Ergebnisse der IHK-Unternehmensbefragung zum Standort Vogtland
Auerbach, 06.12.2024 | Wie bewerten die vogtländischen Unternehmer den Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensraum? Welche Stärken, Potenziale und Identität schreiben die Wirtschaftsakteure der Region zu? Was wünschen sich die Unternehmer für die zukünftige Entwicklung?
Diesen Fragen ist die Industrie- und Handelskammer Chemnitz, Regionalkammer Plauen (IHK RKP), gemeinsam mit dem Tourismusverband Vogtland e.V. (TVV) im Spätsommer nachgegangen. Eine breite Beteiligung der vogtländischen Unternehmerschaft hat Gefühltes bestätigt und neue Aspekte aufgezeigt.
Landrat Thomas Hennig, Vorstandsvorsitzender des TVV, und Karsten Kroll, Präsident der IHK RKP unterstrichen zur Pressekonferenz am 6. Dezember die Hintergründe der Unternehmensbefragung:
„Das Vogtland muss als zukunftsfähige Wirtschaftsregion sichtbarer und wahrnehmbarer werden. Es geht darum, attraktiv für Unternehmen, Investoren und Fachkräfte zu sein. Dafür braucht es eine prägnante Vermarktung der Region als Ganzes“,
stellt Karsten Kroll als prioritäre Zielstellung aus Unternehmersicht klar. Es gehe schlichtweg um die „Marke Vogtland“.
„Die Werte und Identität des Vogtlands sollen in einer zukünftigen Standortmarke verkörpert werden, die über die touristische Marke hinaus Identifikation in sämtlichen Wirtschafts- und Lebensbereichen schafft. Letztendlich soll sie mit einer breiten Akzeptanz von den Wirtschaftsakteuren genutzt, in der Region verankert und in die Welt hinausgetragen werden“,
untermauert Thomas Hennig die Zukunftsvision.
Rund 5.000 vogtländische IHK-Unternehmen wurden zur Beteiligung an der Onlinebefragung im August 2024 angeschrieben. Die IHK bestätigt eine für Befragungen außerordentlich gute Rücklaufquote von 10 Prozent.
Die überwältigende Mehrheit der Befragungsteilnehmer lebt gern im Vogtland.
„Die große Heimatverbundenheit ist ein gewichtiges Kennzeichen unserer Region“,
bewertet Landrat Hennig die Meinung von 94,7 % der Befragten.
Aber rund ein Drittel der Teilnehmer sieht das Vogtland als zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort und attraktive Region zum Arbeiten kritisch. Bei den Zukunftsthemen Anpassungsfähigkeit, Krisenfestigkeit, internationale Ausrichtung und Innovation werden von den Unternehmen Schwächen in der aktuellen Struktur wahrgenommen.
Punkten kann das Vogtland mit seiner regionalen Verwurzelung, die von 89,0 % der Unternehmer bestätigt wird. Für Hennig und Kroll sind regionale Wirtschaftskreisläufe ein echtes Zukunftsthema für die Stabilität der klein- und mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur.
76,3 Prozent der Teilnehmer sehen in der Verfügbarkeit von Fach- und Arbeitskräften derzeit nicht genug Potenzial. Folglich bestätigt die Unternehmerschaft eine Ausbaufähigkeit hinsichtlich der Willkommenskultur für in- und ausländische Fach- und Arbeitskräfte.
Diese Aussagen stehen auch im Zusammenhang mit dem Image als Wirtschafts- und Lebensregion. Nur ein Viertel der Befragten ist der Meinung, dass die Region überregional mit einem positiven Image wahrgenommen wird.
„Hier liegt der Kern zur Verbesserung des Standortmarketings“,
stellt Karsten Kroll die Herausforderung dar.
Als Schlüsselfaktor könnte dabei die Tourismuswirtschaft wirken. 83,6 % der Befragten nehmen das Vogtland als attraktives touristisches Ziel wahr und 81 % stimmen zu, dass der Tourismus und das Freizeitangebot für ein positives Image der Region sorgen. Für die Mehrheit ist unstrittig, dass die Vogtländer von der Angebotsstruktur profitieren der Tourismus ein relevanter Wirtschaftsfaktor ist.
Während sich die Unternehmerschaft untereinander als gut vernetzt empfindet, wird in der Verzahnung mit Verwaltung, Bildung und Forschung Nachholbedarf signalisiert. Problematisch erscheint, dass fast die Hälfte der Befragten keine Einheit des Wirtschaftsraums Vogtland und eine Kooperation über die kommunalen Grenzen hinweg wahrnimmt und ein Viertel dazu keine Einschätzung abgeben konnte. Der Wunsch nach mehr Miteinander wird von 91,7 % unterstrichen.
Generell sehen mehr als drei Viertel die Region als lebenswert an. 40 Prozent der Befragten charakterisieren das Vogtland jedoch auch als verschlafen und provinziell. Bestätigt wurde die Relevanz der Tourismus-Leitwerte „natürlich gesund“ (83,7 %), „familiär gewachsen“ (81,5 %) und „klangvoll kultiviert“ (45,1 %).
So bekommen die Potenziale attraktiver Wohnraum und reges Vereinsleben die meisten Zustimmungen. Als hohen Freizeitwert schätzt fast jeder Befragte (98 %) Landschaft, Natur und Naherholungsgebiete und ein vielfältiges Kulturangebot ein. Damit bieten diese Werte an vorderster Stelle großes Potenzial für ein authentisches Standortmarketing.
Aber auch Defizite wurden deutlich, z.B. bei Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten und der Lebendigkeit der Innenstädte. Fazit der IHK: Da diese Punkte sich entscheidend auf die Ausstrahlung der Gesamtregion auswirken, wäre hier durch intensive Stärkung der Bildungslandschaft und der Stadtentwicklung prioritär gegenzusteuern.
Die Menschen im Vogtland werden laut der Befragungsergebnisse als stolz auf ihr Vogtland, verlässlich und freundlich sowie geschäftstüchtig beschrieben. Häufig genannt werden stark konservative Werte mit einer ausgeprägt kritischen Haltung, Pragmatismus, Bescheidenheit und einer geringen Offenheit für Neues.
In den Ausführungen der Befragten kommen Sorgen bezüglich einer Perspektivschwäche und Überalterung zum Vorschein. Für die Zukunft wünschen sich die Unternehmer eine dynamischere Ausrichtung mit Innovationstreibern, einer intensiven Vernetzung mit Wissenschaft und Bildung sowie einer stärkeren und toleranten europäischen bzw. internationalen Ausrichtung.
Für das weitere Verdichten der relevanten Werte wurde die Unternehmensbefragung auch im Thüringer Teil des Vogtlands gemeinsam mit der IHK Ostthüringen zu Gera fortgesetzt. Dort fand die Umfrage im November statt und die Ergebnisse werden aktuell analysiert. Gleichfalls ist im Markenprozess beabsichtigt, die Bevölkerung in die Werteabfrage einzubeziehen. „Hierzu wird im Dezember eine Online-Befragung durchgeführt“, berichtet Hennig.
Die Unternehmensbefragungen und die Bevölkerungsumfrage bilden die Basis für den anschließenden Prozess zur Markenleitbildentwicklung. Die Definition gemeinsamer Werte und eine klare Positionierung sind die Grundlage für eine erfolgreiche Standortmarkenweiterentwicklung. Die Herausforderung für die Gestaltung der Standortmarke „Vogtland“ ist es, den Bogen zu spannen zwischen den klassischen und „neuen“ offenen, progressiven Werten.
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