Koalitionsverhandlungen Bund

Sächs. MdBs CDU; SPD, Grüne
13.03.2025
Koalitionsverhandlungen Bund – Stärkung Wettbewerbsfähigkeit Standort Deutschland
Sehr geehrter Damen und Herren Abgeordnete,
nach Veröffentlichung der Ergebnisse der Sondierungen zwischen CDU, CSU und SPD zur Bildung der nächsten Bundesregierung stehen in den kommenden Wochen entscheidende Verhandlungen im Rahmen der Koalitionsbildung an. Vor dem Hintergrund der aktuellen Konjunkturlage in Deutschland ist es unerlässlich, im kommenden Koalitionsvertrag substanzielle Vereinbarungen zur Stärkung der Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit zu verankern. Gerade auch mit Blick auf die beiden gewaltigen Sonderschuldpakete wächst in der sächsischen Wirtschaft die Befürchtung, dass mit dem vielen frischen Geld der Druck für Veränderungen im Land erlahmt und mit dem zusätzlichen Geld vorhandene Probleme lediglich kaschiert werden. Deshalb dürfen die zusätzlichen Mittel ausschließlich für notwendige Investitionen genutzt werden. Die Schuldenpakte müssen mit einer umfassende Reformagenda verbunden werden, denn solide Staatsfinanzen und sicherer Wohlstand kommen in erster Linie durch wirtschaftliches Wachstum. Im Mittelpunkt ist die nachhaltige Ausgestaltung der Sozialversicherungssysteme und mithin eine Senkung der Lohnnebenkosten zu stellen. Zudem braucht es eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes (Änderung des Arbeitszeitgesetzes, höhere Anreize für Erwerbstätigkeit) sowie eine Senkung der Energiepreise (Absenkung der Stromsteuer und die Halbierung der Netzentgelt) für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft.
Die sächsischen Industrie- und Handelskammer fordern ein Reformpaket mit großen Freiräumen und spürbar weniger Regulierung sowie Kostenentlastungen für Betriebe und einen schnelleren Staat. Deshalb wollen wir folgende drei Punkte aus dem Sondierungspapier besonders herausstellen:
  • „Bürokratie rückbauen“ (Zeile 152-157 Sondierungspapier)
    CDU, CSU und SPD halten fest, in den kommenden vier Jahren die Bürokratiekosten für Unternehmen um 25 Prozent zu reduzieren. Aus Sicht der Wettbewerbsfähigkeit insbesondere des produzierenden Gewerbes stellt hierbei die Aufhebung des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) einen zentralen Ansatz der Bürokratieentlastung dar. Erst kürzlich hat die EU-Kommission ein Verfahren initiiert, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie inhaltlich vereinfachen und zeitlich später umsetzen soll. In Brüssel ist die Erkenntnis gereift, dass im Kontext der aktuellen geopolitischen Entwicklungen Europa nur als starker, wettbewerbsfähiger Standort Gestaltungsspielräume sichern kann und aktuell keine Zeit für Bürokratiemehrbelastungen der Unternehmen ist. Die neue Bundesregierung muss sich dieser Erkenntnis anschließen und das LkSG in der jetzigen Form aufheben. Eine entsprechende Gesetzesinitiative der CDU/CSU-Fraktion ist bereits in der abgelaufenen Legislatur eingebracht worden. Auch SPD-Spitzenpolitiker haben sich in den vergangenen Monaten dementsprechend geäußert.
  • „Investitionen anreizen“ (Zeile 141-143 Sondierungspapier)
    Die betriebliche Investitionsbereitschaft ist den jüngsten IHK-Erhebungen nach auf einem Tiefpunkt angelangt. Dies ist umso besorgniserregender, als das durch ausbleibende Investitionen in den Unternehmen Innovationen und künftige Wertschöpfungspotenziale verhindert werden. Es ist daher die richtige Schlussfolgerung, im Sondierungspapier eine breit angelegte Unternehmenssteuerreform festzuhalten (Zeile 143). Der Wirtschaftsstandort Deutschland und noch mehr der Standort Sachsen sind bekanntermaßen durch ihre starke Mittelstandsstrukturen geprägt. Im Mittelstand entstehen die Geschäftsmodelle und Prozesse von morgen, die Wohlstand in der Breite sichern.
    Konkret fordern wir für den Koalitionsvertrag eine Unternehmenssteuerreform, die die Gesamtbelastung aus Körperschafts- und Gewerbesteuerbelastung dauerhaft bei 25 Prozent deckelt. Um insbesondere Personengesellschaften, oftmals KMU, parallel zu entlasten muss die nächste Bundesregierung den Solidaritätszuschlag (SolZG) vollständig abschaffen.
  • „Mindestlohn“ (Zeile 209-221 Sondierungspapier)
Die Mindestlohnkommission wurde aus gutem Grund bei Einführung des Mindestlohns eingesetzt. Es gilt, die Findung der Mindestlohnhöhe interessenübergreifend und wissenschaftlich untersetzt zu beraten und sie hierdurch dem politischen Tagesgeschäft, insbesondere zu Wahlkampfzeiten, zu entziehen. Die Kommission ist in diesem Sinne gleichermaßen mit Vertretern der Spitzenverbände von Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzt.
2021 wurde der Mindestlohn durch die Bundesregierung und damit über die Beratungen der Kommission hinwegsetzend erhöht. Die Forderungen dazu kamen im vorherigen Bundestagswahlkampf auf. Im Bundestagswahlkampf 2024/25 kamen erneut Forderungen, nach einer Erhöhung über durch die Bundesregierung auf.
Wir fordern die aktuellen Verhandler auf, im Koalitionsvertrag ein deutliches Bekenntnis zur entpolitisierten Arbeit der Mindestlohnkommission zu verankern. Einmischungen der Bundesregierung in diese Arbeit müssen dementsprechend im Vertrag negiert werden.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
die sächsischen IHK haben in ihrem Papier „Wirtschaftspolitik 2030. 10 Zukunftsthemen der Sächsischen Industrie- und Handelskammern für die deutsche Wirtschaft“ eine Reihe weiterer gebotener Vorhaben für die neue Bundesregierung veröffentlicht. Bitte nehmen Sie dieses Papier als Ergänzung der oben genannten drei Empfehlungen und nutzen Sie Ihren Einfluss in den kommenden Wochen, um die richten Weichen für einen wirtschaftspolitischen Neustart in Deutschland zu stellen.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Im Namen der Industrie- und Handelskammern im Freistaat Sachsen

Christoph Neuberg
Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz