CSR, ESG und EU Taxonomie – Was Sustainable Finance bedeutet

Der Begriff Sustainable Finance beschreibt die Umlenkung der Finanzströme in nachhaltige Unternehmen durch Finanzintermediäre, also vor allem Banken. Dabei geht das Konzept der Europäischen Kommission für "Nachhaltigkeit" deutlich über die Verringerung von CO2-Emissionen hinaus: Neben den klassischen Zielen im Umweltbereich sind langfristig auch Sozialstandards sowie Standards zur Unternehmensführung geplant. Alle diese Aspekte werden mit dem Begriff "ESG" (für Environment, Social, Governance) zusammengefasst.
Mit umfangreichen, verzahnten Regulierungsansätzen versucht die EU, das Finanzsystem dazu zu bewegen Investitionsströme in nachhaltige Projekte zu lenken und den "Europäischen Green Deal" umzusetzen. Dabei entsteht ein Regelungsgeflecht, das insbesondere für kleinere Betriebe kaum beherrschbar ist. Diese sollen zwar zunächst von unmittelbaren Berichtspflichten verschont bleiben, sind in der Praxis aber oft schon heute betroffen – sei es als Zulieferer berichtspflichtiger Unternehmen, sei es aufgrund schlechterer Finanzierungskonditionen.
Im Wesentlichen werden drei Instrumente eingesetzt:
  • Die seit 2022 geltende, aber noch im Ausbau befindliche "EU-Taxonomie" definiert ESG-Kriterien, die Wirtschaftstätigkeiten erfüllen müssen, um als nachhaltig eingestuft zu werden.
  • Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die bis Mitte 2024 in nationales Recht umgesetzt sein muss, erweitert die bestehenden Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Schon heute verpflichtet die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) Finanzdienstleister dazu, die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsinformationen zu ihren Strategien, Prozessen und Produkten offenzulegen. Im Ergebnis soll die Nachhaltigkeit von Finanzmarktprodukten wie etwa Fonds für Investorinnen und Investoren klarerer erkennbar werden.
Derzeit ist erst ein kleiner Teil der geplanten Regulierungen in Kraft. Doch es zeigt sich bereits, dass die ESG-Daten auf dem Kapitalmarkt nachgefragt werden und Effekte haben. Indem sie Anlegern Informationen für ihre Entscheidungsfindung und Unternehmensbewertung zur Verfügung stellt, soll die ESG-Berichterstattung es ermöglichen, nachhaltige Investitionen besser zu identifizieren. Damit werden die Kosten legitimiert, die bei der Erhebung der Daten entstehen. In der betrieblichen Praxis sind die Unternehmen nun nicht mehr nur mit den Nachhaltigkeitsinvestitionen selbst, sondern auch mit dem enormen Bürokratieaufwand ihrer Kategorisierung beschäftigt.
Für die Unternehmen der Realwirtschaft sind vor allem die Taxonomie und die CSDR-Regulierung von Belang, sie werden deshalb im Folgenden genauer betrachtet.

ESG-Taxonomie: Kriterienkataloge für umweltfreundliches Handeln

Als Herzstück der Sustainable-Finance-Regulierung dient die sogenannte Taxonomie. Die EU-Taxonomie-Verordnung ist im Juli 2020 in Kraft getreten und wird derzeit ausgebaut.
Sie bietet Unternehmen und Investoren anhand von kleinteilig ausformulierten Kriterien Anhaltspunkte dafür, inwieweit ein Unternehmen mit seinen Produkten und Dienstleistungen zu den insgesamt sechs von der EU benannten ökologischen Nachhaltigkeitszielen beiträgt und wie die Aktivitäten unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu bewerten sind. So soll Transparenz hergestellt und im Ergebnis die Finanzierung klima- und umweltfreundlichen Wirtschaftens begünstigt werden.
Konkret umfassen die sechs Ziele die Bereiche
  • Klimaschutz,
  • Anpassung an den Klimawandel,
  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
  • Vermeidung von Umweltverschmutzung sowie
  • Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen.
Bisher hat die Kommission für die beiden Ziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel konkrete Inhalte formuliert – also beispielsweise für den Verkehr, die CO2-Abgasemissionen in der Gebäudeausrüstung, die Überwachung und Regulierung von Heizungsanlagen und vieles mehr.
Die Ausweitung der Taxonomie auf die übrigen vier Ziele steht bevor. Die DIHK hat sich an einer Konsultation hierzu beteiligt.
Generell gilt: Damit eine Maßnahme unter der EU-Taxonomie als nachhaltig gelten kann, muss sie drei Bedingungen erfüllen:
  1. Es wird ein wesentlicher Beitrag zu mindestens einem der sechs Klimaschutzziele geleistet.
  2. Durch die Maßnahme wird keinem anderen Ziel ein erheblicher Schaden zugefügt.
  3. Soziale Mindeststandards werden eingehalten.
Zweck der Taxonomie ist nicht, Unternehmen vorzuschreiben, welche Art der Investitionen sie tätigen sollen. Nicht-taxonomiekonforme Investitionen gelten nicht automatisch als "braun". Ebenso bewertet die Taxonomie weder die "Grünheit" eines Unternehmens noch die finanzielle Performance eines Investments.

