möglich sein.
Die Förderrichtlinie Beratungsförderung ist die einzige Richtlinie, durch die der Freistaat eine Unterstützung aller Regionen in Sachsen und aller Branchen zu allen Themen der Unternehmensentwicklung unterstützt. Bei überschaubarem Mitteleinsatz wird eine erhebliche Wirkung erzielt. Gefördert wurden durch diese Maßnahme allein im Jahr 2024 über 1.100 Unternehmen mit über 30.000 Arbeitsplätzen. Zielgruppe sind vor allem kleinste und kleine Unternehmen in Sachsen, die sich Expertise nicht ohne eine finanzielle Unterstützung leisten können. Die Fördermittel wirken doppelt, da einerseits nur sächsische KMU antragsberechtigt sind und andererseits auch die eingesetzten Berater nahezu vollständig aus Sachsen kommen. 2024 waren über 200 Beratungsunternehmen aus ganz Sachsen im Einsatz.
Die Weiterfinanzierung der erfolgreichen Initiative „Ab in die Mitte“ (u.a. 68103) ist zu begrüßen. Der Wettbewerb ist eine öffentlich-private Partnerschaft und ermöglicht nachhaltige Projekte für die Innenstadtbelebung, die insbesondere in Folge der Corona-Pandemie notwendig sind.
3. Bildung und Fachkräftesicherung
Positiv hervorzuheben ist die Priorisierung von Bildungs- und Forschungsausgaben im Sächsischen Doppelhaushalt 2025/26. Wir begrüßen ausdrücklich, dass von den Kürzungen Lehrkräfte, Referendariate sowie der Personalbereich in Forschung und Lehre verschont bleibt. In diesem Zusammenhang ist uns ebenfalls wichtig, dass die Zuschüsse für Praxisberater (Titel 68452) an sächsischen Schulen nicht gekürzt werden. Die fachpraktischen Berufsorientierungsprojekte aus der Bund-Länder-Vereinbarung Bildungsketten (z. B. „Schau Rein!“, Werkstatttage) sind unbedingt auf aktuellem Niveau beizubehalten.
Sorgen bereiten uns indes die Kürzungen in der Verbundausbildung (Titel 68607). Verbundausbildungen sind insbesondere für kleine Unternehmen ein wichtiges Instrument, um auch bei geringen Ressourcen und Ausstattungen ausbilden zu können. Der Ausbildungsmarkt als tragende Säule im Kampf gegen den Fachkräftemangel würde unter Kürzungen leiden, weil kleinere Unternehmen durch die wegfallende Unterstützung nicht mehr in der Lage sind, Ausbildungsplätze anzubieten. Es muss sichergestellt werden, dass keine überproportionale Kürzung zu Lasten der Verbundausbildung (IHK-Unternehmen) gegenüber der Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU-HWK-Unternehmen) vorgenommen wird. Gerade auch KMU aus dem Verarbeitenden Gewerbe/Industrie nutzen die Möglichkeit der Verbundausbildung, wenn sie nicht über alle für die Ausbildung notwendigen technischen Anlagen verfügen. Die Nachwuchsgewinnung in der Industrie ist jedoch elementar wichtig für die nachhaltige Wertschöpfung im Freistaat.
Der Meisterbonus (Titel 68102) ist im Vergleich zu den Vorjahren konstant geblieben, obwohl zunächst ein Mittelaufwuchs im Koalitionsvertrag avisiert wurde. Wir fordern, diese zusätzlichen Mittel nachträglich in den Haushaltstitel aufzunehmen und damit die Ausweitung der Förderung auf Betriebswirte und Techniker zu ermöglichen. Die Weiterbildungsförderung ausschließlich für Handwerksberufe ist angesichts der in Sachsen vorherrschenden Arbeitsmarktstruktur nicht nachzuvollziehen.
4. Personalabbau / Verwaltungsmodernisierung
Der geplante Abbau von lediglich 382 Stellen bis 2026 ist unzureichend. Die Sächsischen Industrie- und Handelskammern fordert einen spürbaren Personalrückbau und eine Verwaltungsmodernisierung, um die Effizienz der Verwaltung zu steigern und finanzielle Mittel für dringend benötigte Investitionen freizusetzen. Die derzeit geplante Reduktion wird nicht ausreichen, um die notwendigen Einsparungen zu erzielen. Deshalb ist ein neuer Stellenplan mit deutlich reduziertem Personalumfang (ca. 15 Prozent) zu erarbeiten. Chancen für Kosteneinsparungen speisen sich aus dem großen Digitalisierungs- und Bündelungspotenzial in den sächsischen Behörden, welches den notwendigen und demografisch ohnehin anstehenden Personalabbau ermöglicht und erleichtert. Der Fokus der Aufgaben- und Personalkritik sollte insbesondere auf nachgelagerten Agenturen liegen.
Fazit
Der Doppelhaushalt Sachsen 2025/26 weist erhebliche Schwächen auf, die die wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit des Freistaates gefährden. Die Sächsischen Industrie- und Handelskammer fordern daher im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens eine umfassende Überarbeitung des Haushaltsentwurfs, um die notwendigen Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Innovation sicherzustellen. Eine Verwaltungsmodernisierung und Digitalisierung im Zusammenspiel mit einer konsequenten Aufgabenkritik müssen die Ausgabenspielräume für die notwendigen Investitionen schaffen.
Im Namen der Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern im
Freistaat Sachsen

Max Jankowsky
Präsident der Industrie- und Handelskammer Chemnitz