Selbständigkeit im Nebenerwerb

Nebenerwerbsgründungen spielen im deutschen Gründungsgeschehen eine bedeutende Rolle. Deutschlandweit werden fast 60% der Gründungen im Nebenerwerb vollzogen. Das Ziel kann z.B. in einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aufbesserung der Einkünfte liegen. Ob neben einer Anstellung, in einer Phase der Arbeitslosigkeit oder in der Eltern- oder Erziehungszeit kann es attraktiv sein, eine Selbstständigkeit aufzubauen. Die Gründung im Nebenerwerb bietet dabei ideale Möglichkeiten, um erste Erfahrungen zu sammeln und ist eine wichtige Eintrittstür in das eigene Unternehmen.
Unabhängig vom Inhalt der gewünschten Tätigkeit und der persönlichen Motivation sind jedoch einige sozialversicherungsrechtliche Aspekte unbedingt zu beachten. Denn auch eine nur in Teilzeit oder nebenberuflich verfolgte Selbstständigkeit mit geringen Einkünften kann zu einer Versicherungspflicht in der Rentenversicherung führen und wirkt sich mitunter auf den Status in der Krankenversicherung aus.

Vorteile von Gründungen im Nebenerwerb

  • Geringeres Risiko: Wer (zunächst) nebenberuflich in die Selbstständigkeit startet, kann feststellen, ob sich die Geschäftsidee "trägt" und ein Markt dafür vorhanden ist. Und das ohne große Kostenbelastungen und Verantwortung für angestellte Mitarbeiter.
  • Geringerer Kapitalbedarf: Wer "klein" anfängt, kann dies in der Regel auch aus dem eigenen Geldbeutel finanzieren und ist unabhängig von Kreditinstituten und Sicherheiten für Kredite.
  • Guter Test: Viele Gründerinnen und Gründer befürchten, dass ihr Einkommen aus der Unternehmertätigkeit zu gering ist, um den eigenen Lebensunterhalt (und den der Familie) zukünftig allein davon zu sichern. Mit einer Nebenerwerbs- oder Teilzeitgründung (und der Sicherheit weiterer fester Einkünfte) kann man zunächst einfach testen, ob "mehr drin ist". Und - nicht zu vergessen - ob man für die Selbstständigkeit "taugt".
  • Genug Zeit: Nicht jeder Gründer hat die Zeit, um ein "full-time-Unternehmen" zu führen. Dies betrifft nicht zuletzt Gründerinnen, die für ihre Kinder sorgen müssen. Für Nebenerwerbs- oder Teilzeitgründungen reicht die Zeit womöglich schon, vor allem dann, wenn ein Unternehmen mit anderen Gründerinnen oder Gründern zusammen betrieben wird.
  • Mehr Geld: Eine Nebenerwerbsgründung kann auch dazu genutzt werden, ein festes Einkommen aus einer Angestelltentätigkeit aufzubessern.

Tipps für die Gründung im Nebenerwerb

Wenn Sie eine Nebenerwerbsgründung planen, sollten Sie
  • gezielt nach einer Geschäftsidee für ein Unternehmen suchen, das möglichst geringe laufende Kosten (zum Beispiel Miete) und Investitionen (zum Beispiel Büroausstattung) erfordert. Halten Sie die Kosten so niedrig wie möglich.
  • prüfen, ob Sie mit dieser Geschäftsidee Ihr Unternehmen auch tatsächlich stundenweise betreiben können. Bei einem Einzelhandelsgeschäft ist dies zum Beispiel in der Regel nicht möglich.
  • überlegen, welche Geschäftsideen auch Entwicklungsmöglichkeiten zulassen, zum Beispiel vom Schreibbüro zum Sekretariatsservice für Unternehmen oder vom Frühstücksservice für Büroangestellte zum eigenen Café.
  • beachten, dass Sie die Ausübung einer nebenberuflichen Selbständigkeit als Angestellte/r in der Regel zuvor mit Ihrem Arbeitgeber absprechen müssen. Ihre Tätigkeit aus diesem Arbeitsverhältnis darf unter der Selbständigkeit nicht leiden – Sie riskieren andernfalls eine Abmahnung, im schlimmsten Fall die außerordentliche fristlose Kündigung. 

