Positionspapier der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven zur Finanzierung notwendiger Investitionen im Rahmen der Schuldenbremse

Entwicklung der bremischen Haushaltslage

Die Pro-Kopf-Verschuldung im Land Bremen ist viermal so hoch wie im Bundesländerdurchschnitt und doppelt so hoch wie in den anderen beiden Stadtstaaten, Hamburg und Berlin. Die jährlichen Zinszahlungen der bremischen Haushalte belaufen sich auf rund 600 Mio. Euro und stellen somit eine erhebliche Einschränkung des Handlungsspielraumes dar. Die Schuldenbremse ist eingeführt worden, um ausufernden Staatsausgaben und einer damit zunehmenden Verschuldung der öffentlichen Haushalte entgegenzuwirken. Demnach gilt seit dem 1. Januar 2020 für Bund und Länder ein strukturelles Neuverschuldungsverbot. Ein Ausgleich des Haushaltes durch die Einnahmen aus Krediten ist nur noch auf Grund konjunktureller Schwankungen (Konjunkturkomponente) oder Ausnahmesituationen,
die durch Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen hervorgerufen werden, möglich.
Bereits im ersten Gültigkeitsjahr der Schuldenbremse hat die Bremische Bürgerschaft per Mehrheitsbeschluss eine außergewöhnliche Notsituation auf Grund der Corona-Pandemie festgestellt. Auf dieser Grundlage wurde der vom Senat beschlossene Bremen-Fonds in Höhe von 1,2 Mrd. eingerichtet. Diese neuerliche Neuverschuldung erfordert gemäß Tilgungsplan ab dem Jahr 2024 für die Dauer von 30 Jahren eine jährliche Tilgung von rund 40 Mio. Euro und sorgt damit für eine weitere Belastung der zukünftigen Haushalte.
Laut der Finanzplanung aus dem letzten Jahr steuern die bremischen Haushalte auf eine erhebliche Haushaltslücke ab dem Jahr 2024 zu. Dies führte u.a. dazu, dass der für die Überwachung der Haushalte von Bund und Ländern zuständige Stabilitätsrat am 10. Dezember 2021 eine drohende Haushaltsnotlage für das Land Bremen feststellte und eine Überprüfung einleitete. Laut Bericht des eingesetzten Evaluationsausschusses vom 20. April 2022 konnte das Land Bremen die Indikation einer drohenden Haushaltsnotlage zwar in Teilen entkräften. Positiv haben sich dabei insbesondere auch die gemäß der Steuerschätzung im November 2021 unerwartet hohen Mehreinnahmen im laufenden Haushaltsvollzug und in der Planung ausgewirkt. Laut Evaluationsbericht ist die Gefahr einer Notlage aber noch nicht gebannt und unterliegt der weiteren Prüfung. Zudem hält der es Ausschuss weiterhin für dringend geboten, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die notsituationsbedingte Kreditaufnahme auf ein Minimum zu begrenzen und weist darauf hin, dass Notkredite nur ein nachrangiges Finanzierungsinstrument sein dürfen. Zwar hat die jüngste Steuerschätzung im Mai 2022 erneut eine verbesserte Einnahmeprognose für das Land Bremen ergeben. Von einer grundsätzlichen Entspannung der Haushaltslage kann aber auch weiterhin nicht ausgegangen werden – auch wegen der aktuell sehr hohen Prognoseunsicherheiten.

