Scheinselbstständigkeit / Arbeitnehmerähnliche Selbstständige
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Wenn Gewerbetreibende ihre Tätigkeit aufnehmen, sollten sie stets darauf achten, dass sie auch tatsächlich selbstständig tätig sind. Entscheidend für die Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer „Beschäftigung“ i.S.d. § 7 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) sind in erster Linie eine „Tätigkeit nach Weisungen“ und eine „Eingliederung in die Arbeitsorganisation“ des Weisungsgebers. Hierzu können die folgenden Voraussetzungen und Hinweise einen ersten Überblick geben.
Wenn Gewerbetreibende ihre Tätigkeit aufnehmen, sollten sie stets darauf achten, dass sie auch tatsächlich selbstständig tätig sind. Entscheidend für die Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer „Beschäftigung“ i.S.d. § 7 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) sind in erster Linie eine „Tätigkeit nach Weisungen“ und eine „Eingliederung in die Arbeitsorganisation“ des Weisungsgebers. Hierzu können die folgenden Voraussetzungen und Hinweise einen ersten Überblick geben.
Übergangsregelung für Lehrtätigkeiten: Was Bildungsträger jetzt wissen müssen
Nach dem sogenannten „Herrenberg-Urteil“ des Bundessozialgerichts sorgt eine neue Übergangsregelung (§ 127 SGB IV) für Klarheit im Umgang mit selbstständigen Lehrkräften. Bildungseinrichtungen haben bis Ende 2026 Zeit, ihre Vertragsmodelle anzupassen – unter bestimmten Voraussetzungen können Nachforderungen der Sozialversicherung vermieden werden.
Alles weitere zur Übergangsregelungen finden Sie hier
Nach dem sogenannten „Herrenberg-Urteil“ des Bundessozialgerichts sorgt eine neue Übergangsregelung (§ 127 SGB IV) für Klarheit im Umgang mit selbstständigen Lehrkräften. Bildungseinrichtungen haben bis Ende 2026 Zeit, ihre Vertragsmodelle anzupassen – unter bestimmten Voraussetzungen können Nachforderungen der Sozialversicherung vermieden werden.
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- 1. Welche Personen sind scheinselbstständig?
Von einer Scheinselbstständigkeit ist auszugehen, wenn die Person eine selbstständige Tätigkeit beim zuständigen Finanzamt angemeldet hat, obwohl die Voraussetzungen für eine “Beschäftigung” vorliegen. Die Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.Seit 1999 durfte der Sozialversicherungsträger - sofern die Parteien des zu beurteilenden Beschäftigungsverhältnisses sich weigerten, bei der Klärung der Frage, ob Scheinselbstständigkeit vorliegt, mitzuwirken - eine abhängige und damit versicherungspflichtige Beschäftigung unterstellen, wenn mindestens drei von fünf im Gesetz präzisierten Merkmalen vorlagen.
Zum 01. Januar 2003 ist diese bisherige Vermutungsregelung nach § 7 Abs. 4 SGB IV weggefallen. Der § 7 Abs. 4 SGB IV besagte seit dem nur noch, dass für Personen, die einen Existenzgründungszuschuss nach § 421 Abs. 1 SGB III beantragt haben ("Ich-AG"), während ihrer (maximal dreijährigen) Förderung widerlegbar deren Selbstständigkeit vermutet wird. Zum 01. Juli 2009 ist dieser Absatz komplett weggefallen.
Nach wie vor müssen die Tatsachen auf der Basis von § 7 Abs. 1 SGB IV - in der Regel unter Mitwirkung von Auftraggeberinnen und Auftraggeber und Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer – ermittelt werden. Entscheidend ist eine Prüfung im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Einzelfalles.Die Clearingstelle “ist die Entscheidungsstelle bei der Deutschen Rentenversicherung Bund für die Frage, ob jemand als abhängig Beschäftigter oder als Selbstständiger einzustufen ist. Auf Antrag der Betroffenen (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Auftraggeber, Auftragnehmer) stellt sie den Status, also die Arbeitnehmereigenschaft oder die Selbstständigkeit, fest. Die Entscheidung ist rechtsverbindlich.”
- 1.1 Wegfall des Merkmalkataloges des alten § 7 Abs. 4 SGB IV
Die folgenden Merkmale der ehemaligen Vermutungsregelung können weiterhin Indiz für eine Scheinselbstständigkeit sein, sie begründen diese jedoch nicht allein.Ausschlaggebend ist immer eine genaue Betrachtung des Einzelfalles und der Umstände:
- Anhaltspunkte für eine nichtselbständige Arbeit sind in erster Linie eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
- Die Person beschäftigt im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit keinen versicherungspflichtige/-n Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer.
- Sie ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für eine Auftraggeberin bzw. einen Auftraggeber tätig.
- Die Auftraggeberin bzw. der Auftraggeber (oder ein/e vergleichbare/r Dritte/r) lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihr bzw. ihm Beschäftigte verrichten.
- Die Tätigkeit lässt typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen.
- Die Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die sie für dieselbe bzw. denselben Auftraggeberin bzw. Auftraggeber zuvor auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hatte.
- 1.2 Bedeutung amtlicher Eintragungen
Benötigt die Auftraggeberin bzw. der Auftragnehmer für ihre bzw. seine Unternehmung bzw. selbstständige Tätigkeit eine besondere amtliche Genehmigung oder Zulassung, kann dies die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit auch dann stützen, wenn sie bzw. er nur für eine bzw. einen Auftraggeberin bzw. Auftraggeber arbeitet und in seinem Unternehmen keine Mitarbeitenden beschäftigt. Auch die Eintragung in die Handwerksrolle stützt die Annahme einer selbständigen Tätigkeit.Dagegen soll die Gewerbeanmeldung bzw. die Eintragung in das Handelsregister für sich allein nicht ausreichen.
- 1.3 Bedeutung vertraglicher Vereinbarungen
Für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und einer Beschäftigung sind in erster Linie die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung von Bedeutung, nicht aber die Bezeichnung, die die Parteien ihrem Rechtsverhältnis gegeben haben oder gar die von ihnen gewünschte Rechtsfolge.Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichem Geschäftsinhalt, der sich wiederum aus der tatsächlichen Durchführung des Vertrages und aus den getroffenen Vereinbarungen ergibt. Es ist also unerheblich, ob die Parteien den Vertrag als „Arbeits-“, „Dienst-" oder "Werkvertrag“ bezeichnen.
- 2. Was kann die Unternehmerin bzw. der Unternehmer tun?
Ergibt sich bei einem Auftragsverhältnis eine offensichtliche Scheinselbstständigkeit, bleibt es dem vermeintlichen Auftraggeber (d.h., dem Weisungsgebenden) nur übrig, den Scheinselbstständigen bei der Krankenkasse anzumelden.
Bei Zweifeln über die Frage der Scheinselbstständigkeit können die Beteiligten ein Statusfeststellungsverfahren ("Feststellung des Erwerbsstatus" gem. § 7a SGB IV) bei der DRV Bund beantragen und durchführen. Hierfür ist schriftlich ein Antrag auf Feststellung einer etwaigen Beschäftigung einzureichen. Die DRV Bund teilt daraufhin den Beteiligten mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb derer die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen sind. Nach Abschluss der Prüfung teilt die DRV den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, zeichnet die Tatsachen auf, auf die sie ihre Entscheidung stützen will und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern.Die “Clearingstelle” der Deutschen Rentenversicherung (ehemals bfA) ist zuständig für das Antragsverfahren, durch das die Beteiligten eine Klärung der Statusfrage erreichen können.
Ist eine Entscheidung der DRV oder der Krankenkassen ergangen, so kann hiergegen Widerspruch und Klage eingelegt werden. Diese haben aufschiebende Wirkung, das heißt bis zur Entscheidung über den Widerspruch bzw. die Klage können keine Beitragsforderungen erhoben werden. - 3. Eintritt der Versicherungspflicht
Wird von der DRV Bund eine “nichtselbständige Arbeit” festgestellt, ohne dass die Beteiligten die Überprüfung des Status veranlasst haben, setzt die Sozialversicherungspflicht in der Regel mit der Aufnahme der Tätigkeit ein.Wird ein Antragsverfahren durchgeführt, tritt die Versicherungspflicht unter den Voraussetzungen (gem. § 7a Abs. 5 S. 1 SGB IV) erst mit der Unanfechtbarkeit der Entscheidung (i.S.d. § 31 SGB X) ein, wenn:
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“… der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt (wird) …""… wenn der Beschäftigte1. zustimmt und2. er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht."
