Beschäftigungsbezogene Aufenthaltstitel
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Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz
Herr Staatssekretär
Thomas Kralinski
Wilhelm-Buck-Straße 2 01097 Dresden |
16.05.2025
Zentralisierte Bearbeitung von beschäftigungsbezogenen Aufenthaltstiteln
Sehr geehrter Herr Staatssekretär,
die sächsische Wirtschaft ist in wachsendem Maße auf die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen. In Sachsen ist – wie in allen ostdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Berlins – die Anzahl deutscher Beschäftigter in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Wesentliche Ursachen sind demografische Entwicklungen und altersbedingte Austritte aus dem Erwerbsleben. Parallel dazu berichten zahlreiche Unternehmen von zunehmenden Schwierigkeiten, offene Stellen mit geeigneten Fachkräften zu besetzen (Fachkräftemonitoring 2024: 57 %).
Den Ausländerbehörden kommt im Rahmen der Fachkräfteeinwanderung eine zentrale Rolle zu – insbesondere bei der Bearbeitung von beschäftigungsbezogenen Aufenthaltstiteln[1]. Die bestehenden Strukturen der Ausländerbehörden stoßen dabei zunehmend an Kapazitäts- und Effizienzgrenzen. Daher ist es wichtig, die Erhöhung der Kapazität und die Verbesserung von digitalen Beratungsangeboten der Ausländerbehörden im Rahmen des Maßnahmenplans zur Gewinnung internationaler Fach- und Arbeitskräfte (M21/22) weiterzuverfolgen.
Um die Fachkräfteeinwanderung verlässlich, zügig und rechtssicher zu gestalten, halten wir die zentrale Bearbeitung von Anträgen auf beschäftigungsbezogene Aufenthaltstitel für dringend geboten. Eine Zentralisierung der Zuständigkeit würde Verfahren vereinheitlichen, Bearbeitungszeiten verkürzen und damit Unternehmen wie Fachkräften gleichermaßen Planungssicherheit geben.
Andere Bundesländer – z. B. Nordrhein-Westfalen und Berlin – haben bereits positive Erfahrungen mit der Zentralisierung entsprechender Prozesse gemacht. Dieses Vorgehen hat sich als effektiv erwiesen: Die Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln und Arbeitserlaubnissen konnten deutlich beschleunigt und transparenter gestaltet werden.
Darüber hinaus schafft eine zentrale Bearbeitungsstelle klare Zuständigkeiten und fungiert als verlässlicher Ansprechpartner sowohl für Unternehmen als auch für ausländische Fachkräfte. Dies verbessert die Kommunikation, die Koordination und insbesondere die Beratungskompetenz in Fragen der Arbeitsmarktintegration.
Neben dem beschleunigten Fachkräfteverfahren, das zentralisiert bearbeitet werden kann, sind Unternehmen häufig mit folgenden Situationen konfrontiert
- Statuswechsel nach Ausbildungsabschluss:
Die Umwandlung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Berufsausbildung nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung in einen Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit gestaltet sich oftmals schwierig.
Lange Bearbeitungszeiten verhindern eine nahtlose Anschlussbeschäftigung. Dies führt zu erheblichen Unsicherheiten bei Unternehmen hinsichtlich der Weiterbeschäftigung ihrer Auszubildenden – trotz vorhandener Arbeitsplätze und Integrationsbereitschaft.
2. (Weiter-)Beschäftigung von Personen mit Duldung oder auslaufenden fluchtbedingten Aufenthaltstiteln:
Unternehmen stoßen regelmäßig auf Schwierigkeiten bei der Anstellung von Personen mit Duldung oder mit auslaufenden fluchtbedingten Aufenthaltstiteln, insbesondere wenn keine Beratung durch die kommunalen Ausländerbehörden zu alternativen arbeitsmarktbezogenen Aufenthaltstiteln erfolgt.
Das Problem wird verstärkt, wenn der betroffene Arbeitgeber und der Arbeitnehmer/Bewerber in unterschiedlichen Landkreisen ansässig sind und dadurch zwei Ausländerbehörden involviert sind. Häufig entscheiden die Ausländerbehörden nicht einheitlich, was zu Verunsicherung auf Seiten der Arbeitgeber und den Arbeitnehmern/Bewerbern führt.
Ein besonderes Hindernis stellt in diesem Zusammenhang die Wohnsitzauflage dar. Auch bei einer Arbeitsaufnahme in einem anderen Landkreis oder einer anderen Stadt ist ein Wohnsitzwechsel häufig erst nach erfolgreichem Abschluss der Probezeit möglich. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedeutet dies in der Praxis, dass qualifizierte und bereits integrierte Personen entweder lange Anfahrtswege in Kauf nehmen oder die Beschäftigung nicht aufnehmen können. Im schlechtesten Fall kommt es zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses oder zur Ausreise, obwohl eine dauerhafte Arbeitsintegration möglich gewesen wäre.
3. Aufenthaltstitelwechsel im Beschäftigungskontext:
Ausländische Fach- und Arbeitskräfte, die bereits im Besitz eines Aufenthaltstitels sind, müssen im Laufe ihres beruflichen Weges häufig in einen anderen Titel wechseln bzw. einen bestehenden ändern lassen – etwa beim Übergang von einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung in eine Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit, beim Wechsel des Arbeitgebers oder bei einem Statuswechsel aus humanitären Gründen in einen beschäftigungsbezogenen Aufenthaltstitel.
