Leitfaden Produktentwicklung

Produktentwicklung und Produktdesign sind elementare Bestandteile einer erfolgreichen Produktstrategie. Bei der Entwicklung neuer Produkte sind neben technischen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen zahlreiche gesetzliche Regelungen zu beachten. Darüber hinaus existieren in diesem Zusammenhang verschiedenste Beratungs- und Finanzierungsangebote.
Im Folgenden sind - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - Themen aufgelistet, welche in den einzelnen Phasen einer Produktentwicklung relevant sein könnten. Diese Übersicht soll Ihnen als erste Orientierung dienen. Bitte beachten Sie, dass einzelne Dienstleistungen aufgeführter Anlaufstellen kostenpflichtig sein können.

Marktanalyse

Analysieren Sie die Anforderungen Ihrer Zielkunden beziehungsweise deren Entscheidungsprozesse beim Kauf.
Warum? Sie können sich auf Erfolg versprechende Alleinstellungsmerkmale fokussieren. Sie erfahren, welche Personengruppen neben dem Käufer die Kaufentscheidung beeinflussen. So können Sie frühzeitig auf neue Anforderungen reagieren.
Unterstützung: Marktforscher, Berater, Abschlussarbeiten an Hochschulen, DE International (Ausland). Teilweise ist eine Förderung mittels Innovationsgutschein A möglich.
Weitere Informationen: IHK-Innovationsberatung

Stand der Technik

Analysieren Sie Patentliteratur, Fachliteratur und weitere Quellen mit Blick auf Konkurrenzprodukte.
Warum? Sie vermeiden die Entwicklung bereits vorhandener oder geschützter Produkte/Verfahren und erhalten eine Orientierung hinsichtlich marktgerechter Alleinstellungsmerkmale.
Unterstützung: Recherche-Dienstleister, Patentanwälte, Patentliteratur, Fachliteratur, Benchmarking. Teilweise ist eine Förderung mittels Innovationsgutschein A möglich.
Weitere Informationen: IHK-Innovationsberatung, Leitfaden Patentrecherche, www.dpma.de

Innovationsmanagement

Strukturieren Sie Prozesse und Dokumentation so, dass von der Entwicklungs- bis zur Reklamationsabteilung Innovationsimpulse zum Beispiel durch halbjährliche Workshops eingeholt werden können.
Warum? Sie können sich systematisch und kompakt über neue Technologien, Marktveränderungen und neue Kundenanforderungen informieren und erhalten so wichtige Impulse für Innovationen.
Unterstützung: Leitfäden und Literatur zum Thema Innovationsmanagement, Berater (teilweise Förderung möglich)
Weitere Informationen: IHK-Innovationsberatung, Leitfaden Innovationsmanagement

CE-Kennzeichnung und Normen

Prüfen Sie frühzeitig, ob Ihr Produkt unter eine CE-Richtlinie fällt und berücksichtigen Sie diese und zugehörige Normen bereits während der Entwicklung.
Warum? Ist das Produkt von einer Richtlinie erfasst, müssen Sie das entsprechende Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen und (gegebenenfalls unter Einbeziehung externer Stellen) ein CE-Zeichen anbringen. Auch für Komponenten können bestimmte Verfahren und Dokumentationspflichten vorgeschrieben sein.
Unterstützung: Recherche- und Prüf-Dienstleister, Berater. Für Normenrecherche und Produkttests ist teilweise eine Förderung mittels Innovationsgutscheinen möglich.
Weitere Informationen: Artikel zu CE-Richtlinien, EU-Datenbank zur Suche nach Produktvorschriften

Produktsicherheit und -kennzeichnung

Lesen Sie das Produktsicherheitsgesetz vollständig und aufmerksam durch. Recherchieren Sie außerdem relevante Normen hinsichtlich branchenüblicher Kennzeichnungen, Datenblattangaben et cetera.
Warum? Sie erhalten wichtige Hinweise zur Kennzeichnung Ihres Produkts und zu weiteren Informationsquellen hinsichtlich der Produktsicherheit.
Unterstützung: Recherche- und Prüfdienstleister, Berater, Fachanwälte.
Weitere Informationen: IHK-Innovationsberatung, Produktsicherheitsgesetz

Fördermittel für Forschung und Entwicklung

Prüfen Sie vor Beginn der Entwicklung, ob Sie öffentliche Fördermittel für die Entwicklung innovativer Produkte in Anspruch nehmen wollen.
Warum? Bei vertretbarem Antragsaufwand können finanzielle Risiken der Entwicklung gesenkt werden. Je nach Programm werden externe FuE-Dienstleistungen oder auch der betriebsinterne Aufwand bezuschusst.
Unterstützung: Projektträger der einzelnen Förderprogramme, Berater
Weitere Informationen: IHK-Innovationsberatung, www.foerderdatenbank.de

Gewerbliche Schutzrechte

Wägen Sie ab, ob Sie für ein neues Produkt ein Schutzrecht anmelden wollen, zum Beispiel Patent/Gebrauchsmuster (Produkte, Verfahren), Marke oder eingetragenes Design.
Warum? Sie schützen Ihre Idee vor Nachahmern und sichern sich für viele Jahre das alleinige Herstellungs- und Verkaufsrecht.
Unterstützung: IHK-Patentberatung, Patentanwälte. Teilweise ist eine Förderung über WIPANO oder mittels Innovationsgutschein A möglich.
Weitere Informationen: IHK-Innovationsberatung

Technologietransfer

Prüfen Sie, ob ein Dritter über das für die Entwicklung erforderliche Know-how verfügt und ob ein Technologietransfer in Frage kommt.
Warum? Sie können die Entwicklung schneller umsetzen und sparen somit Zeit und Geld.
Unterstützung: Ansprechpartner der Hochschulen, Partnerunternehmen, Team Wissenstransfer
Weitere Informationen: IHK-Technologietransferberatung, www.epsilon-tau.de (Bereich Hochschulkooperationen), www.bw-firmen.ihk.de (Bereich Unternehmenskooperationen)

Technische Unterlagen

Prüfen Sie frühzeitig, welche technischen Unterlagen (Installationsanleitung, Zeichnungen, ...) in welcher Form und Sprache gefordert sind.
Warum? Je nach Produktart und Zielland kann die Bereitstellung zahlreicher technischer Unterlagen gefordert sein, deren Erstellung teilweise zeitaufwändig und teuer ist.
Unterstützung: Recherche- und Prüfdienstleister, Berater, Ingenieurbüros, Übersetzungsbüros
Weitere Informationen: IHK-Innovationsberatung

Verpackung

Prüfen Sie, ob Sie zur Teilnahme an einem dualen System sowie zur Registrierung bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister verpflichtet sind.
Warum? Wenn Sie eine mit Ware befüllte Verpackung erstmalig in Verkehr bringen, müssen Sie sich in der Regel an einem dualen System oder an einer Branchenlösung zur Rücknahme beteiligen. Zudem ist gegebenenfalls eine Registrierung bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister erforderlich.
Unterstützung: Anerkannte duale Systeme
Weitere Informationen: IHK-Umweltberatung, Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister

Entsorgung von Elektrogeräten / WEEE

Nur für Hersteller/Importeure von Elektrogeräten: Prüfen Sie, ob Sie sich als Inverkehrbringer von Elektrogeräten bei der Stiftung Elektro-Altgeräte Register beziehungsweise bei der zuständigen Registrierungsstelle im Zielland registrieren müssen.
Warum? Für die Mehrzahl der Gerätearten sind Sie zur Registrierung als Hersteller sowie zur regelmäßigen Meldung in Verkehr gebrachter Mengen verpflichtet.
Unterstützung: www.stiftung-ear.de, WEEE-Dienstleister, Auslandshandelskammer für das jeweilige Zielland
Weitere Informationen: IHK-Umweltberatung, Elektrogesetz

Batteriegesetz

Falls das Produkt Batterien enthält: Prüfen Sie, ob Sie Hersteller beziehungsweise Vertreiber im Sinne des Batteriegesetzes (BattG) sind und Meldepflichten, Rücknahmepflichten oder weitere Anforderungen bestehen.
Warum? Das Batteriegesetz sieht unter anderem eine Herstellerregistrierung sowie die Pflicht zur Teilnahme an einem genehmigten Rücknahmesystem vor, wenn Batterien in Verkehr gebracht werden.
Unterstützung: ear-Portal, IHK-Umweltberatung
Weitere Informationen: Batteriegesetz

REACH

Prüfen Sie grundsätzlich für jedes Produkt, ob sich Anforderungen aus der REACH-Verordnung ergeben.
Warum? Zum Beispiel sieht Artikel 33 der REACH-Verordnung entlang der Lieferkette sowie auf Anfrage auch gegenüber Verbrauchern eine Informationspflicht für alle Erzeugnisse vor, die besonders besorgniserregende Stoffe in einer Konzentration von mehr als 0,1 Massenprozent enthalten. Seit Anfang 2021 besteht zudem gegebenenfalls eine Mitteilungspflicht an die Europäische Chemikalienagentur.
Weitere Informationen: Artikel zu REACH, REACH-Verordnung, SCIP-Datenbank
Unterstützung: REACH-CLP-Biozid-Helpdesk, IHK-Umweltberatung