Investitionsstau und Klimawandel erfordern erhebliche Investitionen

In den vergangenen Jahren ist viel zu wenig in notwendige Infrastrukturen investiert worden. Die Investitionsquote, also der Anteil der Investitionen an den Gesamtausgaben des Landes und der Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven, liegt seit dem Jahr 2015 mit durchschnittlich 10,3 Prozent im historischen Vergleich auf sehr niedrigem Niveau (Abbildung). In der so genannten Konsolidierungsphase vor dem Jahr 2020 wurden wichtige Investitionen mit dem Verweis auf steigende Einnahmen aus dem Bund-Länder-Finanzausgleich und die Sanierungshilfen in Höhe von 400 Mio. Euro p.a. auf den Zeitraum ab 2020 verschoben. Dies hat zu einem erheblichen Investitionsstau bei wichtigen öffentlichen Infrastrukturen in den Bereichen Verkehr, Häfen, Digitalisierung und der Erschließung von Gewerbeflächen geführt.
Zu diesem Nachholbedarf kommen erhebliche neue Investitionsanforderungen, insbesondere durch den notwendigen Bau von Kitas und Schulen auf Grund steigender Kinder-/Schülerzahlen und durch notwendige Maßnahmen gegen den Klimawandel. Die von der Bremischen Bürgerschaft eingesetzte Enquetekommission „Klimaschutzstrategie für das Land Bremen“ schätzt den Finanzbedarf für ihr zur Umsetzung empfohlenes Maßnahmenpaket auf einmalige Investitionskosten in Höhe von 6-7 Mrd. Euro und dauerhafte jährliche Betriebskosten in Höhe von ca. 200-380 Mio. Euro. Diese Investitionskosten entsprächen in etwa einem Jahresetat von Land und Stadtgemeinden zusammen und im Falle der Betriebskosten in etwa 50 Prozent der durchschnittlichen jährlichen Investitionsausgaben. Das Investitionsvolumen hält auch die Enquetekommission in der deutlichen Mehrheit für nicht aus dem Haushalt finanzierbar.

Alternative Finanzierungsmöglichkeiten

In Anbetracht dieser Investitionsanforderungen bei gleichzeitig engem fiskalpolitischen Handlungsspielraum wird die Schuldenbremse zunehmend in Frage gestellt. Im Abschlussbericht der Enquetekommission werden verschiedene alternative Finanzierungsmöglichkeiten für das vorgeschlagene Maßnahmenpaket genannt, welche durch ein von der Bremischen Bürgerschaft in Auftrag gegebenes Gutachten (Wieland 2022) auf Rechtmäßigkeit und Verträglichkeit mit der Schuldenbremse geprüft wurden. 
  • Feststellung einer außergewöhnlichen Notlage auf Grund des Klimawandels: Um den Finanzbedarf für Investitionen in Klimaneutralität zu decken, gibt es aktuell die Bestrebung, auf Grund des Klimawandels und dessen Folgen eine außergewöhnliche Notsituation als Ausnahmetatbestand der Schuldenbremse geltend zu machen (vgl. WK-Interview mit Senator Strehl vom 30.4.2022). Dies entspräche dem Vorgehen bei der Einrichtung des Bremen-Fonds zur Eindämmung der Pandemie-Folgen.

    Laut Wieland (2022) ist die Anerkennung der Klimakrise als eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne von Art. 109 Abs. 3 Satz 2 GG noch nicht verbindlich geklärt. Mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz vom 24. März 2021, welcher das Land Bremen zu Investitionen zur Eindämmung des Treibhauseffektes verpflichtet, sprächen laut Gutachten gute Argumente dafür. Erforderlich hierfür wäre ein Mehrheitsbeschluss der Bremischen Bürgerschaft zusammen mit einem verbindlichen Tilgungsplan, wobei auch sehr langfristige Tilgungsregelungen zulässig sind.

    Die Verwendung der Mittel wäre dabei ausschließlich auf Maßnahmen zum Klimaschutz beschränkt. Eine grundsätzliche Ausnahme von Investitionsausgaben aus der Schuldenbremse, wie zuletzt von Frau Senatorin Vogt befürwortet wurde, ist mit geltendem Recht nicht vereinbar und stellt daher keine Handlungsoption dar.

    Da die Frage der Rechtskonformität von Sonderfinanzierungen von Klimaschutzinvestitionen Rückwirkungen auf die Bundeshilfen für das Land Bremen haben könnte, sollte eine enge Abstimmung mit dem Bund und den anderen Ländern mit dem Ziel einer bundeseinheitlichen Lösung gesucht werden.
  • Finanzierung über die Kreditaufnahme von privaten oder öffentlichen Gesellschaften: Investitionen in öffentliche Infrastrukturen (z.B. Bau oder Sanierung von öffentlichen Gebäuden oder Verkehrsinfrastrukturen wie dem ÖPNV) könnten von selbstständigen Gesellschaften im Rahmen von öffentlich-privaten-Partnerschaften oder über privatwirtschaftlich organisierte Gesellschaften der öffentlichen Hand vorfinanziert werden. Diese Art der Finanzierung spielt in Bremen schon seit einiger Zeit in den Planungen zum Bau von Schulen und Kindertagesstätten – wo in den kommenden Jahren ebenfalls erhebliche Investitionen erforderlich sein werden – eine Rolle. Konkret geplant ist z.B. der Bau einer Grundschule in Huchting mit der BREBAU als Bauherren.

