Unternehmensbewertung

KMU-Rechner – Online-Tool zur Unternehmensbewertung

Viele Nachfolgen scheitern, weil Verkäufer und Käufer unterschiedliche Vorstellungen über den Kaufpreis haben. Laut Deutschem Industrie- und Handelstag DIHK sind bei einem Drittel aller Fälle die Preisvorstellungen der Verkäufer zu hoch.
Eine plausible Wertermittlung kann nicht durch die Verwendung allgemeiner Durchschnittsmultiplikatoren erfolgen. Zunehmend in der Praxis durchgesetzt, haben sich die Ermittlung der nachhaltig erzielbaren Erträge nach dem Ertragswertverfahren. Der Wert des Unternehmens wird bei diesen Verfahren daran bemessen, was ein Käufer in Zukunft mit dem Unternehmen verdienen kann.
Für eine Aussage zur Finanzierbarkeit ist eine alleinige Unternehmensbewertung – und sei sie noch so valide erstellt – nicht ausreichend. In der Realität werden Unternehmensverkäufe in aller Regel in hohem Umfang fremdfinanziert. Aus den Ertragsplanungen der nächsten Jahre müssen daher die jeweiligen ausschüttbaren Erträge errechnet und dem notwendigen Kapitaldienst des Übernehmers für jedes Jahr gegenüber gestellt werden.
Oftmals sind Verkäufer jedoch auch bereit, für den richtigen Nachfolger oder die richtige Nachfolgerin einen Abschlag auf den Kaufpreis hinzunehmen, um den Verkauf überhaupt zu realisieren. Dieser emotionale Discount wird z.B. beeinflusst durch die persönliche Nähe zum potenziellen Übernehmer, aber auch durch den Wunsch des Übergebers, den Mitarbeitern des Betriebes den Arbeitsplatz zu sichern oder den Namen des Unternehmens zu erhalten.
Eine valide Kaufpreisabschätzung sollte diese drei Elemente – den objektivierten Wert, die Kapitaldienstfähigkeit eines Erwerbers sowie die Gründe für einen möglichen emotionalen Discount - berücksichtigen.
Hierfür ist am EMF-Institut der HWR Berlin mit dem KMU-Rechner ein an der Praxis orientiertes wissenschaftliches Tool entwickelt worden. Der KMU-Rechner unterstützt bei der Berechnung eines individuellen Unternehmenswertes. Er ist frei zugänglich und vollständig kostenfrei. Es werden keine persönlichen Daten abgefragt, alle Eingaben sind anonym. Schon mit wenigen Angaben bekommt der User ein Ergebnis. Je detaillierter die Eingaben, desto genauer wird der Wert berechnet. Der KMU-Rechner verdeutlicht auch den Unterschied zwischen Wert und Preis und berechnet die Finanzierbarkeit eines Kaufpreises.

Methoden der Unternehmensbewertung

Einen objektiven Unternehmenswert gibt es in der Praxis nicht. Während Unternehmer, die ihr Unternehmen verkaufen wollen, neben den Sachwerten auch die Arbeit sehen, die sie in der Vergangenheit in das Unternehmen investiert haben, denkt der Erwerber daran, was er mit dem Unternehmen in Zukunft erwirtschaften und wie er den Kaufpreis finanzieren kann. Beide kommen daher nicht selten zu unterschiedlichen Wert- bzw. Preisvorstellungen, wenn es um den Kaufpreis geht. Eine rechtlich verbindliche Vorgehensweise für die Unternehmensbewertung existiert nicht. Wissenschaft und Praxis haben daher unterschiedliche Methoden entwickelt, um den Unternehmenswert zu ermitteln. Jedes Verfahren kann nur Anhaltspunkte für die Ermittlung des Wertes und damit des Preises geben. Beispielhaft sind im folgenden die gängigsten Verfahren beschrieben.
  1. Ermittlung des Barwerts der zukünftigen Gewinne (Ertragswert)
  2. Vergleich mit den Herstellungskosten (Substanzwert)
  3. Vergleich mit den üblicherweise gezahlten Preisen für ähnliche Unternehmen (Marktwert)

A. Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist die meist verbreitete Methode zur Ermittlung des Unternehmenswertes. Das Verfahren berücksichtigt die Anlagealternativen des Käufers, der mit seinem Kapital (K) entweder das Unternehmen erwerben kann oder sein Geld am Kapitalmarkt anlegt. Die zugrunde liegende Fragestellung lautet:
Wie hoch darf der Unternehmenswert sein, damit der erwirtschaftete Gewinn oder Cash-Flow eine angemessene Verzinsung (Z) auf das eingesetzte Kapital, den Kaufpreis, darstellt.
Bei dem reinen Ertragswertverfahren entspricht der Wert des Unternehmens dem Barwert aller zukünftigen Einnahmen-Überschüsse. Der Ertragswert wird somit bestimmt durch den erwarteten Unternehmenserfolg in den folgenden Jahren und durch einen Kapitalisierungszinsfuß, mit dem die zukünftigen Überschüsse auf den Zeitpunkt des Verkaufs abgezinst werden.
Die Prognose der zukünftige Erträge baut in der Regel auf den Werten der Vergangenheit auf. Die Erträge aus der Vergangenheit sind jedoch nur ein Indikator unter vielen für die zukünftige Entwicklung des zu bewertenden Unternehmens. Für den Erwerber des Unternehmens ist entscheidend wie viel Gewinn er in Zukunft mit dem Unternehmen erwirtschaften kann.
Schritte zur Ermittlung des Ertragswertes:
  • Aufstellen einer Prognose für den relevanten Markt auf der Basis der Entwicklung in der Vergangenheit und einer Chancen-/Risiken-Analyse
  • Entwurf einer langfristigen Umsatz-, Kosten-, Ergebnis-, Investitionsplanung (5 Jahre, davon 3 detailliert)
  • Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Ertrags/Cash-Flow:

    BE 1 (Betriebsergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern)
    - Ertragsteuern
    = BE 2 (Betriebsergebnis vor Zinsen und nach Ertragsteuern)
    + Abschreibungen
    - Investitionen
    +/- Veränderungen des Nettoumlaufvermögens
    = CF (Cash-flow)
  • Bestimmung des Kapitalisierungszinsfußes
    Der Kapitalisierungszinsfuß hat maßgeblichen Einfluss auf den Ertragswert. Zur Ermittlung des richtigen Kapitalisierungszinsfußes gibt es umfangreiche Literatur. Er wird gebildet durch einen Basiszinssatz zuzüglich eines Risikoaufschlages von etwa 3-4 Prozent. Der Kapitalisierungszinsfuß hängt kaum vom Kapitalmarktzins ab. Anderenfalls müssten in Phasen mit niedrigen Zinsen die Preise für Unternehmen erheblich steigen. Tatsächlich schwankt der bei kleinen und mittleren Unternehmen angesetzte Kapitalisierungszinsfuß in der Praxis zwischen 7 und 10 Prozent.
Beispielrechnung:
Der nachhaltige Ertrag/Cash-Flow des zu veräußernden Unternehmens beträgt 100.000 €. Der Veräußerer unterstellt eine Kapitalverzinsung von 6%. Er muss also ermitteln, wie viel Kapital ein Käufer anlegen müsste um bei einer 6%-igen Verzinsung 100.000 € Zinsen zu erhalten. Die Rechnung hierzu wird aus der
Zinsformel Z = K x i/100 (K= Kapital, i = Zinssatz, Z = Zinsbetrag) abgeleitet und lautet:

K = Z x 100/i

Mit den o.g. Werten: 100.000 € / 100/6 = 1.666.666 €

Strebt also ein Käufer eine Kapitalverzinsung von mindestens 6 % an, liegt der für ihn maximal akzeptable Kaufpreis für das Unternehmen mit einem Cash Flow von 100.000 € bei 1.666.666 €. Bei einer unterstellten Verzinsung von 10 % sinkt der Unternehmenswert auf 1.000.000 €.
Hier wird noch ein gewichtiges Argument für eine frühzeitige Planung der Nachfolge deutlich: Bei dem beschriebenen Verfahren bestimmt die Ertragserwartung für ein Unternehmen dessen Wert. Die Ertragserwartung für ein Unternehmen ist umso besser, je eher die Regelung der Nachfolge angegangen wird. Denn nur eine frühzeitige und umfassend geplante Nachfolge lässt Unsicherheiten bei Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und bei der Bank gar nicht erst entstehen, so dass die vorhandene Ertragskraft und damit der Unternehmenswert nicht gefährdet wird.

B. Substanzwertverfahren

Beim Substanzwertverfahren werden die Kosten addiert, die bei der Reproduktion des vorhandenen Unternehmens anfallen würden. Der Substanzwert bezeichnet den gegenwärtigen Verkehrswert aller materiellen, immateriellen, betriebsnotwendigen und nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände, abzüglich der Schulden und Verbindlichkeiten des Unternehmens. Die Substanz kann unter der Annahme der Fortführung (Substanzwert) oder der Liquidation (Liquidationswert) eines Unternehmens ermitteln.

Der Substanzwert wird bestimmt durch Anschaffungswert, Zustand, durchschnittliche technische Nutzungs- und Lebensdauer der zu veräußernden Wirtschaftsgüter aber natürlich auch durch die Nachfrage nach diesen Gütern. Die Schwierigkeit, die immateriellen Werte zu berechnen, führt in der Praxis meist dazu, dass nur die materiellen Werte erfasst werden. Immobilien können vereidigte Gutachter schätzen. Bei der Schätzung des Substanzwertes der beweglichen Wirtschaftsgüter helfen ebenfalls vereidigte Sachverständige, Berater oder Verbände.

Beim Liquidationswert wird geschätzt, welche Verkaufserlöse die Wirtschaftsgüter erzielen können, wenn sie einzeln verkauft werden. Es ist offensichtlich, dass hierbei viele wertsteigernde Faktoren außer acht gelassen werden. Angewendet wird das Verfahren nur bei chronisch unrentablen Betrieben. Der Liquidationswert stellt daher die absolute Wertuntergrenze des Unternehmens dar.

C. Marktwert

Dritter Ansatz zur Wertermittlung ist der Marktwert, der sich letztlich aus dem Spiel von Angebot und Nachfrage als Gleichgewichtspreis ergibt. Bei börsennotierten Unternehmen ist dies der Börsenwert. Bei anderen Unternehmen können börsennotierte Unternehmen oder in jüngster Vergangenheit übertragene Unternehmen Anhaltspunkte für die Wertermittlung geben.

In der Literatur stößt man außerdem häufig auf die Begriffe "Mittelwert" und "Stuttgarter Verfahren". Die so genannte Mittelwertmethode berechnet den Unternehmenswert als arithmetisches Mittel aus Ertrags- und Substanzwert. Es wird meist nur dann angewendet, wenn der Ertragswert größer ist als der Substanzwert. Die Mittelwertmethode wird auch häufig als Praktikerverfahren bezeichnet. Der Mittelwert wird errechnet, indem man Substanz- und Ertragswert gewichtet und addiert. Oft wird in der Praxis hierfür fälschlicherweise synonym der Begriff "Stuttgarter Verfahren" verwendet. Das "Stuttgarter Verfahren" ist ein von der Finanzverwaltung verwendetes Bewertungsverfahren, das häufig bei der Auseinandersetzung von Gesellschaftern angewendet wird. Vereinfacht gesagt ermittelt es den Unternehmenswert aus der Summe von 7/10 des Substanzwertes und dem fünffachen des Ertragsprozentsatzes:
W = 0,7 (Substanzwert + 5 x Ertragsprozentsatz)
Das Stuttgarter Verfahren ist damit ein Unterfall der Mittelwertmethode und wegen seiner Berechnungsweise nicht sehr praxisgeeignet.

Die Unternehmensbewertung hängt von vielen Faktoren ab und auch die Wahl des Verfahrens ist nicht immer eindeutig. Hilfestellung bei der Ermittlung des Unternehmenswertes bieten Ihnen die Kammern, Ihre Bank, Steuer- und Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer. Wichtig bei der Auswahl externer Berater für die Unternehmensbewertung ist sowohl die Erfahrung in Bewertungen als auch die Kenntnis über die Marktsituation von Unternehmen aus der Branche. Die Beratungskosten können unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 50 Prozent, maximal mit 1.500 € bezuschusst werden, wenn sie Teil einer weitergehenden allgemeinen Beratung sind. Informationen hierzu erhalten Sie beim Bundesamt für Wirtschaft.