Veröffentlichung von Lebensmittelkontrollergebnissen
Seit 2018 können gravierende Hygienemängel mit Bußgeldern über 350 Euro öffentlich gemacht werden – auch online. Die Änderung des § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) im April 2019 erweitert dies auf verbotene oder nicht zugelassene Stoffe in Lebensmitteln. Erfahren Sie, wie Sie sich schützen und rechtzeitig handeln können!
- Um was geht es?
- Rechtlicher Hintergrund
- Wer ist betroffen?
- HACCP-Konzept: Ein Muss für Lebensmittelbetriebe
- Was müssen Sie beachten?
- Veröffentlichung von Kontrollergebnissen: So reagieren Sie richtig
- Zusammenfassung
- Sonderfall: Private Veröffentlichungsplattformen
- Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen
Um was geht es?
Seit langem wird diskutiert, ob es rechtlich zulässig ist, dass die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen veröffentlicht werden dürfen. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Frühjahr 2018 ist eine Veröffentlichung bei gravierenden oder wiederholten Hygienemängeln zulässig und darf auch online („Internetpranger“) erfolgen. Im April 2019 wurde § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) geändert, sodass neben Hygieneverstößen auch das Auffinden von nicht zugelassenen oder verbotenen Stoffen veröffentlicht werden darf.
Rechtlicher Hintergrund
Das Bundesverfassungsgericht (Az: 1BvF1/13 vom 23. März 2018) hat entschieden, dass Internetveröffentlichungen bei Hygieneverstößen zulässig sind. Zudem wurde auf Bundesebene § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) überarbeitet, um eine einheitliche Löschfrist für Veröffentlichungen festzulegen und die Veröffentlichung von Nachweisen verbotener Stoffe zu regeln.
Wer ist betroffen?
Lebensmittelbetriebe, die…
- gesetzliche Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen überschreiten. Voraussetzung sind Ergebnisse mindestens zweier unabhängiger Untersuchungen von in der Regel staatlichen Untersuchungseinrichtungen.
- hygienische Vorschriften wiederholt nicht einhalten.
- verbotene oder nicht zugelassene Stoffe in Lebensmitteln nachgewiesen bekommen.
Die Regelung gilt unter anderem für: Bäckereien, Metzgereien, Imbisse, Catering-Betriebe, Restaurants, Kantinen, Großhandel und Lieferanten für gastronomische Betriebe.
HACCP-Konzept: Ein Muss für Lebensmittelbetriebe
HACCP (Hazard Analysis Critical Control Point) ist eine Risikoanalyse, die auf der Festlegung kritischer Punkte im gesamten Herstellungs- und Vertriebsprozess basiert. Es basiert auf der EU-Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ("Basis-Hygieneverordnung") und ist für alle Betriebe verpflichtend, die Lebensmittel verarbeiten, handeln oder in Verkehr bringen.
Ein HACCP-Konzept umfasst:
Ein HACCP-Konzept umfasst:
- Prozessabläufe und Gefahrenanalyse an kritischen Punkten.
- Grenzwerte und die Maßnahmen zur Risikominimierung.
- Dokumentation zur Nachweisführung gegenüber Lebensmittelkontrollen.
Wichtige Maßnahmen für Betriebe:
- Hygienemanagementsystem gemäß HACCP einrichten.
- Mitarbeiter zur Anwendung des HACCP-Konzeptes schulen.
- Hygienemanagementsystem gemäß HACCP einrichten.
- Mitarbeiter zur Anwendung des HACCP-Konzeptes schulen.
Was müssen Sie beachten?
Halten Sie alle gesetzlichen Anforderungen ein?
Die gesetzgeberischen Kernstücke für den Umgang mit Lebensmitteln sind das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) und die Verordnung (EG)Nr. 178/2002 (EU-Basis-Verordnung). Beide bilden den Rahmen für produktübergreifende Regeln ebenso wie für produktspezifische Anforderungen. Daneben ist für das gewerbsmäßige Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln immer auch das Hygienerecht und die Lebensmittelkennzeichnung zu beachten.