    Laut Einschätzung von Wieland (2022) können die Bremer-Aufbau-Bank und andere öffentliche oder private Gesellschaften für Investitionen genutzt werden, weil sie als rechtlich selbstständige Einheiten grundsätzlich nicht von der Schuldenbremse erfasst werden. Allerdings sind die Hürden dafür auf Grund der Regelungen zur Schuldenbremse in Art. 131a Abs. 5 der bremischen Landesverfassung deutlich höher gesetzt als durch das Grundgesetz. Anders als in der Bundesgesetzgebung ist die Kreditaufnahme durch selbstständige juristische Personen im Land Bremen derzeit nur möglich, wenn mindestens einer der folgenden Tatbestände NICHT erfüllt ist:
    • Die Gesellschaft steht unter einem beherrschenden Einfluss des Landes und handelt somit im Auftrag des Landes.
    • Die Gesellschaft übernimmt die Finanzierung staatlicher Aufgaben.
    • Zinsen und Tilgung werden aus dem Landeshaushalt erbracht.
    • Um die Finanzierung über öffentliche Unternehmen zu erleichtern, steht eine Streichung des Art. 131a Abs. 5 LV im Raum.
  • Weitere Möglichkeiten durch eine Änderung der Landesverfassung: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse bezieht sich ausdrücklich auf die Haushalte von Bund und Ländern. Die Haushalte der Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven fallen hingegen durch die Regelungen in Art. 146 Abs.1 der Landesverfassung unter die Schuldenbremse. Bei einer entsprechenden Änderung der Landesverfassung wäre eine Nettoneuverschuldung über die städtischen Haushalte möglich.

    Denkbar wäre gemäß Wieland (2022) auch eine Verankerung von klimaschützenden Investitionen in der Landesverfassung als Gegengewicht zur Schuldenbremse.
  • Garantien und Bürgschaften: Anders als Zuschüsse werden Garantien und Bürgschaften des Landes für private Investitionen laut Wieland (2022) nicht von der Schuldenbremse erfasst. Auch die Übernahme von Garantien und Bürgschaften für eine Klima-Anleihe, die nicht vom Land aufgenommen wird, wäre laut Gutachten zulässig.
  • Einschränkung der laut Sanierungshilfengesetz und der entsprechenden Verwaltungsvereinbarung erforderlichen Tilgung:

    Das Land Bremen könnte sich laut Wieland (2022) mit Berufung auf die notwendigen Klimainvestitionen beim Bundesminister für Finanzen darum bemühen, eine Unterschreitung der vereinbarten Tilgungsleistungen als unbeachtlich festzustellen.
  • Als weitere Finanzierungsmöglichkeiten werden im Abschluss der Klima-Enquete u.a. Förderprogramme auf Bundes- und EU-Ebene genannt.

