Erneuerbare Energien

Oliver Fritzsche MdL
Vorsitzender des Ausschusses für Infrastruktur und Landesentwicklung
22.05.2025
Gesetz zur Änderung planungsrechtlicher Vorschriften und akzeptanzfördernder Maßnahmen im Bereich der Erneuerbaren Energien
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Veröffentlichung vom 07.05.2025 gelangte uns der Entwurf des Gesetzes zur Änderung planungsrechtlicher Vorschriften und akzeptanzfördernder Maßnahmen im Bereich der Erneuerbaren Energien zur Kenntnis. Zu diesem möchten wir im folgenden Stellungnehmen.
  1. Ausgangssituation
Mit dem Beschluss des Gesetzes zur Festlegung von Flächenbedarfen für Windenergieanlagen an Land (Windenergieflächenbedarfsgesetz - WindBG) vom 20.07.2022 wurden erstmals auf Bundesebene verbindliche Flächenziele zur Ausweisung von Windkraft Eignungsflächen auf Bundesebene vorgegeben. Diese werden in Anlage 3 des Gesetzes auf Landesziele heruntergebrochen. Damit ergibt sich für das Land Sachsen die folgenden Zielvorgaben zur Ausweisung von Windeignungsflächen:
  • 1,3% der Landesfläche bis 2027
  • 2% der Landesfläche bis 2032
Durch die Änderung des Landesplanungsgesetzes vom 12.06.2024 wird das Ziel der Flächenausweisung von 2% bereits auf 2027 vorgezogen.
Durch das sächsische Erneuerbare-Energien-Ertragsbeteiligungsgesetz, vom 12.Juni 2024, wird mit dem Ziel der Akzeptanzförderung, eine finanzielle Beteiligung von Kommunen, welche vom Ausbau erneuerbarer Energien betroffen sind, verpflichtend eingeführt. Die Höhe der Zahlungsverpflichtung beläuft sich auf 0,2 ct/kWh für Windenergieanlagen, bzw. 0,1 ct/kWh für Freiflächen Photovoltaikanlagen. Das Gesetz sieht eine Evaluierung der Wirkung im Drei-Jahres-Turnus vor.
2. Rückkehr zur Bundesregelung von 2 Prozent bis 2032
Grundsätzlich ist es nachvollziehbar, dass mit der Rückkehr zur bundesweiten Regelung eines Flächenziels von 2 Prozent bis 2032 versucht wird, etwas Druck von den regionalen Planungsverbänden zu nehmen und die Akzeptanz vor Ort nicht weiter zu gefährden.
Nichtsdestotrotz stellt das ständige Hin und Her bei den rechtlichen Rahmenbedingungen einen erheblichen Unsicherheitsfaktor für Unternehmen dar. Die mangelnde Beständigkeit erschwert die Investitions- und Projektplanung erheblich und schwächt das Vertrauen in politische Entscheidungen. Künftige Gesetzgebungsverfahren sollten diesem Aspekt deutlich mehr Beachtung schenken, um langfristig stabile Rahmenbedingungen zu gewährleisten.
3. Änderungen am Ertragsbeteiligungsgesetz
Die geplante Anpassung des Ertragsbeteiligungsgesetzes ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Wir unterstützen ausdrücklich die Grundidee des Gesetzes, da eine finanzielle Beteiligung der Kommunen zur Akzeptanzsteigerung in der Bevölkerung beiträgt und somit den dringend benötigten Ausbau der Erneuerbaren Energien – insbesondere der Windkraft – fördert.
Allerdings ist nicht ersichtlich, warum bereits weniger als ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes eine grundlegende Änderung erfolgen soll. In § 7 Abs. 2 des bestehenden Gesetzes ist eine Evaluierung im Drei-Jahres-Turnus vorgesehen – ein sinnvoller Zeitrahmen, um reale Wirkungen und Verbesserungsbedarfe datenbasiert zu erfassen. Eine vorschnelle Anpassung unterläuft dieses Evaluierungsprinzip und gefährdet die Wirkung eines an sich tragfähigen Instruments.
  1. Einführung einer direkten Anwohnerbeteiligung
Die Einführung einer zusätzlichen direkten finanziellen Beteiligung von Anwohnern im Umkreis von 2,5 Kilometern erscheint auf den ersten Blick als weiteres akzeptanzförderndes Instrument. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass der damit verbundene Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen steht:
  • Der organisatorische und administrative Aufwand ist erheblich: Die Auszahlung individueller Beträge setzt die Prüfung von Selbsterklärungen voraus, erfordert den Abschluss von Datenschutzerklärungen, eine Vielzahl von Einzelüberweisungen sowie die Verwaltung unterschiedlichster Einzelfälle.
  • Es stellen sich praktische Fragen, wie etwa: Wie wird mit Zugezogenen, Verstorbenen oder Neugeborenen umgegangen? Diese Komplexität ist bislang nicht hinreichend geklärt.
  • Der wirtschaftliche Nutzen für die einzelnen Anwohner dürfte angesichts potenziell geringer Auszahlungsbeträge überschaubar bleiben – insbesondere im Verhältnis zum entstehenden Verwaltungsaufwand.
Insgesamt führt die vorgeschlagene Änderung zu einer erheblichen bürokratischen Mehrbelastung für die Betreiber von Windkraftanlagen, die sich letztlich auch in höheren Kosten für die Endverbraucher niederschlagen kann. Gleichzeitig wird ein funktionierendes Instrument ohne ausreichende Wirkungserkenntnisse verkompliziert.
5. Zusammenfassung
Unsere Wirtschaft – insbesondere der Standort Sachsen – ist dringend auf wettbewerbsfähige Strompreise angewiesen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss daher konsequent vorangetrieben und nicht durch überhastete gesetzgeberische Maßnahmen ausgebremst werden.
Akzeptanzsteigernde Maßnahmen sind zweifellos ein wichtiger Baustein der Energiewende. Sie müssen jedoch fundiert, langfristig tragfähig und in ihrer Umsetzung praktikabel sein.
Im Namen der Landesarbeitsgemeinschaft
der Sächsischen Industrie- und Handelskammern

Christoph Neuberg
Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz