Gebäude TÜV

Sächsisches Ministerium für Infrastruktur
und Landesentwicklung
Archivstraße 1
01097 Dresden
23.04.2025
Appell der sächsischen Immobilienwirtschaft
Bitte um ablehnende Positionierung zum geplanten „Gebäude-TÜV“

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin,
die Mitglieder der sächsischen Industrie- und Handelskammern, insbesondere die Arbeitskreise Immobilienwirtschaft der IHK Chemnitz und IHK Dresden sowie der Dienstleistungsausschuss der IHK zu Leipzig, reagierten besorgt auf die Bestrebungen der DIN e.V. für die Schaffung einer Norm „Verkehrssicherheitsüberprüfung für Wohngebäude - Regelmäßige Prüfroutinen im Rahmen von Sichtprüfungen und Zustandsbewertungen, Grundlagen und Prüflisten“.
Ziel dieses Regelwerkes ist ein „allgemeines Verfahren zur Beurteilung von Risiken zur Wahrung der Verkehrs-sicherungspflichten für Eigentümer/innen und Betreiber/innen von bestehenden Gebäuden und zugehöriger Peripherie (in Form von Gebäudegrundstücken, Verkehrsflächen-/ Wegen)“ festzulegen. Darunter fallen bspw. verschiedene Prüfroutinen als Sicht- oder Funktionsprüfungen zur Kontrolle von Balkonbrüstungen, Dachrinnen, Treppengeländern, Teppichklopfstangen, Markisen oder der gleichmäßigen Verteilung von Dachbegrünungen für alle Wohngebäude.
Wenngleich eine Norm nur freiwillig anzuwenden ist, berufen sich Gerichte und Versicherer im Schadensfall immer wieder auf den Stand der Technik und damit auch auf bestehende Normen.
Die Branche befürchtet einen unkalkulierbaren Anstieg an Bürokratie für Dokumentationen und Kosten für den Einsatz entsprechender sach- und fachkundiger Prüfer. Die Umlage dieser Kosten auf Mieter führt zu einer weiteren Verteuerung fürs Wohnen und macht das Bauen, vor dem Hintergrund des ohnehin schon gestiegenen Bauzinses, noch unattraktiver.
In Deutschland bestehen über 2.500 Normen allein zum Bauen, weiterer Normen bedarf es nicht. Es sollte im Gegenteil nach Ansicht unserer Mitglieder stärker an der Deregulierung gearbeitet werden, um Anreize für Wohnen und Bauen zu schaffen und damit den Standort Sachsen für Fachkräfte, Studierende und Auszubildende attraktiver zu machen.
Wir bitten die Staatsregierung, sich politisch öffentlich zu positionieren und die Fortführung des Projektes „Gebäude-TÜV“ entschieden abzulehnen. Ein entsprechendes Statement hat bereits der bayrische Bauminister, Christian Bernreiter, für den Freistaat Bayern abgegeben.
Beiliegend finden Sie exemplarisch erste Unternehmermeinungen der Ausschuss- und Arbeitskreismitglieder der IHK Chemnitz, Dresden und Leipzig.
Wir stehen für weitergehende Informationen und Rückfragen jederzeit zur Verfügung und vermitteln bei Bedarf gern den Kontakt zu betroffenen Mitgliedsunternehmen.

Im Namen der Landesarbeitsgemeinschaft
der Sächsischen Industrie- und Handelskammern

Christoph Neuberg
Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz

Anlage - Unternehmermeinungen
  • „Hauptsache das Vorhaben kann verhindert werden. Wenn man die Aufzählungen im Prüfverfahren aufmerksam liest, weiß man was hier auf Immobilieneigentümer zukommt. (Viel Arbeit und weitere Kosten). Dies ist kein Beitrag zur Entbürokratisierung – nur eine sichere Sache, für die die prüfen wollen – wird wahrscheinlich irgendwann eine Zertifizierung dafür erforderlich werden.“
  • „Mit der Einführung der entsprechenden DIN-Norm wird ein weiterer Verwaltungsaufwand gesehen. Die gesetzliche Vorgabe, welche im Rahmen der Bewirtschaftung von Immobilien in den letzten Jahren den Betreibern auferlegt wurden, haben bereits zu einer nicht unerheblichen Mehrbelastung geführt. Darunter sind die Änderungen/Ergänzungen aus dem GEG, dem Meldegesetz und der Heizkostenverordnung (hier die UVI) zu sehen. Die vom Gesetzgeber als notwendig anzusehenden Prüfungen, wie zum Beispiel für den Personenaufzug, die Heizungsanlage und Brandmeldeeinrichtungen decken unserer Meinung nach die wichtigsten Punkte bereits ab. Es ist aus unserer Sicht nicht notwendig, dass sich hier ein Dritter kostenpflichtig zu Lasten des Vermieters sich um im Treppenhaus abgestellte Brandlasten oder die Funktionalität der Dachhaut und Dachentwässerung annimmt.
    Letzteres wird dann mit der Stellung von technischem Equipment wie Hubsteigern einhergehen, welches den organisatorischen Aufwand für den Verwalter und die Kosten für den Vermieter weiter steigert.“
  • „...nach kursorischer Durchsicht ist die DIN 94681 „Verkehrssicherheitsüberprüfung für Wohngebäude - Regelmäßige Prüfroutinen im Rahmen von Sichtprüfungen und Zustandsbewertungen, Grundlagen und Prüflisten“ abzulehnen. In Zeiten, in denen die gesamte Wirtschaft unter überbordender Bürokratie leidet und die Politik das zum Teil auch erkannt hat und mehrere Gesetze zur Bürokratieminderung erlassen hat, frage ich mich, ob der DIN e.V. wirklich nichts Besseres zu tun hat, als diesen Katalog auszuarbeiten und warum der Zeitgeist bei dem DIN e.V. noch nicht angekommen ist. Man kann sich nicht vor allen drohenden Gefahren sichern, auch nicht mit der noch so minutiös ausgearbeiteten Norm.