CSRD erweitert Berichtspflichten im Jahresabschluss

Auf Grundlage der EU-Taxonomie wird künftig die Corporate Sustainability Reporting Directive viele Unternehmen verpflichten, darüber zu informieren, wie sie sozialen und ökologischen Herausforderungen begegnen. Die CSRD weitet die Inhalte und den Geltungsbereich der bereits bestehenden Richtlinie zur Berichterstattung über nicht finanzielle Informationen (Non-Financial Reporting Directive, NFRD) aus.
Auf EU-Ebene wurde sie Ende 2022 verabschiedet; bis Juli 2024 muss sie in nationales Recht umgesetzt werden. Mit Inkrafttreten der CSRD in Deutschland wird die Zahl der Unternehmen, die hierzulande im Jahresabschluss einen Nachhaltigkeitsbericht abliefern müssen, von etwa 500 auf rund 15.000 steigen.
Betroffene Unternehmen müssen durch die neuen Berichtspflichten viele Daten erheben, offenlegen und sie auf Basis der von der Europäischen Kommission noch zu erlassenden verbindlichen EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards – ESRS) berichten.
Für die berichtspflichtigen Unternehmen gilt es daher, sich möglichst rechtzeitig mit den Anforderungen der CSRD zu beschäftigen, um die fristgerechte Erfüllung der Berichtspflichten sicherzustellen.

Welche Unternehmen sind von der CSRD betroffen

Die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung tritt gestaffelt – abhängig von der Größe beziehungsweise von den Eigenschaften der Unternehmen – in Kraft.
Betroffen sind die folgenden Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften mit ausschließlich haftungsbeschränkten Gesellschaftern:
  • im bilanzrechtlichen Sinne große Unternehmen,
  • im bilanzrechtlichen Sinne kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die kapitalmarktorientiert sind,
  • Drittstaatenunternehmen mit 150 Mio. Euro Umsatz in der EU, deren Tochterunternehmen die vorstehenden Größenkriterien erfüllen oder deren Zweigniederlassungen mehr als 40 Mio. Euro Umsatz erreichen.
Kleinstunternehmen sind vom Anwendungsbereich ausgenommen.
Die Berichtsanforderungen der CSRD werden für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024 zunächst für einen eingeschränkten Kreis von Unternehmen gelten, der dann sukzessive erweitert wird:
  • für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024: Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen  / bzw. Unternehmen, die bereits heute schon einen sogenannten CSR-Bericht beziehungsweise einen nicht finanziellen Bericht erstellen müssen,
  • für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2025: alle anderen bilanzrechtlich großen Unternehmen / bzw. alle großen Kapitalgesellschaften oder ihnen gleichgestellte Gesellschaften, wie haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften, welche bisher noch nicht berichtspflichtig sind, unabhängig davon, ob sie kapitalmarktorientiert sind. Dies gilt auch für Mutterunternehmen einer großen Gruppe, welche bisher noch nicht berichtspflichtig sind.
  • für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2026: kapitalmarkt­orientierte KMU, sofern sie nicht von der Möglichkeit des Aufschubs bis 2028 Gebrauch machen / bzw. kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit Ausnahme der kapitalmarktorientierten Kleinstunternehmen, aber auch bestimmte kleine, nicht komplexe Institute sowie bestimmte firmeneigene Versicherungs-/ Rückversicherungsunternehmen,
  • für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2028: bestimmte Unternehmen aus Drittstaaten, welche große Tochterunternehmen oder kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Tochterunternehmen in einem Mitgliedstaat haben, sowie Emittenten, die ihren Sitz in einem anderen Staat haben, besondere Regelungen gelten zudem für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen.
Die CSRD soll bestehende Lücken bei den Berichtsvorschriften schließen und die Nachhaltigkeitsberichterstattung insgesamt ausweiten. Ziel ist es, die Rechenschaftspflicht europäischer Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte zu erhöhen und erstmals verbindliche Berichtsstandards auf Ebene der EU einzuführen.

Zunahme von indirekten Berichtspflichten

Darüber hinaus wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung auch Auswirkungen auf weitere Unternehmen haben: Dazu gehören die Geschäftspartner beziehungsweise Zulieferer der berichtspflichtigen Unternehmen. Denn das berichtspflichtige Unternehmen wird zur Erfüllung der eigenen Nachhaltigkeitsberichtspflicht auf Informationen seiner Zulieferer zurückgreifen müssen und diese auffordern, entsprechende Informationen zu liefern. Grund hierfür ist, dass große Unternehmen bei fehlenden Informationen entlang seiner Lieferkette seine eigenen gesetzlichen Berichtspflichten nicht erfüllen können.

Umfangreiche Angaben im Nachhaltigkeitsbericht

Die Vorgaben der Richtlinie sind noch durch den deutschen Gesetzgeber in nationales Recht umzusetzen, das heißt hierfür müssen unter anderem die Regelungen im Handelsgesetzbuch geändert werden.
Der Nachhaltigkeitsbericht als Teil des Lageberichts der genannten Unternehmen muss umfangreiche Angaben enthalten, die für die Auswirkungen der Tätigkeiten des Unternehmens auf Nachhaltigkeitsaspekte sowie für das Verständnis der Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf Geschäftsverlauf, Geschäftsergebnis und Lage des Unternehmens erforderlich sind. Der Nachhaltigkeitsbericht ist mittels der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS), die von der EU-Kommission als delegierte Rechtsakte erlassen werden und dann unmittelbare Geltung auch für die Unternehmen in Deutschland haben, zu erstellen. Auch diese Standards werden gestaffelt erstellt und für anwendbar erklärt.
Der Nachhaltigkeitsbericht als Teil des Lageberichts muss extern geprüft werden. Zunächst ist die Prüfung "zur Erlangung begrenzter Sicherheit" und später "zur Erlangung hinreichender Sicherheit" durchzuführen. Er ist in dem europäischen einheitlichen elektronischen Berichtsformat, also dem European Single Electronic Format (ESEF), zu veröffentlichen. Seine Inhalte sind mit sogenannten "tags" besonders zu kennzeichnen.

Quellen: DIHK, Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
Stand: 14.11.2023