Bewertung und Handlungsoptionen aus Sicht der Handelskammer

Investitionen – öffentliche und private – sind der Grundstein für zukünftiges Wachstum. Die Investition in öffentliche Infrastrukturen wurde im Land Bremen über Jahre vernachlässigt und es besteht dringender Nachholbedarf. Qualitativ hochwertige Infrastrukturen sind ein wesentliches Merkmal für gute Standortbedingungen und sind somit auch Voraussetzung für private Investitionen von Unternehmen im Land Bremen. Die wiederum sind die Grundlage für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und letztlich für eine positive Einnahmeentwicklung der öffentlichen Haushalte. Auch der Klimaschutz erfordert zusätzliche Investitionen der öffentlichen Hand und von der Wirtschaft. Der Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel sind zentrale Zukunftsaufgaben, um den negativen Folgen der Erderwärmung, auch im Sinne kommender Generationen, entgegenzuwirken.
Insgesamt steht das Land Bremen vor der enorm schwierigen Herausforderung, trotz hoher Verschuldung und weiterhin drohender Haushaltsnotlage Klimaschutzmaßnahmen in erheblichem Umfang zu finanzieren und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes durch Investitionen in Bildung, Forschung und physische Infrastrukturen langfristig zu sichern und zu verbessern. Unter Berücksichtigung des von der Klima-Enquete vorgeschlagenen Maßnahmenpakets sind die dafür notwendigen Investitionsausgaben in den kommenden Jahren kaum allein aus den bremischen Haushalten zu finanzieren – selbst wenn es gelänge, im konsumtiven Bereich erhebliche Einsparungen zu erzielen.
Trotz der schwierigen Situation darf die Finanzierung der notwendigen Investitionen aus Sicht der Handelskammer nicht über eine Aushöhlung der in der Landesverfassung verankerten Schuldenbremse erfolgen. Andernfalls würden die finanziellen Lasten einseitig in die nächste Generation verschoben und zukünftigen Landesregierungen Handlungsspielräume genommen. Die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass es einer gesetzlich verbindlichen Regelung bedarf, um ausufernde Staatsausgaben einzudämmen. Durch eine neue Schuldenpolitik würde der Fokus von Effizienzsteigerungen und Ressourcenoptimierungen in der staatlichen Verwaltung (etwa durch Digitalisierung und Personalmanagement) genommen, die eigentlich gerade jetzt vorrangig geprüft und umgesetzt werden sollten.
Auch das aktuell immer noch niedrige Zinsniveau sollte nicht dazu verleiten, den Grundsatz der Haushaltsdisziplin wieder über Bord zu werfen. Mittelfristig mag die zusätzliche Zinsbelastung durch die Aufnahme neuer Schulden bei den gegenwärtigen Konditionen gering ausfallen bzw. durch Umschuldung von Altkrediten insgesamt sogar leicht rückläufig sein. Die öffentliche Verschuldung zum „Nulltarif“ wird jedoch nicht ewig Bestand haben. Vielmehr muss in Zukunft wieder mit einer steigenden Zinsbelastung gerechnet werden.
Zwischenfazit: Eine Aushöhlung oder Abschaffung der Schuldenbremse lehnt die Handelskammer ab.
Doch woher sollen die Mittel für umfangreiche Investitionen kommen?
  • Zuallererst müssen Einsparungen im konsumtiven Ausgabenbereich in Angriff genommen werden. Ein Augenmerk muss dabei z.B. auf die aktuell kritische Entwicklung der Personalausgaben in der öffentlichen Verwaltung gerichtet werden. Durch den starken Anstieg der Personalzahlen werden auf lange Sicht Mittel gebunden und damit der finanzielle Spielraum weiter eingeschränkt. Zusätzliches Personal ist in einigen Bereichen, wie Bildung, Innere Sicherheit oder der Infrastrukturplanung zwar sinnvoll und notwendig. In der allgemeinen Verwaltung müssen dagegen schlankere Strukturen und Effizienzsteigerung durch Digitalisierung im Vordergrund stehen.
  • Auf dem Weg in Richtung Klimaneutralität sollte das Land Bremen – auch mit Blick auf die laufende Evaluierung der bremischen Haushaltlage durch den Stabilitätsrat – keine Alleingänge durchführen, sondern in Abstimmung mit Bund und Ländern vorgehen. Bei der Umsetzung der von der Enquetekommission vorgeschlagenen Maßnahmen muss es eine klare Priorisierung nach dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis geben, wobei neben Klimaschutz bzw. -anpassung auch wirtschaftliche Wachstumsimpulse eine Rolle spielen sollten. Bei der Umsetzung der Maßnahmen bedarf es eines laufenden Controllings der Kosten-Nutzen-Relationen. Grundsätzlich sollten zudem Klimaschutzinvestitionen im privatwirtschaftlichen Bereich durch entsprechende Anreize und Förderungen unterstützt werden. In der Regel ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis – bezogen auf den öffentlichen Mitteleinsatz – hier deutlich höher. Zudem könnten so öffentliche Investitionen substituiert werden. Über eine Initiative im Bundesrat sollte verstärkt um die Einbindung des Bundes bei der Finanzierung von regionalen Maßnahmen geworben werden. Gleichzeitig müssen entsprechende Förderprogramme der EU und des Bundes voll ausgeschöpft werden.
  • Eine sinnvolle Möglichkeit zum Anreiz für private Investitionen bieten Garantien und Bürgschaften des Landes, sofern von einem überschaubaren Ausfallrisiko ausgegangen werden kann.
  • Weitere Finanzierungsmöglichkeiten – sofern sichergestellt ist, dass sie im Rahmen der Schuldenbremse zulässig sind und nicht gegen die Sanierungsvereinbarungen verstoßen – sollten in begrenztem Maße nach klaren Regeln insbesondere für Großinvestitionen eingesetzt werden, deren Finanzierung aus dem laufenden Haushalt faktisch nicht möglich ist. Sämtliche Maßnahmen sollten dabei über einen gutachterlich nachgewiesenen hohen Nutzen-Kosten-Faktor verfügen und additiv zum Investitionsbudget hinzukommen. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben wäre denkbar:
    • Eine Vorfinanzierung durch private oder öffentliche Unternehmen unter den derzeit geltenden Regelungen zur Schuldenbremse in der bremischen Landesfassung. Um einer Verletzung der Schuldenbremse vorzubeugen, wäre jeder Einzelfall zuvor rechtlich zu überprüfen. Ein positives Beispiel hierfür sind die Schulbauprojekte bremischer Wohnungsbaugesellschaften.
    • Die Berufung auf eine außergewöhnliche Notlage durch den Klimawandel – sofern deren Zulässigkeit überhaupt verbindlich geklärt werden kann – würde auf Grund der erforderlichen Tilgung für eine zusätzliche Belastung der künftigen Haushalte sorgen. Diese würden zu den im Rahmen des Bremen-Fonds bereits eingegangenen Tilgungsverpflichtungen in Höhe von rund 40 Mio. Euro p.a. ab 2024 noch hinzukommen. Angesichts der im Vergleich zum Bremen-Fonds noch deutlich höheren Kosten für das von der Enquetekommission vorgeschlagene Maßnahmenpaket wäre eine vollumfängliche Schuldenfinanzierung mit weitaus höheren Tilgungsverpflichtungen verbunden. Positiv wäre, dass es sich dabei um eine klar definierte Ausnahme handelt, wodurch die Schuldenbremse nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird. Die Einrichtung des Bremen-Fonds zur Linderung der Pandemiefolgen wurde von der Handelskammer grundsätzlich begrüßt, da die zu erwartenden Kosten eines nachhaltigen Einbruchs der Wirtschaftskraft und ein damit verbundener starker Anstieg der Arbeitslosigkeit höher eingeschätzt wurden, als die eines über Schulden finanzierten strukturwirksamen Fonds für eine kraftvolle Flankierung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Krise. Die Verwendung der Mittel ist nachträglich aber durchaus kritisch zu betrachten, da zu wenig Geld in wachstumsfördernde Investitionen geflossen ist und teilweise ohne hinreichenden Bezug zur Pandemie eingesetzt wurde. Im Falle eines entsprechenden Klima-Fonds wäre eine Grundvoraussetzung, dass der Mitteleinsatz ausschließlich investiven Maßnahmen zugutekommen dürfte. Die Mittel müssten zudem nur für zusätzliche, also andernfalls nicht getätigte Investitionsmaßnahmen eingesetzt werden.

