Ausbleibende Stromsteuersenkung
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An die
Mitglieder des deutschen Bundestages
des Freistaates Sachsen
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08.07.2025
Ausbleibende Stromsteuersenkung für die Breite der Wirtschaft
Sehr geehrte Mitglieder des Bundestages,
im Namen der rund 250.000 IHK-Mitgliedsunternehmen im Freistaat Sachsen appellieren wir eindringlich an Sie, sich im Rahmen des aktuellen parlamentarischen Verfahrens zum Bundeshaushaltsgesetz für eine vollumfassende Stromsteuersenkung, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, einzusetzen. Dies ist sowohl wirtschaftlich als auch im Hinblick auf die auf Vertrauen basierende Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft geboten.
Mit dem am 5. Mai 2025 unterzeichneten Koalitionsvertrag vereinbarte die neue Bundesregierung als Sofortmaßnahme zur Entlastung der Wirtschaft die Senkung der Stromsteuer für alle Endverbraucher auf das europäische Mindestmaß. Entgegen dieser Vereinbarung ist im Kabinettsbeschluss zum Bundeshaushalt vom 24. Juni nur noch von der Verstetigung der bereits existierenden Stromsteuersenkung für das produzierende Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft, die ursprünglich Ende 2025 auslaufen sollte, die Rede. Als Begründung werden fiskalische Zwänge und der in diesen Branchen besonders große internationale Wettbewerbsdruck angeführt.
Diese Entscheidung stößt in der sächsischen Wirtschaft auf großes Unverständnis und Enttäuschung. Die kurzfristige Änderung von Zielsetzungen trägt zum erneuten Verlust des Vertrauens der Wirtschaft in die Verlässlichkeit und Planbarkeit politischer Rahmenbedingungen beziehungsweise in die Aussagen handelnder Akteure in Regierungsverantwortung bei. Viele Unternehmen haben auf die politischen Zusagen gesetzt und ihre betrieblichen Planungen danach ausgerichtet. Die hohen Stromkosten treffen dabei längst nicht nur die Industrie. Auch der Handel, das Gastgewerbe, die Logistikbranche, zahlreiche Dienstleistungsunternehmen und Handwerker können hohe Energiepreisanteile in ihren betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten haben und leiden massiv unter der Energiepreisentwicklung. Die Senkung der Stromsteuer als politische Maßnahme wäre ein deutliches Signal zur Entlastung in die Breite der Wirtschaft – gerade in dem nun schon seit drei Jahren andauernden Konjunkturtal. In diesem Kontext ist den Endverbrauchern auch nicht das Argument der fiskalischen Zwänge zu vermitteln.
So soll der Bundesetat für das kommende Jahr 519,5 Milliarden Euro betragen. Dagegen stehen mögliche Belastungen des Bundeshaushalts durch eine wie angekündigt vollumfängliche Stromsteuersenkung von gerade mal 5,4 Milliarden Euro. Gerade in Branchen, welche im Rahmen der Dekarbonisierung vor der Herausforderung eines Transformationsprozesses stehen, der oft eine Elektrifizierung von aktuell erdgasgestützten Prozessen einschließt, hängen Investitionsentscheidungen von einem langfristig planbaren Strompreis ab. Die Entscheidung, die Stromsteuer für die Gesamtheit der Wirtschaft zu senken, hat damit das Potenzial, Investitionen in dieser Richtung anzureizen.
Hinsichtlich der steuerlichen Abgaben für industriellen Strombezug regen wir zudem eine Maßnahme für Bürokratieabbau an. Durch den Wegfall der Notwendigkeit eines Antrages nach § 9a Stromsteuergesetz für Unternehmen des produzierenden Gewerbes wäre ein großer Schritt in Richtung Entbürokratisierung möglich, der sowohl die betroffenen Unternehmen als auch den Zoll als zuständige Stelle entlasten würde.
Ostdeutschland ist besonders betroffen!
Durch die Nähe zu den europäischen Nachbarn Tschechien und Polen ist in Ostdeutschland der Wettbewerbsdruck besonders hoch. Einen weiteren Wettbewerbsnachteil können wir uns nicht leisten – dieser führt langfristig zur Abwanderung von Wirtschaftsleistung und damit zu sinkenden Steuereinnahmen. Das verschärft die ohnehin angespannte Haushaltslage vieler ostdeutscher Kommunen, in denen überwiegend Betriebsstätten, aber nur wenige Unternehmenshauptsitze ansässig sind. Die unterbliebene Senkung der Stromsteuer trifft Ostdeutschland und ländliche Gebiete überproportional – denn Einkommen und Gewinnmargen sind hier oft vergleichsweise niedriger, sodass unvermeidbare Energiekosten stärker ins Gewicht fallen. Eine Hemmung der Nachfrage und Kauflaune gerade in diesen Gebieten bremst die wirtschaftliche Entwicklung zusätzlich und verstärkt die regionale Polarisierung. Ebenso untergräbt die Abkehr von einer vollumfänglichen Stromsteuersenkung der Bundesregierung die ohnehin fragile Akzeptanz für den ökonomisch und klimapolitisch notwendigen Ausbau erneuerbarer Energien, der vor allem im ländlichen Raum stattfindet sowie das Vertrauen in die Verlässlichkeit politischer Aussagen allgemein.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Im Namen der Industrie- und Handelskammern im Freistaat Sachsen
Christoph Neuberg
Hauptgeschäftsführer IHK Chemnitz