Nebenberufliche Selbstständigkeit während der Eltern- oder Erziehungszeit

Nach § 15 Abs. 4 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) dürfen Mütter und Väter während der Elternzeit einer selbstständigen Erwerbstätigkeit bis zu einem Umfang von maximal 30 Wochenstunden nachgehen. Die Einkünfte, die während des Bezugs von Eltern- oder Erziehungsgeld erzielt werden, werden jedoch auf diese Zahlungen angerechnet. Vor Aufnahme einer nebenberuflichen Selbstständigkeit ist es daher anzuraten, sich mit der entsprechenden Stelle in Verbindung zu setzen und sich darüber zu informieren, in welchem Umfang eine Anrechnung zu erwarten ist. 

Nebenberufliche Selbstständigkeit während des Bezugs von Arbeitslosengeld I

Während des Bezugs von Arbeitslosengeld I soll der Arbeitssuchende dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Dies kann er nicht, wenn er einer umfangreichen selbstständigen Tätigkeit nachgeht. Daher ist es nach § 138 Abs. 3 SGB III in dieser Zeit grundsätzlich nur erlaubt, einer Selbstständigkeit in einem zeitlichen Umfang von bis zu 15 Stunden in der Woche nachzugehen. Die Einkünfte aus der Selbstständigkeit werden - abzüglich eines Freibetrages sowie der Betriebsausgaben - auf das Arbeitslosengeld angerechnet.
Wurde die selbstständige Tätigkeit jedoch vor der Arbeitslosigkeit in einem Zeitraum von 18 Monaten mindestens 12 Monate in einem Umfang von weniger als 15 Stunden pro Woche ausgeübt, so bleibt das Einkommen aus der Selbstständigkeit nach § 141 Abs. 3 SGB III auch während der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes in Höhe des in den letzten 12 Monaten durchschnittlich erworbenen Einkommens anrechnungsfrei.

Krankenversicherung 

Für Selbstständige gilt normalerweise, dass sie für ihre soziale Absicherung selbst verantwortlich sind. Bei nebenberuflicher Selbständigkeit ergeben sich aber einige Besonderheiten:
1. Familienangehörige
Wer bisher beitragsfrei über seinen Ehepartner, Partner oder die Eltern durch die Familienversicherung abgesichert war, bleibt dies, sofern die Selbstständigkeit nur im Nebenerwerb ausgeübt wird. Diese Einschätzung nimmt die Krankenkasse vor. Als Grundregel gilt, dass eine Selbstständigkeit dann nebenberuflich ausgeübt wird, wenn diese vom zeitlichen Aufwand her nicht den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit des Angehörigen darstellt.
2. Arbeitssuchende
Arbeitssuchende sind automatisch in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Die erforderlichen Beiträge übernimmt die Arbeitsagentur. Diese Pflichtversicherung endet, wenn die selbstständige Erwerbstätigkeit einen Umfang von 15 und mehr Stunden in der Woche einnimmt. In diesem Fall muss sich der Betreffende bei der Arbeitsagentur abmelden und entscheiden, ob er sich in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert, oder eine private Krankenversicherung wählt. Hierbei ist zu beachten, dass eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr möglich ist.
3. Angestellte
Angestellte sind ebenfalls in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Die Beiträge teilen sie sich mit dem Arbeitgeber. Wird eine selbstständige Tätigkeit neben einem Angestelltenverhältnis ausgeübt, kommt es für das Weiterbestehen der Versicherungspflicht entscheidend darauf an, welche der Betätigungen hauptberuflich ausgeübt wird. Liegt der Schwerpunkt der Beschäftigung nach zeitlichem Aufwand bei dem Angestelltenverhältnis, bleibt der Angestellte in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Die Beiträge erhöhen sich nicht. Liegt dagegen der Schwerpunkt bei der selbstständigen Beschäftigung, kann der Betreffende wählen, ob er sich in einer Privatversicherung oder freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern möchte. Diese berechnet den zu zahlenden Beitrag anhand des Gesamteinkommens, d.h. aus dem Entgelt der Tätigkeit im Angestelltenverhältnis und dem Einkommen aus der Selbstständigkeit. An den Kosten, die auf die Tätigkeit im Anstellungsverhältnis entfallen, beteiligt sich der Arbeitgeber.
Die Einschätzung, wo der Schwerpunkt der Beschäftigung liegt, wird von der Krankenkasse vorgenommen. Vor Aufnahme der Tätigkeit muss diese daher in jedem Fall nach ihrer Einschätzung gefragt werden.