Diese Titelwechsel sind in vielen Fällen zeitkritisch, da sie unmittelbar über den Verbleib der Fachkraft im Betrieb entscheiden. Aufgrund der bestehenden Überlastung vieler Ausländerbehörden dauern solche Verfahren jedoch oft mehrere Wochen oder gar Monate. In dieser Zeit herrscht für Unternehmen Unsicherheit darüber, ob eine Beschäftigung fortgeführt oder überhaupt aufgenommen werden darf. In der Folge werden Stellen gar nicht erst besetzt oder laufende Arbeitsverhältnisse müssen unterbrochen werden.
4. Unzureichende Fallzahlen und fehlende Expertise in kleineren Ausländerbehörden:
Viele kleinere kommunale Ausländerbehörden in Sachsen verzeichnen nur wenige Fälle im Bereich der Fachkräfteeinwanderung. Aufgrund dieser geringen Fallzahlen fehlt es häufig an der Möglichkeit, verwaltungsinterne Spezialisierung und nachhaltigen Kompetenzaufbau zu betreiben. Die Bearbeitung beschäftigungsbezogener Aufenthaltstitel erfordert jedoch detaillierte Kenntnisse der entsprechenden Gesetze und Verordnungen sowie der Schnittstellen zur Bundesagentur für Arbeit und zu den Anerkennungsstellen.
In der Praxis führt dieser Mangel an Erfahrung dazu, dass Verfahren verzögert, fehlerhaft oder uneinheitlich durchgeführt werden. Unternehmen berichten regelmäßig von erheblichen Unterschieden in der Entscheidungspraxis zwischen verschiedenen Landkreisen, was zu Rechtsunsicherheit und Frustration bei Arbeitgebern und Fachkräften führt.
Diese Punkte verdeutlichen, dass es eine stärkere Zentralisierung in der Bearbeitung für von beschäftigungsbezogenen Aufenthaltstiteln braucht, um die Fachkräfteeinwanderung nach Sachsen effektiv zu gestalten:
- Effizienzsteigerung
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Bündelung von Ressourcen und Fachwissen: Durch eine zentralisierte Bearbeitung kann eine fachliche Spezialisierung erreicht werden. Das reduziert Einarbeitungszeiten, Fehlerquoten und verkürzt die Bearbeitungsdauer.
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Standardisierte Verfahren: Einheitliche (und digital gestützte) Abläufe führen zu schnelleren Entscheidungen, verringern Rückfragen und vermeiden uneinheitliche Auslegung von Vorschriften.
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Entlastung kommunaler Ausländerbehörden
2. Transparenz und Rechtssicherheit
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Einheitliche Entscheidungsgrundlagen: Eine zentralisierte Bearbeitung gewährleistet eine konsistente Auslegung und Anwendung der aufenthaltsrechtlichen Regelungen im Sinne der arbeitsmarktrelevanten Einwanderung. Das erhöht die Vorhersehbarkeit und Planbarkeit für Arbeitgeber und Fachkräfte.
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Reduktion regionaler Unterschiede: Derzeit bestehen teils erhebliche Unterschiede in der Bearbeitungsdauer und Auslegungspraxis zwischen den Landkreisen. Eine zentralisierte Bearbeitung sichert regionale Vergleichbarkeit und reduziert Ermessensspielräume, die zu Rechtsunsicherheit führen.
3. Unterstützung der Wirtschaft
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Verlässliche Ansprechpartner für Unternehmen: Eine zentralisierte Bearbeitung schafft eine fachlich kompetente, dauerhaft erreichbare Anlaufstelle für Arbeitgeber – unabhängig vom Sitz des Unternehmens oder der Ausländerbehörde.
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Beschleunigte Verfahren als Standortvorteil: Für Unternehmen in Sachsen ist die schnelle und reibungslose Einstellung ausländischer Fachkräfte ein entscheidender Faktor im Wettbewerb um Talente – besonders im Vergleich zu anderen Bundesländern.
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Vermeidung von Beschäftigungslücken: Durch zügige und rechtsklare Verfahren können Fachkräfte nahtlos übernommen oder weiterbeschäftigt werden, etwa nach Ausbildungsende, Statuswechsel oder Arbeitgeberwechsel – ein entscheidender Beitrag zur Sicherung betrieblicher Kontinuität.
Wir sind davon überzeugt, dass die zentralisierte Bearbeitung von beschäftigungsbezogenen Aufenthaltstiteln einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung von Fachkräften in Sachsen leisten kann und die Anstellung ausländischer Arbeitskräfte effektiv fördert. Durch die Bündelung von Fachwissen und Ressourcen können Verfahren beschleunigt und die rechtlichen Rahmenbedingungen klarer und transparenter gestaltet werden. Dabei muss die zentralisierte Bearbeitung derart ausgestaltet sein, dass diese von den kommunalen Behörden als Unterstützung wahrgenommen wird und zu keinem Stellenaufwuchs in der Staatsverwaltung führt.
Wir freuen uns darauf, diese Maßnahme im Quartalsgespräch mit Ihnen zu diskutieren.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung und freuen uns darauf, unsere Expertise in den weiteren Prozess einzubringen.
Im Namen der Landesarbeitsgemeinschaft
der sächsischen Industrie- und Handelskammern
der sächsischen Industrie- und Handelskammern
Christoph Neuberg
Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz
Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz
[1]Zu den beschäftigungsbezogenen Aufenthaltstitel zählen wir alle Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildung oder der Erwerbstätigkeit
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