    Um Dinge, wie Balkonbrüstungen, Jalousien oder feuerhemmende Türen prüfen zu können, müsste man zunächst in die Wohnung hineingelassen werden. Aus der Praxis der kommunalen Wohnungswirtschaft kann ich Ihnen sagen, dass das früher schon schwierig und aufwendig war, aber heutzutage eine Kata-strophe ist. Nebenbei sei erwähnt, dass Dinge wie Fenster und Jalousien zur Mietsache gehören und der Mieter verpflichtet ist, Schäden und Mängel beim Vermieter anzuzeigen.
    Mich wundert, dass eine Vielzahl von Normen, wie z.B. Brüstungshöhen, Füllstababstand von Geländern und Geländerhöhen sehr detailliert mit Maßangaben in dieser DIN angegeben werden, wo doch klar sein sollte, dass man für die Vielzahl der Dinge Bestandsschutz hat, die Angaben dort also unnütz sind.

    Diese Prüfungen nach der vorgeschlagenen DIN 94681 wären ja jährlich durchzuführen, sind damit also regelmäßig veranlasst und damit in meinen Augen auf die Betriebskosten umlagefähig. Der Umfang dieser Prüfungen lässt sich auf die Schnelle schwer schätzen, erscheint aber enorm. Gerade auch im Hinblick auf die extrem gestiegenen Heizkosten, sind wir bemüht, die Betriebskosten so gering wie möglich zu halten. Daher ist diese umfangreiche Prüfung abzulehnen. Eine Vielzahl der vorgeschlagenen Dinge erledigen wir bei unserer normalen Arbeit ohnehin schon mit.

    Der DIN e.V. schreibt zwar, dass dies nur eine Vorschlagsliste sei, die keine rechtlich bindende Ausführungspflicht beinhaltet, aber ich befürchte, dass es sich, wenn diese DIN ins Leben gerufen wird, die Versicherungen einfach machen und sich bei auftretenden Schäden zunächst die Dokumentation zur Prüfung nach der DIN 94681 zeigen lassen, bevor sie einen Schaden im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht regulieren.

    Aus vorgenannten Gründen ist die DIN 94681 abzulehnen. „
  • Dem Anliegen, dass auch Wohngebäude die zu garantierenden Schutzziele bei der Nutzung erfüllen müssen, ist nicht zu widersprechen. Mit Recht gehört die Verkehrssicherheit auch dazu, wo die Frage der Verantwortlichkeit vollkommend ausreichend geklärt ist. Dazu ist die DIN 94681 nicht notwendig!

    Die DIN ist aber auch mit dem Anspruch „wir müssen das Überprüfen regeln“ bezüglich der Kontrollintensität und der Kontrollhäufigkeit unbedingt abzulehnen, da sie den Eindruck vermitteln möchte, dass durch formelle Abarbeitung von Prüfroutinen in formalen Zeitabständen eine höhere Einhaltung des Schutzzieles garantiert werden kann.
    Im Gegenteil, es muss in der Verantwortung jedes Bestandhalters bleiben nach den Gegebenheiten des Einzelgebäudes und der Charakteristik der Nutzung explizit entscheiden zu können und zu müssen, wie er durch Kontrolle und Durchsetzung von Maßnahmen zur Verkehrssicherheit, dem Schutzziel gegen-über dem Nutzer entsprechen kann.
    Dazu hat er das Recht und die Pflicht der Abwägung zur Verhältnismäßigkeit seiner Maßnahmen.