Fazit

Um zukünftigen Generationen einerseits gute Lebens- und Standortbedingungen zu hinterlassen und andererseits langfristig den politischen Handlungsspielraum durch gesunde Haushaltsführung zu sichern, ist es die zentrale Herausforderung für die Politik, zu keiner Zeit die Kosten-/Nutzenwirkung der investiven Maßnahmen aus dem Auge zu verlieren. Eine Grundregel sollte sein, zusätzliche Investitionsausgaben zunächst über Einsparungen und Effizienzsteigerungen zu finanzieren. Eine Aushebelung der Schuldenbremse würde diesem Prinzip entgegenwirken und wird von der Handelskammer daher abgelehnt. Wichtige, partielle Einzelinvestitionen, die ansonsten nicht aus dem laufenden Haushalt finanzierbar sind, könnten durch Garantien und Bürgschaften des Landes oder über selbständige Gesellschaften finanziert werden, sofern diese ein hohes Nutzen-Kosten-Verhältnis für das Land Bremen aufweisen und mit den Regelungen der Schuldenbremse vereinbar sind. Bei der Frage gesonderter Finanzierungsmodelle für Klimaschutzinvestitionen sollte ein bundeseinheitliches Vorgehen
gesucht werden.
Und über allem steht der Grundsatz, dass eine dauerhafte Haushaltskonsolidierung einschließlich ausreichender Investitionsfinanzierung nur durch eine Stärkung der Einnahmebasis durch aktive, standortfördernde Wirtschaftspolitik erreicht werden kann.
Vom Plenum der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven am 12. September 2022
beschlossen.