Bildung International: Duale Ausbildung im Ausland – Fachkräfte gesucht wie nie!

Der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern wird sowohl im Inland als auch im Ausland für Unternehmen mehr und mehr zu einer Herausforderung. Laut einer Umfrage, die im vergangenen Jahr vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) durchgeführt wurde, sind „Fachkräfte gesucht wie nie“. Laut DIHK sehen rund 60 Pro-zent aller Unternehmen den Fachkräftemangel schon heute als größtes Geschäfts-risiko. Der DIHK warnt ausdrücklich davor, dass sich der Fachkräftemangel hierzulande zur Wachstumsbremse Nummer eins entwickeln könnte. Von Personalengpässen betroffen sind nach Angaben des DIHK vor allem kleine und mittlere Betriebe mit bis zu 200 Beschäftigten. Sie verfügen häufig über keine eigene Personalabteilung und stehen in Konkurrenz zu bekannteren Unternehmen.

Fachkräftemangel nicht nur hierzulande eine Herausforderung, sondern auch im Ausland...

Während Unternehmen ihren Fachkräftebedarf hierzulande jedoch dank des dualen Berufsbildungssystems passgenau qualifizieren und sichern können, finden sie diese Art der Berufsbildung auf internationalen Märkten in der Regel nicht vor. In der "Going International"-Umfrage, die der DIHK 2018 unter auslandsaktiven Unternehmen mit Sitz in Deutschland durchgeführt hat, gab nur etwa die Hälfte der befragten Unter-nehmen an, keine Mitarbeiter im Ausland zu haben. Bei einem Drittel der befragten Unternehmen betrug der Anteil der Mitarbeiter im Ausland an der Gesamtzahl der Beschäftigten immerhin bis zu 19 Prozent. Bei einem Fünftel der befragten Unter-nehmen ist der Mitarbeiteranteil im Ausland sogar höher als 20 Prozent.

Berufsbildungsaktivitäten der deutschen Auslandshandelskammern...

Laut DIHK hat etwa ein Drittel der im Ausland tätigen Unternehmen Probleme beim Finden von qualifizierten Arbeitskräften. Neben der Wirtschaft zeigen aber auch immer mehr ausländische Regierungen Interesse am deutschen Ausbildungssystem. Der Export des dualen Ausbildungssystems und die Qualifizierung von Fachkräften sind inzwischen wichtige Bestandteile der deutschen Außenwirtschaftsförderung und des-halb auch ein Hauptschwerpunkt der Kammerorganisation im Zusammenspiel von DIHK, Industrie- und Handelskammern (IHKn) und den deutschen Auslandshandels-kammern (AHKn). Inzwischen sind mehr als 45 deutsche AHKn mit Berufsbildungs-projekten aktiv, jährlich werden mehr als 10.000 AHK-/DIHK-Zertifikate ausgestellt. Über 2.000 Unternehmen nutzen bereits AHK-Ausbildungsangebote - und es gibt inzwischen 40 AHK-Berufsbildungsgremien mit rund 150 AHK-Berufsbildungs-mitarbeitern weltweit. Die AHKn betreuen ca. 8.200 Auszubildende mit rund 800 ehrenamtlich tätigen Prüfern im Ausland. Sie fungieren dabei in erster Linie als Berater, Organisatoren und Qualitätssicherer, die vor Ort auf Unternehmen, Berufs-schulen, Kammern, Verbände und Politik zurückgreifen. Das Engagement der Wirtschafts-beteiligten entwickelt sich sukzessive weiter und die Einzelprojekte werden zunehmend vergleichbar. So existiert inzwischen beispielsweise ein Handbuch zur AHK-Berufsausbildung, das Vorlagen, Vorgaben und Muster als Anleitung für duale Ausbildungsaktivitäten anbietet. Der Fokus der beruflichen Ausbildung im Ausland liegt bisher zwar noch in Europa, Nord- und Südamerika sowie in Asien. Allerdings befindet sich Afrika, zum Beispiel Südafrika, Kenia oder Tansania, derzeit schon im Aufbau. 

Skills-Expert-Programme des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi)...