Renten- und Pflegeversicherung

Grundsätzlich gilt, dass Selbständige nicht in der Rentenversicherung pflichtversichert sind. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch eine ganze Reihe von Ausnahmen (§ 2 S. 1 SGB VI). Dies betrifft:
  • Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen
  • Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen
  • Hebammen und Entbindungspfleger
  • Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen
  • Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes
  • Hausgewerbetreibende
  • Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen 
  • Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt
  • Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Wird eine dieser Tätigkeiten jedoch im Rahmen einer geringfügigen selbständigen Tätigkeit ausgeübt, ist diese versicherungsfrei (§ 5 Abs. II Nr. 2 SGB VI, § 8 Abs. I und III SGB IV).
Eine geringfügige selbständige Tätigkeit liegt vor, wenn
  • das Einkommen daraus im Monat regelmäßig 450 Euro nicht übersteigt, oder
  • die Selbständigkeit auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt ist, es sei denn, die Tätigkeit wird berufsmäßig ausgeübt und ihr Entgelt übersteigt 450 Euro im Monat.
Im Ergebnis lässt sich daher zusammenfassen, dass eine Rentenversicherungspflicht für Ihre nebenberufliche selbständige Tätigkeit dann nicht besteht, wenn Sie mit Ihren monatlichen Einkünften unter 450 Euro bleiben.
Dies erscheint zwar auf den ersten Blick attraktiv, doch sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bedeutet, dass Sie im Alter nicht abgesichert sind. Als Alternative zur gesetzlichen Rente kommen zahlreiche andere Angebote wie bspw. die Riester-Rente in Betracht. Diese und andere Möglichkeiten sollten Sie in Erwägung ziehen.
Die Pflegeversicherung ist ein weiteres Standbein der sozialen Grundsicherung und dient der Unterstützung pflegebedürftiger Personen. Die Pflegeversicherung ist auch von allen Gewerbetreibenden zu bezahlen; ein Wahlrecht besteht nicht.

Arbeitslosenversicherung

Wer mehr als 15 Stunden wöchentlich selbständig tätig wird und unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit in der Arbeitslosenversicherung versichert war, kann auf Antrag in die Arbeitslosenversicherung aufgenommen werden (§ 28a Abs. I SGB III). Diese Möglichkeit steht also nur den zuvor Versicherten offen. Die Möglichkeit und die Höhe können bei der Arbeitsagentur erfragt werden.

Unfallversicherung

Für viele Berufe gilt – auch bei geringfügiger Selbständigkeit – eine Versicherungspflicht in einer der zahlreichen Berufsgenossenschaften. Diese versichern ihre Mitglieder gegen die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.
Ob Sie mit der von Ihnen gewünschten selbständigen Tätigkeit für eine der Berufsgenossenschaften eine Versicherungspflicht haben, kann bei diesen erfragt werden. In einigen Berufsgenossenschaften kann sich der nur geringfügig selbständige jedoch von der Versicherungspflicht befreien lassen. Möglich ist auch wieder eine freiwillige Versicherung. Weitere Informationen können hier abgerufen werden. 