Die Einhaltung der jeweils gültigen gesetzlichen Anforderungen ist Grundvoraussetzung, um Hygieneverstöße zu vermeiden.
Sind Sie mit Ihrem HACCP Konzept auf dem neusten Stand?
Auch unwesentlich erscheinende Änderungen in Ihrer betrieblichen Praxis können Anpassungen in Ihrem HACCP Konzept nach sich ziehen. Überprüfen Sie, ob Ihr HACCP Konzept Ihren aktuellen betrieblichen Anforderungen entspricht. Passen Sie gegebenenfalls Ihr HACCP Konzept an.
Haben Sie und Ihre Mitarbeitenden alle Schulungen und Belehrungen?
Personen, die mit Lebensmitteln umgehen oder einen Gastronomiebetrieb führen, müssen unter anderem an folgenden Hygienebelehrungen und Schulungen teilnehmen:
- Belehrung nach § 43 Infektionsschutzgesetz
- Lebensmittelhygieneschulung entsprechend der Vorgaben der Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) sowie die jährlichen Folgebelehrungen
Die Teilnahme an Belehrungen und Schulungen ist zu dokumentieren, damit sie von der Lebensmittelkontrolle nachvollzogen und überprüft werden kann.
Veröffentlichung von Kontrollergebnissen: So reagieren Sie richtig
Fünf Schritte für den Ernstfall:
1. Schritt: Lebensmittelaufsichtsbehörde kontaktieren
Schreiben Sie Ihre zuständige Lebensmittelaufsichtsbehörde an und bitten Sie diese um eine schriftliche Stellungnahme, ob und wie Verstöße im Bereich Lebensmittelhygiene veröffentlicht werden oder nicht.
2. Schritt: Kontrollprotokoll führen
Protokollieren Sie im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle gemeinsam mit Ihrer Lebensmittelkontrolle so genau wie möglich alle besprochenen Punkte, positive wie negative in schriftlicher Form. Bestandteil des Protokolls können auch Bilder sein.
3. Schritt: Bußgeldprüfung
Ist ein Bußgeldverfahren von über 350 Euro zu erwarten, lassen Sie sich genau und schriftlich aufzeigen, welcher Verstoß mit welchem Bußgeld geahndet wird. Achten Sie dabei insbesondere darauf, dass
-
Verstöße gegen bauliche Anforderungen sowie
-
Verstöße gegen Aufzeichnungs- oder Mitteilungspflichten,
die jeweils keine Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln bewirken, außer Betracht bleiben. D.h. Bußgelder, die auf diese Verstöße zurückzuführen sind, werden bei der Aufsummierung nicht berücksichtigt, so dass ggf. die Schwelle von 350 Euro veröffentlichungsrelevanten Bußgeld nicht erreicht wird.
4. Schritt: Einspruch einlegen
Falls ein Bußgeldverfahren droht, sofort Einspruch einlegen und einen Rechtsbeistand aus dem Fachgebiet Lebensmittelrecht kontaktieren.
5. Schritt: Mängel beheben
Nach einer Veröffentlichung im Internet werden Sie für sechs Monate auf der staatlichen Plattform genannt und erst danach gelöscht. Informieren Sie Ihre zuständige Lebensmittelaufsichtsbehörde unverzüglich über die Behebung des Mangels.