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- 4. Konsequenzen von Scheinselbstständigkeit
Auf die Scheinselbstständigkeit können sozialversicherungsrechtliche, arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Konsequenzen folgen, die in den nächsten Abschnitten ausgeführt werden.
- 4.1 Sozialversicherungsrechtliche Folgen
Die bzw. der bisherige Auftraggeberin bzw. Auftraggeber hat nun als Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber die üblichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung an die gesetzlichen Krankenkassen abzuführen und die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer als solche bzw. solchen anzumelden.Die Kranken- und Pflegeversicherungspflicht richtet sich nach der jeweiligen Versicherungssituation (unter anderem Höhe des Einkommens, aktuelle Beitragsbemessungsgrenze). Darüber hinaus muss sie bzw. er grundsätzlich rückwirkend bis zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses alle Sozialversicherungsbeiträge (also auch den Arbeitnehmeranteil) nachzahlen. Diese Nachentrichtungsansprüche verjähren erst in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind, bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen sogar erst nach Ablauf von 30 Jahren. Dagegen darf die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber von der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer nur drei Monate lang einen Teil des Gehaltes einbehalten. Abweichende Regressregelungen zwischen den Parteien sind unwirksam.
- 4.2 Arbeitsrechtliche Folgen
Die bzw. der Scheinselbstständige kann ihren bzw. seinen Arbeitnehmerstatus ggf. einklagen. Stellt das Arbeitsgericht den Arbeitnehmerstatus fest, so ist die bzw. der vermeintlich Selbstständige nun Angestellte bzw. Angestellter mit Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall.
- 4.3 Steuerrechtliche Folgen
Die Veränderung der Verhältnisse kann auch steuerliche Konsequenzen haben.
Zwar ist “Schuldner” der Lohnsteuer die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber haftet indessen dafür, dass die Lohnsteuer einbehalten und abgeführt wird, selbst wenn die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber davon ausgeht, mit einem vermeintlich Selbstständigen zusammenzuarbeiten, die bzw. der aber tatsächlich Beschäftigte bzw. Beschäftigter ist. Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber und die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer haften für die Nachzahlungen als Gesamtschuldner, sie können also beide zur Zahlung der Außenstände in voller Höhe aufgefordert werden. Die alleinige Inanspruchnahme der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers ist allerdings ermessensfehlerfrei, wenn diese bzw. dieser den Steuerabzug bewusst oder leichtfertig versäumt hat (BFH, Urteil vom 12. 2. 2009 - VI R 40/07). Dabei können auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen, wenn die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer nicht über finanzielle Mittel verfügt. Um das Haftungsrisiko der Auftraggeberin bzw. des Auftraggebers von vorneherein zu mindern, besteht die Möglichkeit, Arbeitnehmereigenschaft bestimmter Personen und damit auch deren Lohnsteuerpflichtigkeit beim Betriebsstättenfinanzamt verbindlich zu klären (Anrufungsauskunft). Selbst wenn die Auskunft objektiv unrichtig war, wird die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber von seiner Haftung freigestellt, wenn sie bzw. er sich an die Auskunft gehalten hat. Eine ablehnende Anrufungsauskunft entfaltet auch Indizwirkung für eine sozialversicherungsrechtliche Selbstständigkeit im Rahmen der Gesamtabwägung.Scheinselbstständige müssen beachten, dass sie als Beschäftigte den lohn-/ einkommensteuerrechtlichen Regelungen unterliegen und durch diese Tätigkeit fortan keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb mehr erzielen.Ob jemand eine Tätigkeit selbstständig ausübt, ist für das Steuerrecht gesondert und vom Sozialrecht unabhängig zu bestimmen. Natürliche Personen sind nicht selbstständig, soweit diese derart in ein Unternehmen eingegliedert sind, dass sie weisungsgebunden sind. Bei juristischen Personen fehlt es an der Selbstständigkeit, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich oder organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert und somit Organgesellschaften sind. Jedoch schuldet derjenige, der in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er dazu nicht berechtigt ist, den ausgewiesenen Betrag. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Rechnung für ungültig zu erklären und sie zu berichtigen, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Da der Arbeitgeber im Regelfall einen Vorsteuerabzug durchgeführt hat, liegt grundsätzlich eine Gefährdung des Steueraufkommens vor. Diese kann dadurch beseitigt werden, dass der Arbeitgeber im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung zur Rückzahlung der Vorsteuer aufgefordert wird oder er freiwillig eine Berichtigung des unzutreffenden Ausweises der Vorsteuer in den Rechnungen vornimmt.Sofern die Steuerfestsetzung nicht in einer bestimmten Festsetzungsfrist erfolgt, liegt Festsetzungsverjährung vor. Diese Frist beträgt grundsätzlich vier Jahre seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist; im Fall von Steuerhinterziehung oder leichtfertiger Steuerverkürzung beträgt die Festsetzungsfrist zehn bzw. fünf Jahre. Die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen einer besonderen Zahlungsverjährung und verjähren in fünf Jahren. - 4.4 Gewerberechtliche Folgen
Spätestens mit Feststellung der "Beschäftigung" (s.o.) endet auch die unternehmerische Tätigkeit für das betriebene Gewerbe.Dies heißt, das Gewerbe muss abgemeldet werden. Für weitere Informationen hierzu melden Sie sich bitte bei der zuständigen Stelle. In Berlin ist dies das Ordnungsamt des Bezirks, in dem sich der Betriebssitz Ihres Unternehmens befindet.Auch die gesetzliche Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer und die gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft enden zu diesem Zeitpunkt.
- 4.5 Strafrechtliche Folgen
Darüber hinaus ist auch mit strafrechtlichen Folgen zu rechnen.
Eine Arbeitgeberin bzw. ein Arbeitgeber macht sich wegen Beitragsvorenthaltung strafbar, wenn sie bzw. er Beiträge der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers nicht abführt. Dies können Beiträge zur Kranken-, Renten- und Sozialversicherung sein. Da es an einem eigenständigen strafrechtlichen Arbeitgeberbegriff fehlt, wird im Strafrecht auf den sozialrechtlichen Arbeitgeberbegriff zurückgegriffen."Ob eine Person Arbeitgeber ist, richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht (BGH, Beschluss vom 24. September 2019 - 1 StR 346/18, juris Rn. 24). Das Sozialrecht wiederum stellt für die Beurteilung einer Arbeitgeberstellung auf das zivile Dienstvertragsrecht gem. §§ 611 ff. BGB ab. Demnach ist Arbeitgeber derjenige, der als Dienstberechtigter auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags von einem anderen (Arbeitnehmer) die Erbringung von Arbeitsleistungen in persönlicher Abhängigkeit zu fordern berechtigt und ihm dafür zur Lohnzahlung verpflichtet ist. Die persönliche Abhängigkeit drückt sich dabei vor allem durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers und dessen umfassendes Weisungsrecht aus. Ob ein solches Beschäftigungsverhältnis besteht, bestimmt sich nach den tatsächlich gelebten Gegebenheiten, die in eine Gesamtbetrachtung einzustellen sind (BGH, aaO, juris Rn. 24; BGH, Beschluss vom 23. März 2022 - 1 StR 511/21, juris Rn. 15; Beschluss vom 16. Januar 2019 - 5 StR 249/18, juris Rn. 26, SSW-StGB/Saliger, 6. Aufl. (2024), § 266a Rn. 8 jeweils m.w.N.)."
(LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 28. März 2024 – 12 KLs 504 Js 1820/21)“Arbeitgeber” ist also diejenige bzw. derjenige, die bzw. der als Dienstberechtigter auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags von einem anderen (Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer) die Erbringung von Arbeitsleistungen in persönlicher Abhängigkeit zu fordern berechtigt und ihr bzw. ihm dafür zur Lohnzahlung verpflichtet ist. Maßgebliches Kriterium ist die persönliche Abhängigkeit. Diese erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse, nicht die vertragliche Ausgestaltung. Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber kann also auch diejenige bzw. derjenige sein, die bzw. der Scheinselbstständige beauftragt. Nimmt “der Arbeitgeber” irrtümlich an, ein Beschäftigungsverhältnis läge nicht vor, obwohl es sich tatsächlich um Scheinselbstständigkeit handelt, kann insoweit der Vorsatz entfallen. Dagegen wird man von (bedingtem) Vorsatz ausgehen müssen, wenn sich der Scheinselbstständige vertraglich verpflichtet, im Innenverhältnis die Arbeitnehmerbeiträge zu übernehmen, falls eine Überprüfung ihn als solchen qualifiziert.