Um dem Fachkräftemangel im Ausland entgegenzuwirken, hat das BMWi - gemeinsam mit dem DIHK als Kooperationspartner - ein sogenanntes "Skills-Expert-Programm" ins Leben gerufen, das insbesondere kleine und mittlere deutsche Unternehmen im Ausland bei der Qualifizierung lokaler Fachkräfte unterstützen soll.
Ziel des "Skills-Expert-Programms" ist der Aufbau von AHK-Strukturen, um dauerhaft nachfrageorientiert Berufsbildungsdienstleistungen anbieten zu können. Der Struktur-aufbau („Enabling“) folgt einer DIHK-Blaupause bzw. Projektbeschreibung sowie die Beteiligung von deutschen IHKn am „Bildungsexport“ kann dazu beitragen, Dienst-leistungen für Mitgliedsunternehmen bei der Fachkräftesicherung auch im Ausland zu erbringen und damit einen Beitrag zur Außenwirtschaftsförderung und zur Fachkräfte-sicherung in Deutschland zu leisten. Die "Skills Experts" etablieren dabei ganz konkrete Berufsbildungs-Dienstleistungen. Beispielsweise gründen und unterhalten sie Berufsbildungsgremien, in denen interessierte Unternehmen sich vernetzen, gemeinsame Ausbildungsbedarfe identifizieren und Kooperationsformate bilden können. Des Weiteren entwickeln sie Beratungsformate zur dualen Berufsbildung; sie führen das Ausbilderqualifizierungskonzept "AdA-International" ein und organisieren valide Abschlussprüfungen. Bei alldem nutzen die "Skills Experts" das aktive und lokale Netzwerk der Auslandshandelskammern. Denn die AHKs bilden die Schnittstelle zwischen deutschen sowie lokalen Betrieben und nationalen Bildungsanbietern und können auf die Erfahrung und Expertise der deutschen IHKs zurückgreifen. So sind die AHKs in der Lage, bedarfsorientiert qualitativ hochwertige Berufsbildungsdienst-leistungen anzubieten – angelehnt an das deutsche System der dualen Ausbildung.
Das erste „Skills-Expert-Programm“, das 2017 vom BMWi gestartet wurde, gilt zunächst für drei Jahre und umfasst die Länder Bosnien-Herzegowina, Malaysia, Kroatien, Mazedonien, Indonesien, Vietnam und Kenia. Zusätzlich gibt es seit dem 1. Januar 2019 ein weiteres „Skills Expert Programm“, welches sich über Südafrika, Ghana und Nigeria erstreckt. Eine Herausforderung für die duale Ausbildung im Ausland bleibt jedoch „ausreichend Masse“ in den jeweiligen Ländern zu organisieren, damit Aus-bildungsgänge eingeführt und etabliert werden können. Zudem brauchen die AHKn Unterstützung von Unternehmen, lokalen Verbänden und Wirtschaftsorganisationen sowie schulische Partnern in den jeweiligen Ländern. 

Qualitätsstandards müssen individuell auf die Ausbildungsländer angepasst werden...

Insgesamt kann man die Qualitätsstandards der dualen Ausbildung nicht eins zu eins auf die Ausbildungsländer übertragen, da die deutschen Standards über viele Jahr-zehnte hinweg gewachsen und sehr anspruchsvoll sowie komplex in der Umsetzung geworden sind. Bei der Übertragung hat der DIHK deshalb gemeinsam mit den AHKn unterschiedliche Qualitätskorridore entwickelt:
  • Höchste Qualität: Eins zu eins zu unseren Qualitätsanforderungen bei der dualen Ausbildung
  • Mittlere Qualität: Lokale duale Ausbildung nach deutschem Vorbild
  • Einfache Qualität: "Schnellbesohlung" in dualer Ausbildung nach deutschem Vorbild 
Wichtig: Die Qualität ist in allen drei Kategorien hochwertig und wird von den AHKs gewährleistet. Die Inhalte und Standards variieren dabei – je nach Nähe zum deutschen Standard.
Am Ende der Ausbildung wird ein Zertifikat ausgestellt, das die Berücksichtigung von deutschen Ausbildungsstandards sichtbar macht und Unternehmen ermöglicht, die Qualität und den Stand der Ausbildung anhand von vergleichbaren Standards zu bewerten.
Weiterführende Informationen zum Thema Bildung International und Duale Ausbildung im Ausland auch auf den Seiten des DIHKs.
Im Rahmen eines ersten Expertengesprächs hat sich die Handelskammer gemeinsam mit fachkundigen Kollegen des DIHK sowie Vertretern des konsularischen Korps mit bremischen Unternehmen darüber ausgetauscht, was konkret getan werden könne, um Verbesserung bei der Ausbildungs- und Fachkräftesituation im Ausland zu erzielen. Es sind weitere Follow-up-Gespräche geplant. Wenn Sie im Ausland aktiv sind und als Unternehmen Interesse an dem Thema haben, melden Sie sich gerne bei uns.