Zusammenfassung
Gastronomen, Händler und Lebensmittelhersteller tragen die Verantwortung für hygienische Standards in ihren Betrieben. Neben der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften ist ein internes Kontrollsystem essenziell. Ob die Anforderungen an einen hygienischen Umgang mit Lebensmitteln eingehalten werden, wird im Rahmen von Lebensmittelkontrollen überprüft. Diese Kontrollen sollen Gesundheitsgefahren frühzeitig erkennen und bei Bedarf rechtzeitig Gegenmaßnahmen einleiten. Die richtige Hygienepraxis ist auch deshalb wichtig, da die Veröffentlichung der Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen bei denen gravierenden oder wiederholten Hygienemängeln, die ein Bußgeld von höher als 350 Euro nach sich ziehen, erfolgt. Als Unternehmer beziehungsweise Betreiber eines gastronomischen Betriebes verfügen Sie über verschiedene Rechte bei der Hygienekontrolle. Stellen Sie sicher, dass die in Ihrem Lebensmittelbetrieb verwendeten Lebensmittel keine verbotenen oder nicht zugelassenen Stoffe enthalten. Sie können den Lebensmittelkontrolleur zum Beispiel fragen, auf welcher Rechtsgrundlage die Überprüfung und Veröffentlichung erfolgt. Achten Sie darauf, dass rechtsstaatliche Verfahren, wie zum Beispiel Anhörung und Begründung, eingehalten werden. Bei drohender Veröffentlichung der Ergebnisse einer Kontrolle sollten Sie umgehend aktiv werden. Lassen Sie sich im Zweifel von einem Rechtbeistand beraten.
Sonderfall: Private Veröffentlichungsplattformen
Worum geht es?
Neben staatlichen Veröffentlichung von Lebensmittelkontrollergebnissen, gibt es private Plattformen, auf denen Verbraucher Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen abrufen können. Ein Beispiel ist die Online-Plattform „Topf Secret“ von Foodwatch, wo Privatpersonen Auskunft über Betriebe beantragen und Dokumente hochladen können.
Achtung:
Keine zeitliche Begrenzung - Auch längst behobene Mängel bleiben dauerhaft sichtbar. Das Schwärzen von etwaigen sensiblen personenbezogenen Daten geschieht dabei eigenverantwortlich.
Keine zeitliche Begrenzung - Auch längst behobene Mängel bleiben dauerhaft sichtbar. Das Schwärzen von etwaigen sensiblen personenbezogenen Daten geschieht dabei eigenverantwortlich.
Was können Sie tun?
Widerspruch einlegen:
Wenn ein Verbraucher über eine private Veröffentlichungsplattform einen Antrag auf Auskunft über Beanstandungen bei den letzten beiden lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen stellt, informiert die Behörde den betroffenen Betrieb über das Auskunftsbegehren. In diesem Fall erhalten Sie ein Anhörungsschreiben. Nutzen Sie die gesetzte Frist, um gegen die Herausgabe der Kontrollberichte Einspruch zu erheben.
Identität prüfen:
Fragen Sie nach Namen und Adresse des Antragstellers, um missbräuchlichen Gebrauch der Rechtsschutzinteressen vorzubeugen. Es gibt Anhaltspunkte, dass Anfragen mit falschen Identitäten (Fake-Accounts) gestellt werden. Nur real existierenden Verbrauchern (natürlichen oder juristischen Personen) muss Auskunft erteilt werden.
Eilrechtsschutzantrag:
Bevor die Behörde die Kontrollberichte an den antragstellenden Verbraucher herausgibt, wird der Betrieb davon in Kenntnis gesetzt und erhält die Möglichkeit, diese Entscheidung innerhalb einer kurzen Frist im Rahmen des Eilrechtsschutzes gerichtlich überprüfen zu lassen. Sie können die Möglichkeit zur Einlegung von Rechtsbehelfen nutzen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollten Sie einen Rechtsbeistand aus dem Fachgebiet Lebensmittelrecht kontaktieren. Erfolgsaussichten sind nach derzeitigem Stand jedoch schwer abzusehen.
Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen
- Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
- BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – Rn. (1-65)
- EU-Verordnung (EG) Nr. 852/2004 (”Basis-Hygieneverordnung”)
- EU-Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (EU-Basis-Verordnung)
- § 43 Infektionsschutzgesetz (IfSG)
- Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV)
- Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG)
- Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
Quellen
Autor: Thomas Zydeck
Sachverständiger für Betriebs- und Anlagenhygiene
Hauptstraße 148 A | 56566 Neuwied
Mail: Info@HTZ-Zydeck.de
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Redaktion: Anne-Kathrin Tögel
DIHK - Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V.
Breite Straße 29 | 10178 Berlin
Mail: toegel.anne-kathrin@dihk.de
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Stand: April 2019
Hinweis
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