Jahresbericht 2022 der Handelskammer: Energieversorgung, Rohstoffpreise, Material- und Fachkräftemangel als Geschäftsrisiken/Aktuelle Geschäftslage hat sich etwas verbessert

(PM 08-2023, 01.03.2023) Das Jahr 2022 war maßgeblich von den Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine geprägt. Die Sorge um die Energieversorgung, eine drohende Gasmangellage und die unkalkulierbare Preisentwicklung auf den Energiemärkten bestimmten für viele Unternehmen in Bremen und Bremerhaven das Tagesgeschäft. Laut den regelmäßigen Konjunkturumfragen der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven spüren alle Branchen den Wandel, ausgelöst durch höhere Anforderungen an den Klimaschutz, knappe Personalressourcen, anhaltende Lieferengpässe und eine veränderte geopolitische Situation. Die Lage der bremischen Wirtschaft in der Zeit multipler Krisen macht der Handelskammer-Jahresbericht mit dem Titel „#GemeinsamWirtschaftStärken“ deutlich, der heute von Präses Eduard Dubbers-Albrecht und Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger vorgestellt wurde.
Der Druck auf die Wirtschaft kam 2022 von vielen Seiten. Präses Eduard Dubbers-Albrecht sagte:
„Das Jahr begann mit der Hoffnung auf das Ende der Pandemie, bevor im Februar durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ungeahnte neue Unsicherheiten auf die Unternehmen in Bremen und Bremerhaven zukamen. Die ungewisse Energieversorgung sowie massiv gestiegene Preise bei Energie und Material führten zum Teil sogar zu existenziellen Bedrohungslagen in der bremischen Wirtschaft.“ Die Handelskammer habe alles dafür getan, ihre Mitgliedsunternehmen umfassend zu unterstützen. Präses Eduard Dubbers-Albrecht betonte: „Bei all den Herausforderungen der aktuellen Zeit sehen wir in der Energiekrise für den Nordwesten auch große Chancen, die wir nutzen müssen. Denn die Küstenländer sind für die Offshore-Windenergie und die Wasserstoffwirtschaft wichtige Knotenpunkte. Die Nähe zu verfügbarer Energie wird immer mehr zu einem entscheidenden Standort- und Wettbewerbsvorteil, den wir ausspielen können und müssen. Die IHK Nord hat dafür den Slogan ´come to where the power is` geprägt.“
Von der Politik forderte der Präses, die richtigen Schritte zu unternehmen, um Bremen und Bremerhaven bei den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen bestmöglich zu unterstützen: „Mehr denn je müssen die politischen Weichenstellungen auch auf wirtschaftliche Robustheit angelegt sein. Die sich überlagernden Krisen und die veränderte geopolitische Lage führen uns deutlich vor Augen, dass wirtschaftliche Stabilität und sichere Energieversorgung maßgeblich sein werden für die Zukunft unseres Landes und letztendlich für unseren Wohlstand.“
Zugleich müsse weiter an den zentralen Zukunftsthemen für Bremen und Bremerhaven gearbeitet werden. International wie auch regional seien dies beispielsweise die wachsenden Erfordernisse des Klimaschutzes. Bremen könne besonders im Bereich der Wasserstofftechnologie durch seine Stellung als starker Hafenstandort profitieren.

