Irrwege der Mobilitätsentwicklungsplanung

Deutschlandweit arbeiten Gebietskörperschaften an Mobilitätsentwicklungsplänen, so auch im Kammerbezirk dieser IHK. Es gilt, regionale Mobilität klimafreundlich zu gestalten – angesichts der Klimabeiträge des Mobilitätsektors ist das richtig.
Offenbar verstehen viele Kommunalpolitikerinnen und -politiker, die Vorgaben für die Planung in Beschlüssen fassen, unter klimafreundlicher Mobilität die massive Bevorzugung des Fahrradverkehrs, oftmals mit bewusster Benachteiligung des motorisierten Individualverkehrs (MIV), anstatt parallel Anreize auch für elektrifizierte Straßenverkehrsteilnehmer zu schaffen.
Das verkennt, dass in Regionen, die nicht über einen hoch getakteten ­S- und U-Bahnverkehr verfügen, sehr viele Arbeitnehmende auf ein vierrädriges Fahrzeug angewiesen sind. Der Weg zur Arbeit, Logistik für Kinder und gegebenenfalls gebrechliche Verwandte: all das unter hohem Zeitdruck kombiniert mit beruflichen Terminen – hierfür ist das Kfz gerade bei schlechtem Wetter unabdingbar. Daran ändert sich nichts, wenn es einen breiteren Fahrradschnellweg gibt.
Leider entsteht der Eindruck, dass Planungen ideologisch geprägt und nicht zielgerichtet durchdacht sind – mithin fehlt Entscheidern in Politik und Verwaltung scheinbar das Verständnis für die Belange der Tagesabläufe der Bürgerinnen und Bürger – oder man will Verständnis schlichtweg nicht aufbringen.
Es kann kein Weg sein, den Menschen das Zweirad als alternativlos zu verkaufen – das ist realitätsfern und kein wirksames, dem Klimaschutz und den Belangen der Menschen und unseren Mitgliedsbetrieben genügendes Konzept. Umwege und Parksuchverkehr erhöhen in vielen Fällen Zeitaufwand und Strecken. Selbst Studien von Institutionen, die nicht unter dem Verdacht stehen, zur Automobillobby zu zählen, belegen: Der größte Hebel zur Reduzierung der Klimabeiträge ist die Elektrifizierung des MIV.
Wird der Verkehrsträger Auto durch massive Verteuerung oder Reduzierung von Parkraum behindert, leidet die Wirtschaftsleistung, Geschäfte sind nicht erreichbar und in einigen Fällen suchen sich Arbeitnehmende in letzter Konsequenz eine andere Arbeitsstelle oder Betriebe wandern in die Peripherie ab.
Die Technologien für einen Antrieb aller urbanen Verkehrsträger ohne Ausstoß von Treibhausgasen existieren. Erforderlicher Parkraum – auch mit Vorteilen für E-Autos – kann so geschaffen werden, dass Versickerung von Niederschlagswasser möglich bleibt, die Aufenthaltsqualität verbessert wird und Grünflächen in der Stadt vermehrt entstehen. Es ist machbar, die berechtigten Interessen aller Verkehrsteilnehmenden in ihren jeweiligen individuellen ­Lebenssituationen durch gute städteplanerische Arbeit in einem Gesamtkonzept mit guter Vernetzung realistisch zu berücksichtigen, bestehende Rad­wege zu sanieren und mit kommunaler Wärmeplanung und Stromnetzausbau zu koordinieren.
Die IHK ist seit Monaten mit der Politik im Diskurs, um Mobilitätsentwicklung wirtschaftsfreundlich und klimafreundlich zu gestalten. Wir machen weiter – und das schreibt einer, der gerne das Fahrrad nutzt!
5/2025