Bedarfsgegenständeverordnung


Insbesondere bei Produkten, bei denen ein Hautkontakt oder Lebensmittelkontakt vorgesehen ist: Prüfen Sie, ob die Bedarfsgegenständeverordnung (BedGgstV) oder angrenzende Rechtsbereiche spezielle Anforderungen, Stoffverbote, Dokumentationspflichten oder ähnliches vorsehen.
Warum? Beispielsweise für Produkte mit Lebensmittelkontakt sieht die Verordnung 1935/2004 eine Reihe von Prüfungen, Dokumentationen sowie für bestimmte Produktklassen eine Konformitätserklärung vor (nicht zu verwechseln mit der Konformitätserklärung im Rahmen der CE-Kennzeichnung). Aber beispielsweise auch für Schuhe, Handtaschen oder Luftballons enthält die BedGgstV Regelungen.
Weitere Informationen: Bedarfsgegenständeverordnung, BMEL-Informationen, BfR-Empfehlungen
Unterstützung: IHK-Innovationsberatung

Geschäftsmodell

Konzipieren Sie bereits im Zuge der Produktentwicklung ein Geschäftsmodell oder überprüfen Sie, inwieweit das bestehende Geschäftsmodell infolge neuer Trends, Kundenbedürfnisse oder technischer Möglichkeiten weiterentwickelt werden kann.
Warum? Insbesondere auch im Zuge der Digitalisierung werden rund um Produkte zunehmend innovative Geschäftsmodelle etabliert, beispielsweise pay-per-use Modelle bei IoT-Produkten.
Unterstützung: Berater, IT-Dienstleister, IoT-Spezialisten
Weitere Informationen: Leitfaden Geschäftsmodellentwicklung

Vertriebskonzept

Analysieren Sie bereits im Rahmen der Entwicklung den vorgesehenen Vertriebsweg. Prüfen Sie, ob neben Vertriebs- und Marketingunterlagen auch Zubehör, Software, After-Sales-Leistungen et cetera entwickelt werden müssen.
Warum? Als Entwickler sind Sie der erste Verkäufer gegenüber Ihrem Vertrieb. Zum Verkaufsstart muss ein konsistentes Gesamtprodukt inklusive Dienstleistungen, Support et cetera bereitstehen.
Unterstützung: Marketing-Dienstleister, Berater, DE International (Ausland).
Weitere Informationen: IHK-Innovationsberatung, Leitfaden Vertrieb und Markteinführung

Massenartikel

Insbesondere im Einzelhandel wird häufig eine GTIN/EAN-Nummer zur schnelleren Identifikation der Produkte (zum Beispiel an Kassen) gefordert. Prüfen Sie rechtzeitig, ob eine Registrierung erforderlich ist und planen Sie eine Möglichkeit zur Anbringung ein.
Warum? Massenartikel dürfen keinen Zeitaufwand beim Verkauf generieren. Im Einzelhandel dominiert daher das sogenannte GS1-System zur Vergabe eindeutiger Identnummern.
Unterstützung: GS1 Germany
Weitere Informationen: IHK-Innovationsberatung

Export/Internationalisierung

Beachten Sie bereits während der Entwicklung spezifische Gesetze und Anforderungen künftiger Auslandsmärkte.
Warum? Die Erschließung internationaler Märkte ist gerade für produzierende Unternehmen ein entscheidender Wachstumsfaktor. Durch Kenntnis der länderspezifischen Standards können häufig bereits im Produktentstehungsprozess Synergien genutzt werden.
Unterstützung: IHK-Bereich International
Weitere Informationen: EU-Datenbank zu Produktvorschriften

Bitte beachten Sie folgende Hinweise:
Die aufgeführten Themen können ohne Gewähr und ohne Anspruch auf Vollständigkeit im Rahmen Ihrer Produktentwicklung relevant sein.
Darüber hinaus sind je nach Produktart, Produktions- oder Vertriebsland in der Regel weitere Richtlinien und Vorgaben zu beachten. Ebenso kommen je nach Branche beziehungsweise technologischem oder organisatorischem Anspruch weitere individuelle Aspekte oder Maßnahmen in Frage.