Gewerbeanmeldung / Erlaubnisse

Die Aufnahme eines Gewerbes unterliegt nach § 14 Abs. 1 GewO grundsätzlich der Anzeigepflicht beim zuständigen Gewerbeamt. In Bremen melden Sie Ihr Unternehmen beim Einheitlichen Ansprechpartner des Landes Bremen, bzw. der Gewerbemeldestelle und in Bremerhaven beim Bürger- und Ordnungsamt des Magistrats der Stadt Bremerhaven an. Die Kosten für eine Gewerbeanmeldung belaufen sich derzeit auf 32,- Euro. Betrifft die Tätigkeit einen der sog. freien Berufe, besteht hingegen lediglich eine Anmeldepflicht gegenüber dem Finanzamt.
Einige Betätigungsfelder bedürfen neben einer Anzeige zusätzlicher Genehmigungen oder Qualifikationsnachweise. Nähere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf unserer Website unter Gewerbeerlaubnisse und Genehmigungen.

Buchführung

Wenn Sie sich im Nebenerwerb selbstständig machen, wird Ihr jährlicher Nettoumsatz (ohne Mehrwertsteuer) in der Regel unter 600.000 Euro und ihr jährlicher Gewinn in der Regel unter 60.000 Euro liegen. Solange Sie unter diesen beiden Grenzen liegen, dürfen Sie die sog. einfache Buchführung praktizieren. Als Jahresabschluss legen Sie dem Finanzamt eine sog. Einnahmenüberschussrechnung vor. Entsprechende Formulare zur Erstellung erhalten Sie beim Finanzamt. Solange Sie unter den o. g. Grenzen liegen und in der Rechtsform des Einzelunternehmens oder der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen, müssen Sie Ihr Unternehmen in der Regel nicht ins Handelsregister eintragen lassen.

Steuern

Selbständige können von den folgenden drei Steuerarten betroffen sein: Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und Einkommensteuer. Über diese Steuerarten soll hier nur ein ganz kurzer  Überblick gegeben werden.
Gewerbesteuer
Gewerbetreibende unterliegen der Gewerbesteuer, sofern sie einen Gewerbeertrag von über 24.500 Euro im Jahr erwirtschaften (§ 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG). Da für die nebenberufliche Selbständigkeit von einem solchen Betrag zunächst nicht auszugehen ist, wird diese Steuerart hier nicht weiter vertieft.
Umsatzsteuer / Kleinunternehmerregelung
Nach § 1 Abs. 1 u. 2 UStG ist auf die Lieferungen und Leistungen der Unternehmer im Inland  Umsatzsteuer zu erheben. Die Höhe der Umsatzsteuer beträgt in der Regel 19 %. Hiervon gibt es jedoch eine ganze Reihe von Ausnahmen, bei welchen die Umsatzsteuer nur 7 % beträgt. Dieser Betrag ist dem geforderten Entgelt für die angebotenen Lieferungen und Leistungen hinzuzurechnen und gesondert auszuweisen. Er wird an das Finanzamt abgeführt. § 4 UStG sieht eine Reihe von Ausnahmen von der Umsatzsteuerpflicht vor, dies betrift u.a. Leistungen gemeinnütziger Institutionen, § 4 Nr. 18 UStG.
Für Kleinunternehmer gibt es eine Besonderheit. Diese sind gemäß § 19 Abs. 1 UStG von der Umsatzsteuerpflicht befreit, sofern der Umsatz (alle Einnahmen ohne Abzug der Betriebskosten) im vergangenen Jahr 22.000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Auf allen Rechnungen muss dann der Hinweis der Umsatzsteuerbefreiung angegeben werden.
Der selbständig Tätige kann auf diese Regelung durch Erklärung gegenüber dem Finanzamt verzichten, ist an diese Entscheidung sodann aber fünf Jahre gebunden (§ 19 Abs. 2 UStG).
Einkommensteuer
Wie auch die Angestellten zahlen Selbständige Steuern auf ihr Einkommen. In der jährlichen Steuererklärung ist dieses in einem gesonderten Formular auszuweisen. Die Höhe der Einkommensteuer hängt von den individuellen Einkommens- und Lebensbedingungen ab. Für eine mögliche Steuerprüfung durch das Finanzamt müssen alle geschäftlichen Unterlagen 10 Jahre lang aufgehoben werden.