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Herr Wissing, wir müssen reden!
Seit 2012 beschäftigen wir uns nun schon mit dem Ausbau des Stichkanals Salzgitter. Die Notwendigkeit für den Ausbau wurde unlängst im Verkehrswegeplan anerkannt und sämtliche Genehmigungen, insbesondere Umweltverträglichkeitsprüfungen, wurden ohne Komplikationen abgewickelt. Passiert ist seitdem trotzdem nicht viel. Nun fragt man sich, ob dies allein auf den Wasser- und Schifffahrtsstraßen des Bundes so ist. Die Realität ist eine andere: es passiert allenthalben zu wenig. Selbst Baumaßnahmen, die so gut wie keine Umweltauswirkungen haben, die Sanierung oder der Ersatzneubau von Brücken beispielsweise, beschäftigen uns regelmäßig eine gefühlte Ewigkeit.
Kurt Fromme, Geschäftsführer der Wilhelm Fromme Landhandel GmbH & Co. KG
© André Pause
Für Deutschland steht bei einer weiteren Vernachlässigung der Mobilitätsinfrastruktur nicht weniger als die (internationale) Wettbewerbsfähigkeit auf dem Spiel. Am Beispiel der Weddeler Schleife lässt sich nachvollziehen, dass wir nur mit breiten niedersächsischen Bündnissen in der Lage sind, Projekte in Berlin durchzusetzen. Dabei könnte man von der dort verantwortlich zeichnenden Ampel-Koalition doch durchaus erwarten, dass sie bei entsprechenden Mehrheiten mit Hochdruck an einer für alle Fraktionen tragbaren Lösung arbeitet, anstatt sich gegenseitig den Schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben.
Wie sich zuletzt der Braunschweiger Zeitung entnehmen ließ, sind durch fehlende Durchsetzungskraft und die Verschiebung aufgrund des gestiegenen Bürokratieaufbaus die Kosten beim Ausbau des Stichkanals zunächst von 144 Millionen auf 221 Millionen Euro und den neuesten Rechnungen zufolge inzwischen sogar auf insgesamt über 300 Millionen gestiegen. Wie sorglos im Bund doch mit finanziellen Ressourcen umgegangen wird! Ich bin davon überzeugt, dass sich viele Projekte weitaus kostengünstiger und schneller realisieren ließen, wenn die beteiligten Stakeholder unter Leitung der zuständigen Landes- und Bundesminister zusammenfänden und einen konkret erarbeiteten Lösungsplan mit dem nötigen politischen Druck schließlich gemeinsam durchsetzen würden. Viel zu viele Infrastrukturprojekte werden durch administrative Verfahren respektive zunehmende Bürokratie sinnlos ausgebremst.
Für die zahlreichen Anrainer ist der Stichkanal als Verbindung zum Mittellandkanal im Wettbewerb auf dem Weltmarkt überlebenswichtig. Wie sonst soll eine hiesige Ölmühle wettbewerbsfähig sein, wenn sie nicht die Vorteile einer funktionierenden Logistik mitnehmen kann. Die heutigen Schiffe können 1000 Tonnen Schüttgüter laden, nach Fertigstellung des Ausbaus wären es 2000 Tonnen. Sinn ergäbe letzterer aber längst nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern auch aus Klimaschutzgründen, leistet die Schifffahrt im Verkehrssektor doch einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen.
Es ist eine Stärke der Demokratie, dass wir in der Gemeinsamkeit vieles gestalten können – in Form von Anhörungen, Protesten oder politischen Diskussionen mit den Entscheidungsträgern aus Berlin. Lassen Sie uns gemeinsam für das lobenswerte Projekt „Stichkanal“ kämpfen. Herr Wissing, wir müssen reden!