Sofern entsprechende Steuern nicht oder nicht in voller Höhe gezahlt worden sind, kommt daneben auch die leichtfertige Steuerverkürzung (Ordnungswidrigkeit) in Betracht. Sollte die Scheinselbstständigkeit vorsätzlich konstruiert worden sein, liegt sogar eine Steuerhinterziehung (Straftat) vor. In beiden Fällen besteht allerdings die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige (vgl. §§ 371 Abs. 1 und 378 Abs. 3 AO). Die Abgabe einer Selbstanzeige scheitert bei Scheinselbstständigen allerdings häufig daran, dass mit einer richterlichen Anordnung zur Durchsuchung der Räumlichkeiten der bzw. des angeschuldigten Arbeitgeberin bzw. Arbeitgebers die Einleitung eines Strafverfahrens ihr bzw. ihm gegenüber bekannt gegeben ist und damit eine Sperrwirkung eintritt, die einer Straffreiheit entgegensteht. Nachrangig kommt auch die Gefährdung von Abzugssteuern in Betracht. Danach handelt die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber ordnungswidrig, wenn sie bzw. er vorsätzlich oder leichtfertig einer Verpflichtung zum Einbehalt und zur Abführung der Lohnsteuer nicht nachkommt. - 5. Arbeitnehmerähnliche Selbstständige
“Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI unterliegen selbständig tätige Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind, der Rentenversicherungspflicht (sog. Selbständige mit nur einem Auftraggeber).” (DRV Bund)Damit werden “Selbständige mit nur einem Auftraggeber” grundsätzlich rentenversicherungspflichtig. Sie haben ihre Beiträge in vollem Umfang selbst zu zahlen und sich sofort beim zuständigen Rentenversicherungsträger (DRV Bund) anzumelden.
In folgenden Fällen (gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 SGB VI) können Sie sich auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen:- Erstmalige Existenzgründerin bzw. Existenzgründer:
- “für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,” (vgl. § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB VI)
- Existenzgründer (im 2. Versuch):
- Befreiungsmöglichkeit für weitere drei Jahre ab Aufnahme der zweiten selbstständigen Tätigkeit (gilt nicht, wenn erste Tätigkeit lediglich umbenannt wird bzw. keine wesentliche Veränderung des Geschäftszwecks erfolgt, vgl. § 6 Abs. 1a Satz 2, 3 SGB VI)
- Vollendung des 58. Lebensjahrs:
- generelle Befreiungsmöglichkeit, wenn die betreffende Person bereits selbstständig ist und die Versicherungspflicht erstmalig aufgrund der Regelungen zum „arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen“ eintritt, vgl. § 6 Abs. 2 SGB VI).
Der Antrag kann jederzeit gestellt werden. Wird er innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht gestellt, so wirkt die Befreiung von Beginn an. Wird der Antrag nach Ablauf von drei Monaten gestellt, so tritt die Befreiung mit Eingang des Antrages ein, vgl. § 6 Abs. 4 S. 1 SGB VI.
Sonderfall Handelsvertreterin bzw. Handelsvertreter: Mit dem Wegfall der Vermutungskriterien ist auch die Ausnahmeregelung für Handelsvertreter hinfällig geworden. Entscheidend für die Frage ihrer Selbstständigkeit ist damit, ob sie ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und über ihre Arbeitszeit bestimmen können (§ 84 Abs. 1 S. 2 Handelsgesetzbuch). Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, können auch Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter scheinselbstständig sein. Indizien dafür sind beispielsweise Umsatzvorgaben, eng angelegte Kontrollen der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers, Pflichtanwesenheit, vorgegebene Pflichttermine bei Kunden, Tourenpläne, Urlaubsabstimmung mit der Auftraggeberin bzw. dem Auftraggeber sowie das Verbot, Angestellte einzustellen.Adresse der Deutschen Rentenversicherung Bund:Deutsche Rentenversicherung Bund
Ruhrstraße 2, 10709 BerlinStartseite DRV Bund: http://www.deutsche-rentenversicherung-bund.de. - Erstmalige Existenzgründerin bzw. Existenzgründer:
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