DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2020

Die Corona-Pandemie hat deutliche Auswirkungen auf die Unternehmensnachfolge im Mittelstand. Viele Senior-Chefs verschieben Entscheidungen zur Übergabe des Betriebes. Nach den Erfahrungen der IHKs steht zunächst die Existenzsicherung im Fokus, das zeigt der DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2020.
Bei der Befragung im Oktober 2020 gaben 71 Prozent der IHKs an, dass die Zahl der Beratungen zur Unternehmensnachfolge seit März 2020 gesunken oder sogar stark gesunken sei. Ein Viertel der IHKs berichtet von einem gleichbleibenden Beratungsgeschehen, nur 4 Prozent melden mehr Beratungen.
Entsprechend ist die Einschätzung der IHKs bezüglich der Übernahmen im Krisenjahr 2020 von Zurückhaltung geprägt: Etwa jede zweite IHK rechnet mit einem Rückgang der Unternehmensnachfolgen in ihrer Region. Lediglich 9 Prozent erwarten einen Zuwachs, 43 Prozent keine Veränderungen zum Vorjahr.
Nach den IHK-Berichten könnte die Corona-Pandemie in vielen Fällen den Wert der Unternehmen drücken und somit das Problem bei der Nachfolgersuche verschärfen. Aus 13 IHKs liegen differenzierte Angaben darüber vor, wie viele beratene Senior-Unternehmerinnen und Senior-Unternehmer seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie die Aufgabe ihres Geschäfts erwägen: 8 IHKs berichten, dass 20 bis 30 Prozent der Geschäfte infolge von Corona schließen wollen, bei 3 IHKs trifft das auf weniger als 20 Prozent zu, 2 IHKs beobachten dies bei mehr als 30 Prozent der Beratungssuchenden.

Nachfolgesuche schon vor der Krise immer schwieriger

Auf Grundlage ihrer Gespräche und Beratungen, die sie vor Ort sowohl mit Unternehmern als auch mit Übernahmeinteressierten führen, ziehen die 79 IHKs bereits seit 2007 im DIHK-Nachfolgereport jährlich Bilanz. Dabei zeigen ihre Erfahrungen, dass die Suche nach Nachfolgerinnen und Nachfolgern bereits seit einigen Jahren immer schwieriger wird. 
So ließen sich 2019 fast doppelt so viele Senior-Unternehmer von ihrer IHK beraten wie 2010 (plus 79 Prozent auf 7.227). Unterdessen halbierte sich die Zahl derjenigen, die sich für die Firmenübernahme interessieren, vom Höchststand 2009 auf 4.302 im Jahr 2019.
Und: 45 Prozent der Senior-Unternehmer hatten 2019 bei der IHK-Beratung noch keinen geeigneten Nachfolger in Sicht. 2009 galt das lediglich für 35 Prozent. Auch das belegt, dass die Herausforderung strukturell wächst.
Gleichzeitig liegt das Interesse von Nachfolgern an der Übernahme unternehmerischer Verantwortung noch immer auf einem niedrigen Niveau, wenn es auch 2019 eine leichte Aufwärtsbewegung gegenüber dem Vorjahr gab. 
Dass dennoch viele mittelständische Unternehmen – unter anderem dank des Engagements der IHK-Organisation – die große Herausforderung erkannt haben, zeigt die Rekordzahl von 31.077 Teilnehmern, die die IHKs noch im Jahr 2019 mit ihren Angeboten zur Unternehmensnachfolge bei Informationsveranstaltungen, Beratungen und Seminaren erreicht haben.

Corona erschwert viele Nachfolgen in Handel und Gastronomie 

Eine weitere Erkenntnis aus den IHK-Beratungen: Das Gros der zur Übernahme anstehenden Unternehmen entfiel im Jahr 2019 auf die Branchen Handel (30 Prozent), Industrie (21 Prozent) sowie das Hotel- und Gaststättengewerbe (18 Prozent). In Letzterem sind fast alle Betriebe massiv von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen. Innerhalb von Handel und Industrie gibt es zwar deutliche Unterschiede bezüglich der Corona-Betroffenheit der Unternehmen, insgesamt rechnen die Betriebe laut einer aktuellen DIHK-Umfrage aber auch hier mit hohen Umsatzeinbußen. 
Demnach erwarten im Gastgewerbe 93 Prozent der Umfrageteilnehmer infolge der Pandemie erhebliche Umsatzrückgänge, ähnliches gilt auch für andere stark mittelständisch geprägte Branchen: In der Reisewirtschaft sind es mit 94 Prozent ebenfalls fast alle Betriebe der (Teil-) Branche, in Verkehr/Lagerei und Kfz-Handel jeweils drei Viertel aller Unternehmen und im Einzelhandel immerhin zwei Drittel aller Geschäfte.  

Besonders begehrt sind Industriebetriebe

Industrieunternehmen sind für die Nachfolgeinteressierten mit Abstand am attraktivsten: 40 Prozent der potenziellen Nachfolger, die sich 2019 von der IHK beraten ließen, wollten gern einen Industriebetrieb übernehmen. 22 Prozent gaben den Handel als bevorzugte Branche an, 14 Prozent das Hotel- und Gaststättengewerbe. 
Unter den Senior-Unternehmern boten 21 Prozent einen Industriebetrieb an. Dass gerade manche Industrie-Branchen bisweilen hohe Renditen versprechen, spiegelt sich aber auch in vergleichsweise hohen Kaufpreisen wider, die von den Nachfolgern zu finanzieren sind. Hinzu kommen oft Herausforderungen in punkto Innovation und fachliches Know-how sowie bei kleineren Industriebetrieben hoher Wettbewerbsdruck und teilweise die Abhängigkeit von einzelnen (Groß-) Kunden. 
Die vorangegangene DIHK-Umfrage "Unternehmensnachfolge wird zur immer größeren Herausforderung – besonders im Osten" gibt es hier.