Halbjahresbilanz des verarbeitenden Gewerbes
Die Rezession setzt der Industrie in Südwestsachsen weiterhin massiv zu. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes sind die Umsätze dort seit zwei Jahren rückläufig.
Besonders betroffen ist die Automobilbranche. Entsprechend deutlich sind die Umsatzrückgänge im Landkreis Zwickau: von gut 9 Mrd. € im ersten Halbjahr 2023 auf knapp 7,2 Mrd. € im ersten Halbjahr 2025. Drei Viertel dieser Umsätze entfallen auf die Herstellung von Kraftwagen- und Kraftwagenteilen.
Die Effekte der strukturellen und konjunkturellen Krise lassen sich an der Entwicklung der Unternehmens- und Beschäftigtenzahlen verdeutlichen. Seit 2019 haben im Kammerbezirk 52 Industriebetriebe mit mehr als 50 Beschäftigten ihre Tore geschlossen – das entspricht einem Rückgang von 8,3 %. In derselben Unternehmensgrößenklasse gingen in diesem Zeitraum über 10.000 Arbeitsplätze verloren.
Die Region folgt mit diesen Entwicklungen einem bundesweiten Trend: Laut Statistischem Bundesamt wurden allein im vergangenen Jahr rund 114.000 Industriearbeitsplätze in Deutschland abgebaut. Verglichen mit dem Vorpandemiejahr 2019 summiert sich der Verlust mittlerweile auf etwa 250.000 Stellen.
Besonders hart trifft es auch bundesweit die Autoindustrie. Nach Berechnungen des Ernst & Young (EY)-Industriebarometers schrumpfte die Beschäftigtenzahl dort binnen eines Jahres um fast sieben Prozent – rund 51.000 Arbeitsplätze. Damit entfiel nahezu jeder zweite weggefallene Industriejob in Deutschland auf diesen Sektor.
Parallel dazu verliert der Industriestandort Deutschland Marktanteile im internationalen Wettbewerb. Vor allem China verzeichnet deutliche Zugewinne – nicht länger nur über Preisvorteile, sondern zunehmend auch durch technologisch hochwertige Produkte. Eine Studie des Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) legt dar, dass der chinesische Anteil am Welthandel in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt um 0,36 Prozentpunkte pro Jahr gewachsen ist. Deutschlands Anteil schrumpfte im selben Zeitraum um durchschnittlich 0,13 Prozentpunkte jährlich. Zwar legten die deutschen Exporte nominal zu, doch weniger stark als das globale Handelsvolumen.
Martin Witschaß, Geschäftsführer der IHK Chemnitz, sieht die Bundesregierung in der Pflicht:
„Nach wie vor fehlt ein klarer wirtschaftspolitischer Kurswechsel. Vier Monate nach Amtsantritt ist kein entschiedenes Handeln erkennbar. Wir brauchen jetzt wirklich einen Herbst der Reformen.“
Er fordert niedrigere Abgaben, die schnelle Umsetzung des angekündigten Beschleunigungspakts und eine moderne Verwaltung. Zudem mahnt die IHK verlässliche energiepolitische Rahmenbedingungen an: Netzentgelte müssten sinken, gleichzeitig brauche es Investitionssicherheit für neue Gaskraftwerke, um international wettbewerbsfähige Strompreise gewährleisten zu können. Auch bei den Lohnnebenkosten dürfe es keinen weiteren Anstieg geben.
„Eine grundlegende Reform der Sozialsysteme ist dringend notwendig. Andernfalls droht uns eine schleichende Deindustrialisierung.“