Präses Eduard Dubbers-Albrecht betonte:
„Bremen und Bremerhaven müssen sich gemeinsam mit dem norddeutschen Wirtschaftsraum in der sich ändernden Wettbewerbssituation positionieren. Dazu gehören die großen Infrastrukturvorhaben wie der Bau der Küstenautobahn A20, die Optimierung der Schienenanbindung und eine zukunftsorientierte Positionierung der norddeutschen Häfen.“
Ein wichtiges Thema ist nach Auffassung des Handelskammer-Präses auch die bremische Bildungspolitik. Er forderte hier mehr Kraftanstrengungen, um die lange bekannten und viel diskutierten Mängel bei der Qualität des bremischen Schulbildungssystems endlich abzustellen. Präses Eduard Dubbers-Albrecht sagte:
„Die Schulbildung ist der Schlüssel für die junge Generation, um in ein selbstbestimmtes und erfülltes Berufsleben zu starten. Die Unternehmen suchen händeringend nach motiviertem Fachkräftenachwuchs. Zu oft bleiben Ausbildungsplätze und Fachkräftestellen unbesetzt. Dies ist auch der Grund, warum wir uns mit 30 Kammern und Wirtschaftsverbänden zu einer Initiative gegen die geplante Ausbildungsabgabe und für bessere Bildung zusammengetan haben. Die Ausbildungsabgabe ist der völlig falsche Weg, um junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern, zumal es nicht an freien Plätzen fehlt, sondern an der Anzahl ausbildungsreifer junger Menschen.“
Der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, Dr. Matthias Fonger, berichtete bei der Vorstellung des Jahresberichts über die konjunkturellen Entwicklungen im Jahr 2022. So konnte in der ersten Jahreshälfte die bremische Wirtschaft laut vorläufigen Berechnungen der statistischen Ämter trotz der Krisen ein vergleichsweise hohes Wachstum verzeichnen. Mit einem preis-bereinigten Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von +5,0 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum war die wirtschaftliche Dynamik im Land Bremen höher als im Bundesdurchschnitt (+2,8 Prozent).
Die positive Dynamik in der bremischen Wirtschaft dürfte laut Konjunkturumfragen zum Teil in Nachholeffekten in der Industrie begründet liegen. Deutliche Umschlagsverluste verzeichneten die bremischen Häfen im Vergleich zum Vorjahr. Der Gesamtumschlag lag um 8,2 Prozent unter dem Vorjahresniveau.
Dr. Matthias Fonger sagte:
„Die Nachwirkungen der Pandemie und die Folgen des Krieges in der Ukraine haben erneut für ein schwieriges Geschäftsumfeld für die Unternehmen gesorgt und viele bestehende Probleme zum Beispiel durch neue und anhaltende Störungen in den Lieferketten noch einmal verschärft. Insgesamt sahen sich viele Unternehmen mit einem starken und kaum vorhersehbaren Anstieg ihrer Kosten konfrontiert. Dies hat zu einer erheblichen Verunsicherung und damit zu schlechteren Geschäftsprognosen bei den Unternehmen geführt.“
Viermal im Jahr verschafft sich die Handelskammer mit ihrer Konjunkturumfrage einen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung der bremischen Unternehmen. Dabei zeigte sich die Unsicherheit der Unternehmen vor allem im Herbst 2022 durch sehr negative Geschäftserwartungen und restriktive Personal- und Investitionspläne. Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger betonte:
„Die leichte Entspannung auf den Energiemärkten und die verbesserte Planungssicherheit durch die Energiepreisbremse machten zum Jahresende allerdings wieder Hoffnung auf einen milderen Krisenverlauf als zunächst befürchtet. Die bremischen Unternehmen sind trotz aller Schwierigkeiten mit der Situation noch gut zurechtgekommen.“
Als Geschäftsrisiken für die Unternehmen in Bremen und Bremerhaven nannte der Hauptgeschäftsführer die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise, den Fach- und Arbeitskräftemangel, die Entwicklung der Arbeitskosten und die schwächer werdende Inlandsnachfrage, die in einem engen Zusammenhang mit der Inflation stehen:
„Der Prozess einer steigenden Inflation“, so Dr. Matthias Fonger, „startete schon vor Beginn des Krieges in der Ukraine, der dann zu einer weiteren Beschleunigung führte. Mit den aktuell nachlassenden Energiepreisen ist die Inflationsgefahr aber keinesfalls gebannt. Die aktuelle Preisdynamik ist dabei zunehmend auf Preiserhöhungen von vielen unterschiedlichen Waren und Dienstleistungen zurückzuführen.“ Dies zeige, dass die Inflation längst in der Breite der Wirtschaft angekommen ist. Um immer stärkeren Kaufkraftverlusten entgegenzuwirken, müsse die Inflation eingedämmt werden.“
Lesen Sie den Jahresbericht 2022 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 4499 KB) der Handelskammer Bremen.